Notizen und Anmerkungen von unterwegs

Die unerhörten Steuer-Erhöher

Schafschere

Photo by W. Stock

Diese Bundestagswahl hat gezeigt, dass die Strategie der Opposition – die Forderung nach Steuererhöhungen für die Reichen – nicht wie gewünscht aufgegangen ist. Zwar haben SPD, Grüne und Linkspartei ihr Postulat von den Wohlhabenden, die doch bitte mehr zahlen sollen, lauthals vorgetragen – aber gefruchtet hat dies nicht. Die Steuer-Erhöher sind unerhört geblieben.

Und in der Sondierung zu einer schwarz-roten Koalition – die mit Sicherheit kommen wird – hat die SPD bereits kleinlaut verbal abgerüstet. Nun hört man von den Sozialdemokraten, höhere Steuern seien kein Selbstzweck Aha.

So mancher Zeitgenosse – und insbesondere ökonomisch nicht gebildete Politiker – glaubt, mit der Steuer funktioniere es so ähnlich wie mit der Verdauung: Je mehr man oben reinstopft, desto mehr komme unten auch wieder raus. Je höher ich die Steuersätze schraube, desto mehr Steuer­auf­kommen erhalte ich. Klingt irgendwie logisch, ist volkswirtschaftlich aber ziemlicher Unsinn.

Die Steuer – als eine Art Preis für die Teilnahme am Gemeinwesen Deutschland – unterliegt zu einem Teil auch der Gesetzmäßigkeit der Preisbildung. Und wenn ich die Preise beispielsweise für den Besuch eines Kinofilms laufend erhöhe, dann werden früher oder später keine Besucher mehr in mein Filmtheater kommen. Irgendwann überdreht sich die Steuerschraube.

Ich kenne Menschen, die einen guten Bruttoverdienst von 4.000 Euro haben und denen netto 1.900 Euro übrig bleiben. Nach Abzug von Miete, Nebenkosten, Versicherungen und Fahrgeld bleiben dann weniger als 1.000 Euro zum Leben, da kann man in München keine großen Sprünge machen. Das ist ein kärgliches Netto-Niveau, wohlgemerkt, für einen brutto gut­ verdienenden Angestellten. Da kann etwas nicht stimmen!

Die arbeitsame Mittelschicht wird von der Steuerlast am meisten gebeutelt. Der Kampf gegen die subjektiv und objektiv zu hohe Steuer wird zum Nationalsport. Ob das Tanken in Österreich, das Rauchen unverzollter Kippen oder die schwarzarbeitende Putzfrau – alles Steuerhinterziehung.

Auch das haben die Bürger im Wahlkampf gemerkt. „Steuer-Erhöhungen für die Reichen“ treffen letztlich doch gerade die Mittelschicht. Die wirklich Reichen erreicht das heimische Finanzamt doch meist gar nicht mehr. Umgekehrt gilt er zu formulieren: Eine gute Steuerpolitik sollte gerade die mittleren Einkommen entlasten.

Eine vernünftige Steuerpoli­tik gilt als das beste Lebenselexier für eine ge­sunde Wirtschaft. Es mag für manche merkwürdig klingen, ist aber wahr: Je höher die Steuersätze, desto weniger wird der Staat einnehmen. Weil sich Konsumenten verweigern, Arbeiter schwarz arbeiten, Unternehmer nichts mehr unternehmen und das Geld in die Schweiz abwandert. Umgekehrt wird ein Schuh daraus: Je niedriger die Steuersätze, desto höher das Steueraufkommen.

Eine zu hohe Steuer – oder gar eine Vermögenssteuer – wirkt demotivatorisch, anti-investo­risch, konjunkturabwürgend und vernichtet zu guter Letzt Arbeitsplätze. Hoffentlich hat die neue Regierung – trotz der Sozialdemokraten in SPD und Union – diese ökonomischen Kausalitäten gut im Blick.

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  1. apple

    „Ich kenne Menschen, die einen guten Bruttoverdienst von 4.000 Euro haben und denen netto 1.900 Euro übrig bleiben.“

    Hier entsteht der falsche Eindruck, als sei die Differenz zwischen Brutto und Netto die Steuerlast. Davon abgesehen: Die höhere Steuer soll ja nicht für Monatsgehälter ab brutto 6.000 € gelten. Ganz im Gegenteil!, bis dahin soll sie sinken! Vernünftig ist eine höhere Steuerlast dort, wo es sich wirklich lohnt: bei a) hohen Einkommen, die aus Kapitalerlösen und b) aus Einkommen resultieren, die (oft selbstbestimmt sind), da Aufsichtsräte ohnehin fast jedes Jahressalär Leitender Angestellter und jede Summe bei Vertragsaufhebung – „goldener Handschlag“ – abnicken.

    Macht es wirklich Sinn, so reich zu sein, dass man sein Vermögen gar nicht mehr vernünftig konsumieren kann? Und das hat nichts mit einer Neiddebatte zu tun. Soll Reichtum (viel Geld) Selbstzweck werden? Geld war doch ursprünglich als Tauschmittel gedacht um den Handel zu erleichtern. Habe ich mal in einem Lehrbuch zur Volkswirtschaft gelesen.

    Selbst unter Kohl lag der Spitzensteuersatz wesentlich höher, die Lasten aus Transferleistungen waren wesentlich niedriger und der deutschen Wirtschaft ging es nicht so schlecht.

    Und selbst Warren Buffett ist NICHT damit einverstanden, dass er nicht mehr Steuern zahlen DARF als seine Sekretärin. Auch in Deutschland gibt es eine ganze Reihe vernünftiger und sehr reicher Menschen, die aus gutem Grund eine „Reichensteuer“ befürworten (Sie wissen genau, wen ich meine).

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