Die erste Ausgabe des steinroten Heftchens erscheint am 1. September 1917. Der überaus merkwürdige Name der Publikation: Der Ziegelbrenner. Die Zeiten sind schlimm. Der Erste Weltkrieg tobt, mit seinen grausamen Grabenkämpfen, das Kaiserreich liegt in den letzten Zügen. In Deutschland gärt die Vorrevolution.

Verlegt wird die neue Zeitschrift in München 23, das ist Schwabing. Als Herausgeber zeichnet ein gewisser Ret Marut, eine mysteriöse Person, Schauspieler von Profession oder Student, oder was auch immer.

Dieser geheimnisvolle Ret Marut heißt in Wirklichkeit ganz anders und wird zehn Jahre später nochmals einen gänzlich anderen Namen annehmen. Als B. Traven wird er von Mexiko aus zum gefeierten Weltautoren.

Nicht nur der Name des Herausgebers ist eine Finte, auch über die Periodizität und Hintergrund der Publikation wird der Leser gerne im Dunklen gelassen. Das nächste Heft erscheint im Juli. Vielleicht. Vielleicht auch später. So steht es kryptisch und voller Wurstigkeit im Heft.

Ganze 40 Pfennige kostete das erste Heftchen zunächst, später steigt der Preis rasant. Die braunrote Zeitschrift erscheint von September 1917 bis Dezember 1921 in 13 Heften, die Marut als 40 Nummern zählt.

Der Inhalt des Ziegelbrenner liest sich kämpferisch. Die Artikel wettern gegen Krieg, Kapitalismus und Klerus. Gegen den Kaiser, gegen die Bigotterie jener Jahre, die Kriegstreiber, gegen die Sozialdemokraten und gegen die Republikaner. Eigentlich der einsame Kampf einer gegen alle.

Als am 7. November 1918 die bayerische Räterepublik ausgerufen wird, verbreitet Ret Marut die Flugschrift Die Welt-Revolution beginnt. Nach der schnellen Niederschlagung der Räterepublik erscheint Der Ziegelbrenner dann aus der Illegalität. Als fingierter Druckort wird Wien ausgewiesen, in Wirklichkeit jedoch wird in der Eifel bei Köln gedruckt.

Der Ziegelbrenner wird in links-intellektuellen Kreisen gelesen, bleibt aber politisch bedeutungslos. Die Auflage wirkt kümmerlich. Ret Marut schreibt am 9. November 1918: Die Zahl der Abonnenten des Ziegelbrenner ist so groß (oder so klein), daß ein Knabe, der sechs Monate lang die unterste Klasse einer Volksschule besucht, mit dieser Zahl bequem alle Rechen-Operationen vornehmen kann, die er bis dahin gelernt hat.

Die Zeitschrift trägt sich nicht, sondern finanziert sich durch Erspartes. Insbesondere Maruts Lebensgefährtin Irene Mermet, die aus betuchten Hause kommt, trägt das ihre bei. Hintermänner habe ich ebenso wenig wie Vordermänner, sondern ich habe nur einen Mitarbeiter, der mir eine ganze Welt aufwiegt!

Ein kleiner Treppenwitz der Geschichte bleibt zu erwähnen: Weil die Behörden sie irrtümlicherweise als Maurerfachzeitschrift klassifizieren, mogelt sich die Zeitschrift durch die strenge Zensur und erhält das Papier zum Druck zugeteilt.

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