Notizen und Anmerkungen von unterwegs

Schlagwort: Germany

Mein Lieblingshotel: Hyatt Regency Köln

A room with a view: Hyatt Regency Köln; Foto: Hyatt Press Office

Man kommt hinein in das weitläufige Foyer des Hotels, alles in einem dezenten Warmton gehalten, und hört zuerst das Rieseln von Wasser und erblickt dann in der Mitte den hohen Wasserfall, der nach Feng Shui bekanntlich Wohlstand und Reichtum verheißt.

Das Kölner Hyatt Regency ist nicht das neueste, und auch nicht das modernste Hotel auf der Rheinschiene. Aber es ist ein Hotel mit Blick und mit einem spürbaren Wohlfühlfaktor. Überhaupt gilt Hyatt für mich weltweit als der Inbegriff des wohnlichen Luxus.

Ich meine jetzt nicht diesen widerwärtigen Protz-Luxus à la Marbella oder Monte Carlo, wo das schicke Diamanten-Täschlein den Menschen spazieren trägt. Nein, ich denke an richtig guten, soliden Luxus, diesen selbstverständlichen, unprätentiösen amerikanischen Luxus, der das Dasein angenehm und praktisch zu gestalten vermag.

Wenn man auf dem Zimmer eine Grusskarte von Axel Ziegler, dem Hoteldirektor, vorfindet, die einen freundlich begrüsst, dann sind im Hintergrund der Karte die beiden gotischen Türme des Kölner Doms abgebildet. Der Hotelier heißt auch nicht Willkommen in Köln, sondern, man achte auf Nuancen, er begrüßt den Gast in der Domstadt.

Damit kommen wir zum Ausblick. Wenn man ein Zimmer zur Rheinseite erhält, und darauf sollte man bestehen, dann hat man diesen mystischen Kölner Dom vor Augen. Des abends, wenn das Kirchenhaus in zarten Blautönen erleuchtet wird, mag es keinen besseren Blickfang im ganzen Rheinland geben. Diese Kathedrale, erhaben und majestätisch, über dem Rhein, fast schwebend.

Der Dom zu Köln. Man kann Buddhist, Brahmane oder meinetwegen auch Agnostiker sein, man wird trotzdem von dem wuchtigen Bauwerk in den Bann gezogen. Und wenn man dann doch als Katholik zur Welt kommt, und zudem auch noch im Rheinland, dann wird der Kölner Dom so etwas wie der Nukleus mit der Welt da draußen. Er steht da, groß und gewaltig, über Jahrzehnte und Jahrhunderte, und um ihn herum spielt sich das kleine Leben ab.

Und wenn dieses Leben gut oder auch böse ist, er hat ja alles gesehen, wenn Soldaten marschieren und Bomben fallen, wenn der Fluss vor Dreck und Gift stinkt oder Häuser in sich zusammen fallen als seien sie aus Pappmaschee, der Dom trotzt all diesem Übel, und lässt sich nicht beirren. Und sollte eines Tages alle Zuversicht weichen und es auf letzte Fragen keine gescheite Antwort mehr geben, auch dann wird er immer noch dort am Rheinufer stehen. Und wenn man ihn sieht, dann spürt man, welch eine Energie in einem zum Himmel gereckten Steinklotz stecken kann.

Ich kenne Leute, Rheinländer zumeist, die das Schicksal, Gott weiß wohin, in die entlegensten Winkel der Welt verschlagen hat, wilde Burschen, die viel gesehen haben und sich in der Fremde mächtig durchbeißen mussten. Harte Jungs, denen, wenn sie nach Köln kommen und den Dom erblicken, Tränen in die Augen schießen wie bei den kleinen Schulbuben.

Aber ich wollte über das Hotel und weniger über den Dom schreiben. Obwohl sich hier ein hübscher Dreiklang ergibt, von Deutz aus gesehen. Hyatt, Rhein, Dom. Das sollen andere Städte erst einmal nachmachen. Da kann mich das Adlon mit Blick auf das Brandenburger Tor nicht mehr beeindrucken.

Kommen wir zurück zum Hotel mit seinem unaufgeregten, und doch leicht spürbaren Luxus. So läuft das hier. Feiner Service, aufmerksam und wohltuend. Auf dem Executive Floor im sechsten Stock wird das ganze mit dem Regency Club dann noch ein wenig verfeinert. Das Restaurant wunderbar und auch am SPA-Bereich mit Pool und Sauna gibt es wenig zu mäkeln.

