Notizen und Anmerkungen von unterwegs

Konrad Kujau – ein Original als Fälscher

Welches dieser beiden Bilder ist das Original? Und welches ist die Fälschung? Ist nun das linke oder das rechte Bild von Pablo Picasso?

Gut, der Kunstliebhaber und Sammler erkennt schon die Unterschiede. Als Beispiel: In dem rechten Bild ist erkennbar mehr Spannung drin, in der Aufwärtsbewegung des Stieres, beim Torero. Der Schweif des linken Stieres ist ziemlich verunglückt. Nun ja, daran erkennt das Expertenauge: Rechts, das ist der echte Picasso.

Wobei man sagen muss, die linke Fälschung ist schon sehr gut. Sie stammt von einem Mann, der eine große deutsche Wochenillustrierte – und mit ihr gleich eine ganze Nation – über Wochen zum Narren gehalten hat. Konrad Kujau heißt der Fälscher.

Kujau war kein Kopist, sondern hat sich immer als Fälscher bezeichnet. Darauf legte er Wert: Keine Kopien zu malen, sondern Falsifikationen. Denn meist malte er im Stil eines Malers, aber er malte keine Bilder ab. Hier hat er eine Ausnahme gemacht.

Aber dieser Konrad Kujau war schon Spitze. Wie er bei der Fälschung den Bodenschatten gemalt hat, das gefällt mir besser als im Original, auch die Beine des Toreros. Man sieht, kein Zweifel, nicht nur malerisch war Konrad Kujau ein Schlitzohr. Kujau signierte deutlich mit der Unterschrift des Maestro und in die rechte untere Ecke plazierte er – kaum lesbar – sein Signet Kujau.

In seiner 50qm-Kellergalerie in Stuttgart wimmelte es von van Goghs, Toulouse-Lautrecs und Cesannes. Hier, im länglichen Souterrain der Schreiberstrasse 22, hingen neben den Gemälden und Skizzen auch allerlei Handschriften und Notenblätter. Befehle vom alten Fritz oder Partituren von, drunter tut Kujau es nicht, vom Wunderkind Wolfgang Amadeus Mozart. Das vergilbte Papier hübsch eingerahmt.

Ich besuchte Anfang der 90er Jahre die Galerie zwei- oder dreimal und fand den Meisterfälscher als kauzigen Spaßvogel mit fleißiger und kundiger Fälscherhand. Ich brauche heute nachmittag noch etwas Geld für’s Einkaufen beim Aldi, meinte er damals verschmitzt zu mir, da male ich noch schnell einen Matisse.

Am meisten lag ihm Pablo Picasso. Ein Normalmensch würde einen Kujau-Picasso für einen echten Picasso halten. So wie hochdekorierte Schriftexperten die Handschrift Kujaus für die Hitlers gehalten haben. Und nun ist Konrad Kujau selbst ein Star, der, als kuriose Fussnote, nun selbst kopiert wird. Fälschungen werden gefälscht.

Aber Kujau bleibt eine amüsante Fussnote im Kunstbetrieb. Als penibler Hitler-Fälscher wanderte er durch die Gazetten. Der Fälscher, so windig sein Metier auch sein mag, hat die Lacher auf seiner Seite. Über die Jahre wurde Konrad Kujau salonfähig. Aus einem falschen Picasso wird nun ein echter Kujau.

Loading

Zurück

Henry Kissinger am Büdchen

Nächster Beitrag

Der junge alte Tom Jones

  1. erika ranft

    Hatte mit Kujau ein Interview und habe als er noch lebte seine Gemäldegalerie in der Schreiberstraße Stuttgart fotografiert. Keines der dort vorhandenen Bilder
    ist auf den Fotos der angebotenen „Kujaus“ zu sehen. Alles Schwindel! Kujau war ein genialer Maler.

  2. René Neumann

    Wochen und Monate hat Kujau den stern komplett veralbert mit irgendwelchen Märchengeschichten. Das war wunderbar zu sehen, wie auch die Presse auf solche Aufschneidereien reinfällt. Schlenker zu heute. Causa Wulff, wer kann denn da noch den ersten Stein werfen?

  3. Esslinger

    Kujau ist Kult!!!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Präsentiert von WordPress & Theme erstellt von Anders Norén

Neuerscheinung:
364 Seiten, BoD
12,99 € (Paperback),
8,99 € (E-Book)
ISBN: 9783751972567
zu beziehen über jede Buchhandlung
oder online bei
amazon (hier klicken)