Diesem hochgewachsenen und bulligen Musiker bin ich einige Male begegnet. Und auf der Bühne durfte ich ihn des öfteren sehen und hören, in London, in Lima oder in Den Haag. Die Rede ist von dem kubanischen Pianisten Dionisio de Jesús Valdés, den alle Welt Chucho nennt.

Der Mann, ich hänge mich mal weit aus dem Fenster, ist Amerikas bester lebender Jazz-Pianist. Ja, noch vor Dave Brubeck, Keith Jarrett oder auch vor Herbie Hancock.

Diesen Pianisten zeichnet ein überaus kraftvoller und dynamischer Anschlag aus. Gleichwohl hat sein Spiel etwas sehr poetisches und Chucho liebt die emotionale Phrasierung. Da vermag jemand den musikalischen Romantizismus in allen Nuancen auszudrücken. In der langsamen und leisen Rumba, aber auch in up-tempi mit krachendem Spiel, immer begleitet mit vitalen Latino-Rhythmen der linken Hand.

Das Talent ist ihm in die Wiege gelegt. Chucho Valdés ist der Sohn von Bebo Valdés, einem legendären kubanischen Pianisten aus den 50ern, der nach der Revolution Castros Eiland verlässt und nach Mexiko geht. 1941 wird Chucho in der Nähe von Havanna geboren und heute ist er nicht nur einer der großen Musiker der Insel, sondern eine zentrale Person im Latin Jazz weltweit.

Schon als Jugendlicher hat Chucho in der Band des Tropicana, die damals sein Vater leitete, gespielt. Bekannt wird er in den 80ern als Leiter und Hirn von Irakere, einer der innovativsten Gruppen des lateinamerikanischen Jazz. In den USA wäre der Mann längst ein Weltstar, aber er zog es vor, auf Kuba zu bleiben. Was es zu respektieren gilt.

Auch als Komponist ist der Mann eine Wucht. Seine Misa Negra setzt Maßstäbe und als Arrangeur sitzt Chucho ebenfalls in der ersten Klasse. Man höre einmal in die Live-Einspielung A mi Madre rein. Komposition, Arrangement, Improvisation. All das ist Weltklasse.

Am besten kommt das Spiel Chuchos in einer kleinen Combo rüber, im Trio, und wohl am allerbesten als Solist. Er spielt auf intelligente Art, der jede Effekthascherei fremd ist. Und dass Amerikas bester Klavierspieler ausgerechnet aus dem kommunistischen Kuba kommt, auch dies sei als amüsante Fußnote angemerkt.

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