Illustre Gäste haben im Hyatt Regency Cologne genächtigt: Der amerikanische Präsident Bill Clinton, hochmögende Künstler, Stars und Sternchen. Und, in einer Suite in der obersten Etage, als er sein Konzert auf der Domplatte gab, der große Frank Sinatra. Fünf Sterne und Frank Sinatra. Das muss reichen.

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Wie Erwin Barth von Wehrenalp „Mister Sachbuch“ wurde

Erwin Barth von Wehrenalp, Frankfurt am Main, im Juni 1990, Photo by W. Stock

Frankfurt am Main, den 7. Juni 1990

Er war schon ein alter und auch arg gebrechlicher Mann, als ich Erwin Barth von Wehrenalp kennen lernte. Auch wenn er sich körperlich schnell erschöpfte, ganz oben, in den grauen Zellen, da zeigte er sich noch hellwach. Und seinen Charme und diesen österreichischen Schmäh, den hatte er sich sowie so noch erhalten.

Leider habe ich nie unter diesem Verleger arbeiten dürfen, da lagen die Jahre dazwischen, im Grunde trennten uns ja zwei Generationen. Als ich zu ECON nach Düsseldorf kam, da war von Wehrenalp schon sieben Jahre aus dem Verlag.

Wohin man jedoch auch ging, der Geist und die Aura des Erwin Barth von Wehrenalp schwebten scheinbar mit. Schriftsteller, Politiker und Wissenschaftler fragten nach ihm, erzählten bunte Anekdoten, gaben beste Grüsse mit auf den Weg. Kein Zweifel, das merkte der junge Lektor, von Wehrenalp, einer der großen Verleger Deutschlands, hatte Spuren hinterlassen.

Im November 1950 gründete Erwin Barth von Wehrenalp einen Verlag im Pressehaus am Düsseldorfer Martin-Luther-Platz. Das Baby wurde ECON getauft – als Abkürzung von Economia – und der Name sollte Programm sein. Die Marke sollte kurz sein, einprägsam und international. Und auf das verlegerische Kernstück – die Wirtschaft – hinweisen.

Die ganze Breite des Sachbuchs sollte dieser Verlag in den nächsten Jahren einem großen Publikum vorstellen: John F. Kennedy, Gerhard Herm, Martin Luther King, Walter Henkels, Amitai Etzioni, Vance Packard, Erich von Däniken, Rudolf Pörtner, Norbert Wiener, ich könnte ein kleines Telefonbuch herunter beten, die großen Denker und Akteure jener Jahre haben bei ECON ihre verlegerische Heimat gefunden.

Wer einen Verlag betreibt, wer seine Themen aus dem prallen Leben greift, der hat am Ende des Tages vielerlei in Händen: seltene Pretiosen, viel Dutzendware und wohl auch einiges, worüber der Chronist taktvoll den Mantel des Schweigens legt.

Er war ein ziemliches Schlitzohr, der erste ECON-Verleger, und zugleich ein charmanter Grandseigneur, wie ihn so nur felix Austria hinkriegt. In Dresden geboren und in Wien als Sohn eines österreichischen Arztes aufgewachsen, verfügte von Wehrenalp über jenen ondulierten Plauderton, der in Deutschland Herz und Hirn schmelzen lässt. Von Erwin Barth wird kolportiert, er habe jeden, aber auch wirklich jeden halbwegs bekannten Zeitgenossen mit seinem Standardsatz „Sie müssen unbedingt ein Buch schreiben!“ kräftig gebauchpinselt. Manch einer hat dann tatsächlich zur Feder gegriffen.

Der muntere Bonvivant besaß ein verläßliches Gespür für Themen und Titel. Er hat es über Jahrzehnte geschafft, eigentlich trockene Stoffe aus Historie, Forschung oder Wirtschaft auf unterhaltsame Art und Weise zu popularisieren. So lautete wohl auch der verlegerische Auftrag jener Jahre: Spezialwissen einem breiten Publikum verständlich dar zu reichen.

Und die ECON-Titel von damals summen noch heute im Ohr: Und die Bibel hat doch recht. Mit dem Fahrstuhl in die Römerzeit. Wohlstand für alle. Wenn das alte Schwarzweiß-Foto von Ludwig Erhard mit seiner schmauchenden Zigarre veröffentlicht wird, dann hält der Vater des deutschen Wirtschaftswunders noch immer sein berühmtes ECON-Buch in der Hand. Von Kanzler Konrad Adenauer wird die Anekdote überliefert, er habe seinen Wirtschaftsminister Erhard gefragt, ob der Titeltexter seiner ECON-Bücher nicht auch die CDU-Wahlkampfslogans schreiben könne.

