London, im Sommer 1976

Als Schüler, als Sechszehn- oder Siebzehnjähriger, habe ich die Band von Acker Bilk in London einige Male gehört. Im 100 Club, im Holland Park oder den kleinen Jazzkneipen in der britischen Hauptstadt.

Diese bodenständige Musik war sozusagen mein Entree in den wunderbaren Kosmos des Jazz. Mr. Acker Bild and his Paramount Jazz Band hieß seine Gruppe, damals wie heute, alle Bandmitglieder in gestreiften Westen und Acker Bilk mit Bowler und Ziegenbärtchen. Traditional Jazz als Markenzeichen.

Acker Bilk ist ein einfühlsamer Klarinettist alter Schule. Er liebt die tiefen, warmen Töne und ein vibratoreiches Spiel. Seine Paramount Jazz Band zelebriert ein kompaktes, temporeiches Spiel, mit dem einen oder anderen Showelement. Schließlich soll die Musik auch Freude machen.

Bernard Stanley Bilk, Jahrgang 1929, nennt sich Acker, was nicht nur in seiner südwestenglischen Heimatregion Somerset so etwas wie Kumpel bedeutet. Auch Gerhard Schröders Spitzname als junger Kerl war Acker, weil er so rasant über den Fussballplatz fegte.

Angefangen hat Acker Bilk 1954 in der legendären Band von Ken Colyer, hat dann aber 1956 seine eigene Band gegründet. Von allen aus der in den 60er boomenden britischen Trad Szene, von den Chris Barber, Monty Sunshine, Kenny Ball, George Melly, Alex Welsh oder Max Collie, war Acker Bilk wohl der kommerziell erfolgreichste. Denn Acker Bilk gelang es einige Male. über die Grenzen des Jazz zu stossen.

So hat er einige Hits geschrieben und auch als Solist aufgenommen, sein Stranger on the Shore, eine eigene Komposition aus 1961, noch heute die meistverkaufte instrumentale Single aller Zeiten in Großbritannien. Auch sein anderer Welthit Aria zeigt Ackers tiefe melodische Tonfärbung, die von seiner warmen Klarinettenstimme geführt wird.

Noch heute, gut in den 80ern, zieht es Acker Bilk auf die Bühne. Obwohl er es nicht mehr nötig hätte, zumal als Member of the Most Excellent Order of the British Empire, einer Vorstufe des Ritterschlages durch die Königin. Und Stranger on the Shore ist seine auskömmliche Altersversorgung. Jedoch, Mr. Acker Bilk ist ein musical animal, er braucht es, die Musik und sein Publikum.

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