Notizen und Anmerkungen von unterwegs

Milton Friedman denkt vor – in Stanford

Hoover Tower, Stanford University; Photo by W. Stock

Wem das Privileg zuteil wird, längere Zeit beim ECON Verlag als Cheflektor für Wirtschaftsbücher arbeiten zu dürfen, der lernt viele Größen der Wirtschaftswissenschaften kennen. Es war eine schöne Zeit in Düsseldorf, mit vielen beeindruckenden Begegnungen. Aber, wer ist denn in diesen Jahren mein wichtigster Autor gewesen, wer der brillanteste Denker?

Nicht jener, der am lautesten brüllen konnte oder der am häufigsten in den Klatschspalten der Zeitungen auftauchte. Nein, nein, ich meine den wirklich wichtigsten Autor. Jenen, der unser Zeitalter nachhaltig geprägt hat. Einen, der Politik und Wirtschaft verändert hat, der neue Ideen und Visionen vorangetrieben hat. Einer mit ganz großen Fußspuren.

Da muss ich nicht lange überlegen. Mein wichtigster Autor war Milton Friedman. Mit ihm habe ich 1992 das Buch Geld regiert die Welt gemacht, das im Original Money Mischief hieß und im gleichen Jahr bei Harcourt Brace Jovanovich in New York erschien.

In dem Werk geht es um die Anfänge des Geldverkehrs. Geld, das war das zentrale Thema von Friedman. The social responsibility of business is to increase its profits. Nicht nur wegen solch marktradikaler Aussagen war Milton Friedman hierzulande nie gut gelitten. Sein Denken blieb im sozialdemokratisierten Deutschland, wenn man so sagen darf, ökonomisch unkorrekt.

Nach seiner Emeritierung in Chicago ging Milton Friedman an die Stanford University. An der Hoover Institution, der nach dem ehemaligen amerikanischen Präsidenten Herbert Hoover benannten Forschungsanstalt, genoß er seinen akademischen Herbst.

Die Hoover Institution befindet sich auf dem Campus der Stanford University, in einem hohen hellen Turm. Mit dem Fahrstuhl fährt man hinauf in sein Büro, wo sich zwei reizende Sekretärinnen und wissenschaftliche Mitarbeiter um den Nobelpreisträger kümmern. Wenn man will, fährt man mit dem Aufzug dann weiter hinauf zur Aussichtsplattform, die einen Ausblick bis hinüber nach Menlo Park und Palo Alto gestattet. Fast dreißig Jahre, von 1977 bis 2006, seinem Todesjahr, forschte und lehrte Friedman an Stanford.

Gewohnt hat er und seine Frau Rose im nahen San Francisco, in einem Appartement. Stanford war für Milton Friedman ein später Glücksfall. Hier habe er alle Freiheiten, meinte er, hier könne er tun und lassen, was er wolle. Das zeichnet Stanford aus, Kreativität, das freie Denken und diese Innovationskraft. Milton Friedman passte wunderbar in dieses kalifornische Idyll.

Nachdem sein Buch in Deutschland herauskam, erhielt ich von ihm einen freundlichen Brief. Er bedauere, kein Deutsch zu verstehen und zu sprechen. Aber er sei überzeugt, dass Übersetzerin, Lektor und ich eine gute Arbeit bei der deutschen Ausgaben geleistet hätten.

An der Stanford University war Friedman, ein bescheidener älterer Herr, nicht groß was besonderes. Als ich Stanford 2005 besuchte, lehrten dort 14 Nobelpreisträger und auf dem weitläufigen Campus herrschte unter diesem heiteren kalifornischen Himmel ein kraftvoller Geist von Intellekt und Aufbruch.

Trotz seiner Bescheidenheit hatte kein Volkswirt mehr Einfluß auf die Zeitläufe des späten 20. Jahrhunderts als er. Und, man mag es beklagen, keiner ist Milton Friedman im neuen Jahrhundert nachgefolgt. Vielleicht weil es heute keinen gibt, der so klar, so gradlinig und so konsequent vordenken kann wie er.

