Als Passagier des französischen Atlantikdampfers Orita trifft Ernest Hemingway im April 1928 zum ersten Mal in Havanna ein. Als Transitreisender ist er auf dem Weg von La Rochelle zu seinem Haus in Key West.

Es sind jene Jahre, als auf der Zuckerinsel der General Machado das Sagen hat. Der General ist in die Annalen der Geschichte nicht nur deshalb eingegangen, weil er von Zeit zu Zeit einige seiner Landsleute durchlöchern lässt, sondern weil er einmal die Jury des Gesellschaftstanzwettbewerbs im Teatro Nacional anweist, sie möge doch bitte Henry F. Guggenheim mit der Goldmedaille als besten Tänzer auszeichnen. Im Hauptberuf ist Henry F. Guggenheim Botschafter der USA in Kuba.

Doch dieser Tanz auf dem Vulkan interessiert Mister Hemingway damals nicht die Bohne. Ein Hinweis auf Kuba findet sich erst in einem Artikel für die Zeitschrift Esquire im Herbst 1933, in dem Hemingway in hohen Tönen vom Marlin-Angeln vor Kubas Küste schwärmt.

Das Havanna von damals war ein Hort des Lasters, ein Sündenbabel unter Palmen, in dem Korruption und Laster aller Art zur Folklore gehörten. Es wurde gesoffen, gehurt und geschoben, was das Zeug hielt. Das vorrevolutionäre Havanna war voll in der Hand der Mafia und die Halb- und Unterwelt hatte hier ihr sonniges Paradies gefunden.

Aus Paris und Spanien zurück, mietet sich Hemingway zunächst in dem hübschen Eckhotel Ambos Mundos nahe der Barockkathedrale ein. Seinem alten Kumpel John Dos Passos, den er trotz aller Streitigkeiten vermisst und nach Havanna einlädt, schreibt er einem Brief: In diesem Hotel kann man ein gutes, sauberes Zimmer mit Bad bekommen, mit Ausblick auf Hafen und Kathedrale. Man kann die ganze Hafeneinfahrt und das Meer für 2 Dollar überblicken – 2, 50 Dollar für zwei Personen. Ambos Mundos. Schreib Dir den Namen auf.

In dem Hotel der zwei Welten bringt Hemingway sein Bürgerkriegsmelodram For whom the bell tolls, zu Deutsch, Wem die Stunde schlägt zu Ende. Dies ist eine dramatische Liebesgeschichte, die vielleicht etwas zu holzschnitzartig erklären will, warum da unten in Iberien Spanier auf Spanier schießen.

Der Direktor des Ambos Mundos hat Hemingway immer dasselbe Zimmer reserviert, die nordöstliche Habitación ohne Nummer im Obergeschoss. Seinem Biographen George Plimpton diktiert der Neu-Kubaner ins Notizbuch: Das Hotel Ambos Mundos war ein guter Platz zum Schreiben.

Das Zimmer ohne Nummer, Obergeschoss, nordöstliche Ecke, bleibt verschlossen und wird nicht vermietet. Wenig Sonnenlicht fällt durch die drei verriegelten Fenster in den Raum. Es riecht nach Moder und Mottenspray, ganz und gar nicht nach Hemingway. In dem Zimmer stehen ein bezogenes Doppelbett, zwei Nachtkommoden und ein robuster Schreibtisch aus furnierter Eiche. Darauf liegt eine alte Ausgabe des El Quijote. “Daran hat er zuletzt gelesen“, verkündete der Hotelmanager mit ehrfürchtiger Stimme.

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