Von Wehrenalp, Jahrgang 1911, war ein Verleger der alten Schule. Mit allen Vorzügen und auch mit allen Grenzen. Sein riesiger Erfolg erklärt sich vor allem aus der wissensdurstigen Nachkriegszeit. Ende der 70er Jahre war Mister Sachbuch dann aus der Zeit gefallen. Konkurrenz, Konzerne, Fernsehen und Medienboom verlangten mehr als nur Charme und Chuzpe. Die moderne Medienwelt war nicht mehr sein Ding.

Der Österreicher verkaufte 1981 seinen angeschlagenen Verlag, er ging zurück in seine Heimat nach Anif bei Salzburg und verbrachte schließlich den Lebensabend in Paris. Im April 1996 ist er dort verstorben. Auf Père Lachaise hat seine Frau ihn begraben.

siehe auch: Hero Kind, der letzte ECON-Verleger
siehe auch: Erwin Barths Geheimnis

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Berlin, die welke Rose

Photo by W. Stock

Die Grundmelodie Berlins klingt tonal nach moll. Traurig und grau. Die Stadt kommt einem immer etwas dunkler vor als andere Großstädte. Irgendwie erscheint diese Stadt gris, vernebelt, so ohne Wärme, selbst wenn die Sonne scheint.

Wenn München einen Schuß Italien besitzt, Hamburg Skandinavien und Köln etwas savoir vivre, so hat Berlin allenfalls etwas von der tristen Melancholie osteuropäischer Metropolen.

Stets schwankt mein Eindruck von Berlin. Wohlfeile Neubauten, eine spürbar wachsende Weltläufigkeit, adrette Restaurants, besonders in Berlin-Mitte, dem ehemaligen Ost-Berlin. Im alten Westteil der Stadt hingegen sehen die Fassaden piefig, triste und verschlampert aus.

Wenn ich in Berlin weile, fällt mir auf, dass die Zahl der Bettler wächst. Bettler finden sich auch in München. Aber in Berlin sind es andere Bettler. In München kommen die Bettler von außen, aus Rumänien beispielsweise, und ihre Bettelei wird organisiert wie im Konzern. In Berlin jedoch kommen die Bettler von innen, es sind Berliner, ihre Arbeit wirkt nicht organisiert, sondern verzweifelt.

Schnell steht man in Berlin auch im Tabakqualm. In New York sieht man auf den Strassen mittlerweile fast gar keine Paffer mehr. Und die Berliner mit ihren Glimmstängel scheinen oft keine Genussraucher, sondern Unterschichtsraucher.

Deutlich merkt man der Stadt noch immer die dreifache Hypothek an. Den DDR-Kommunismus, die BRD-Subventionsmentalität und das Rot-Rote des Stadtchefs Klaus Wowereit. Man kann ziemlich erbärmliche Ecken in Berlin finden und eine erschreckende materielle Kargheit beobachten in dieser Stadt. Annahme von Sozialscheinen lese ich in riesigen Lettern an der Fassade eines Haushaltswarengeschäftes in der Beusselstrasse.

Nun könnte man Berlin als seltsames Biotop aus Politik am Tropf, Multikulti-Romantik und vier Jahrzehnte kommunistische Diktatur abtun. Doch seit mehr als 20 Jahren ist dies unsere Hauptstadt, eigentlich müsste die Stadt erblühen wie eine Frühlingsrose nach einem strengen Winter.

Doch hier zeigt sich auch, wo rot regiert, da zieht über kurz oder lang eine schleichende Armut in die Strassen und eine verschämte Not auf die Plätze. Und wo tiefrot regiert, da geht es für viele rasch abwärts mit materiellem Wohlstand und auch mit bürgerlicher Gediegenheit.

Das ist Berlin: Ein Drittel Bürokraten, ein Drittel Rentner, ein Drittel Hartz IV-Empfänger. Traurig genug, dass Deutschlands größte Stadt keinen einzigen Konzern von Weltrang, kein DAX-Unternehmen und keine bedeutende internationale Firma vorzuweisen hat. Traurig, aber irgendwie bezeichnend!

Arm aber sexy umschreibt der Regierende Bürgermeister seine Stadt, und der Slogan impliziert eine nonchalante Rotzigkeit des mit seiner Politik Gescheiterten. Arm ist unsexy möchte man rufen, aber ein Sozialscheine-Verwalter wird dies nicht kapieren.

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