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  1. Gerhard Weinheim

    Tatsache ist: Die meisten Staaten leben über ihre Verhältnisse. USA, Italien, auch Deutscland. Schuldenaufnahme zu konsumtiven Zwecken, das wird nicht gut gehen. Das hat Friedman schon in den 70ern erkannt. Er war ein grossartiger Ökonom.

  2. apple

    Wenn Sie die sich immer weiter öffnende Schere zwischen Arm und Reich beklagen, so hat diese wahrscheinlich mehr mit der Bildungspolitik zu tun, was auch die Bildungsunwilligkeit der Schüler und deren Bedingungen zum Ausdruck bringt. Waren Sie schon mal Lehrer an einer deutschen Hauptschule oder kennen einen? Dann lassen Sie sich doch mal erzählen, wie „begierig“ die Schüler die ihnen gebotenen Chancen nutzen – nämlich überhaupt nicht. Im Gegenteil, sie verhindern geradezu, dass Lehrer/innen ihrem Auftrag nachkommen können.
    Dass nicht oder wenig ausgebildete junge Erwachsene kaum Chancen haben – deren es so viele gibt, dass die Regierung nicht nur IT-Spezialisten, sondern auch Facharbeiter „importieren“ will – halte ich für eine Mär. Wer es will, kann angesichts eines durchlässigen Schulsystems, nach qualifiziertem Abschluss der Hauptschule, auch Abitur machen und danach studieren. Es muss ja nicht Stanford sein. Man muss es nur wollen. Es kann doch nicht sein, dass sich Hauptschulabgänger nicht um einen Ausbildungsplatz bemühen, sondern sich stante pede arbeitslos melden und dann eine Karriere zum „Hartzer“ hinlegen. Davon gibt es schon mehr als genug.

    Was die Schere weiter werden lässt, ist teilweise das enorme Vermögen der „superreichen“ 10 % und deren Einkommen durch die Schulden derer, die auf Kredit leben (auch wenn sie es kaum anders können). Zum anderen Teil ist es die Tatsache, dass es zu wenige junge Erwachsene gibt, die ihre Chance suchen und hart dafür arbeiten.

  3. apple

    Nur eine Gegenfrage: Und wie schätzen Sie das Wirken der beiden Präsidenten Bush ein? Wenn Reagan schon ein Irrlicht war, was war dann G. W. während seiner Amtszeit?

  4. Hendryk

    Friedmann war für die Volkswirtschaftslehre das, was Reagan für die Politik war. Ein Irrlicht, ein falscher Wegweiser, eine Sackgasse. Wenn Sie ihm das Hohelied singen, nun ja, Klitterung und Volksverdummung. Ein Stern.

  5. Sielmann

    Friedman war Monetarist. Wohin der Tanz um das goldnene Kalb geführt hat, sehen wir heute. Die Armen werden ärmer, die Reichen reicher. Die soziale Schere klafft immer weiter auseinander. Dazu hätten Sie was schreiben sollen, nicht wo Friedman wohnt und lehrt. Ihr Artikel ist unkritisch und bringt deshalb nix.

  6. apple

    Tatsächlich hat dieser Artikel nichts mit den gegenwärtigen Problemen in den USA zu tun.

    von Hayek und Friedman vertraten eine andere Fiskalpolitik als Keynes. Sie waren der Meinung, dass freie Märkte eine freie Gesellschaft fördern. Die von Keynes beeinflussten Entscheidungen F. D. Roosevelts pro staatlicher Regelungen (im Übermaß) konnten die Große Depression nicht verhindern.

    Dass die USA derzeit, und wahrscheinlich noch lange Zeit, wirtschaftlich nicht gut dastehen, daran trägt Friedman aber keinerlei Schuld. Es sind andere.

    Aber darum geht es in diesem Beitrag auch nicht. Jedenfalls habe ich davon nichts bemerkt. Werde aber gleich noch einmal genauer nachlesen. Vielleicht stand ja auch etwas „zwischen den Zeilen“? 😉

  7. PegasusXL

    ein blauer Himmel. So blauäugig wie der Inhalt. Das ist Elite-Sicht und hat mit der Wirklichkeit in USA und sonstwo nichts mehr zu tun.

  8. apple

    Oh ja, jetzt weiß ich endlich, wo der Elfenbeinturm der Wirtschaftswissenschaften steht und wie er aussieht! ;-))

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