Notizen und Anmerkungen von unterwegs

Kategorie: Jazz & andere Musik Seite 1 von 9

Paul Anka: Goodnight, My Love

Auch mit 82 Jahren ohne Berührungsangst vor dem Publikum. Paul Anka: Goodnight, My Love. Mohegan Sun Arena, Uncasville/Connecticut, November 2023.

Goodnight, my love 
Pleasant dreams and sleep tight, my love
May tomorrow be sunny and bright
And bring you closer to me

Before you go
There’s just one thing I’d like to know 
If you love is still warm for me
Or has it gone cold?

If you should awake in the still of the night
Please have no fear
For I’ll be there, darling you know I care
Please give your love to me, dear, only

Goodnight, my love 
Pleasant dreams and sleep, sleep tight, my love
May tomorrow be sunny and bright
And bring you closer to me

Goodnight, my love
Pleasant dreams and sleep tight, my love
May tomorrow be sunny and bright
And bring you closer to me

Goodnight, My Love – Pleasant Dreams (zu deutsch: Gute Nacht, mein Liebling – angenehme Träume), oft auch verkürzt als Goodnight, My Love bezeichnet, ist eine Ballade im 4/4-Takt. Sie wird häufig von Jazz- und Pop-Sängern gesungen. Komponisten der Ursprungs-Version sind George Motola und Jesse Belvin im Jahr 1956. Die Originalaufnahme stammt von Jesse Belvin für das Label Modern Records aus Los Angeles.

Der Text von Goodnight, My Love – Pleasant Dreams umschreibt ein Liebeslied, in dem Zuneigung und Fürsorge einen Gute Nacht-Wunsch begleiten. Die Akkordfolge der Strophen entspricht einem einfach aufgebauten Pop-Schema mit Turnaround und Bridge. Diese Schnörkellosigkeit lässt Platz für ein kraftvolles Arrangement und vokale Finesse.

Goodnight, My Love (Pleasant Dreams) wird über die Jahre und Jahrzehnte von

Loading

‚Running Out of Luck‘ – in den Tropen hat Mick Jagger wenig Glück, aber viel Humor

Hier nimmt sich einer wunderbar auf den Arm: Mick Jagger in Running Out of Luck.

Mickey Jaggero? Wer zum Teufel ist Mickey Jaggero? Im Jahr 1985 dreht Mick Jagger einen Spielfilm in Brasilien. Der Engländer Julien Temple, bekannt für seine Dokumentarfilme und Videoclips, führt in dem Film von 80 Minuten die Regie. Running Out of Luck heißt das Werk, das heute fast vergessen ist. Das Drehbuch stammt aus der Feder von Mick Jagger himself und von Julien Temple. Neben Mick spielt der große Dennis Hopper eine Hauptrolle. 

Der Film, wenn man ihn heute betrachtet, kommt ein wenig eigenwillig daher. Die Handlung ist schnell erzählt: Mick Jagger, er spielt sich selber, weilt in Rio, um ein Musikvideo zu drehen. Und vieles geht schief. Trunkenheit, Eifersucht, Raub, Herumirren – es geht rasant bergab auf der Leinwand. Zu guter Letzt wird Mick dann noch ins Gefängnis geworfen. Das Geschehen ist ziemlich irre, so wie das ganze Vorhaben. 

Etwas anderes weckt meine Aufmerksamkeit. Vier Jahre zuvor ist Mick Jagger schon einmal länger in Südamerika gewesen. Im Januar 1981 hat er den Wilbur gespielt in Werner Herzogs Filmepos Fitzcarraldo. Diese erste Version von Fitzcarraldo ist wegen schwerer Krankheit des Hauptdarstellers Jason Robards vorzeitig abgebrochen und erst in einer zweiten Version mit Klaus Kinski zu Ende gebracht worden. Dies ist eine abenteuerliche Geschichte, die ich damals als Zaungast in Peru beobachten durfte.

Dieses Bild hat ein leeres Alt-Attribut. Der Dateiname ist MickAI-1024x666.jpg

Mick Jagger in Iquitos, Peru, Januar 1981. Foto: Wolfgang Stock.

Denn ich hatte das Glück, den Dreharbeiten beizuwohnen und auch Mick Jagger kennenzulernen. In Iquitos, mitten im peruanischen Amazonas, haben die Filmcrew und eine namhafte Garde an Schauspielern wie Jason Robards, Claudia Cardinale, Mario Adorf und eben Mick Jagger ihr Quartier aufgeschlagen. Alle sind voller Erwartung, mit dem Kult-Regisseur Werner Herzog zu drehen.

Die Linie von Herzogs Fitzcarraldo zu Jaggers Running Out of Luck bleibt augenfällig. Beide Filme spielen in den Tropen. Mit Grande Otelo, einem brasilianischen Comedian, hat Jagger einen Schauspieler engagiert, der auch schon bei Fitzcarraldo dabei gewesen ist. Ebenso ist Ehefrau Jerry Hall damals in Iquitos gewesen, hat allerdings in Fitzcarraldo nicht mitgespielt.

Auch wenn Mick Jagger auf der Bühne wie ein Feuerberg auftritt, im wirklichen Leben ist er ein angenehmer und zurückhaltender Zeitgenosse. Ein freundlicher Kerl, ohne Allüren und bar jeder Affektiertheit. Bei den Dreharbeiten von Fitzcarraldo ist aufgefallen, dass Mick durch Iquitos bummeln konnte, ohne groß beachtet zu werden. In Südamerika besitzt der Frontmann der Rolling Stones nicht unbedingt jenen Nimbus als Weltstar, den er in Europa und Nordamerika innehat. Jedenfalls ist dies Anfang der 1980er Jahre so gewesen.

Dieses Bild hat ein leeres Alt-Attribut. Der Dateiname ist Jagger.jpg

Mick Jagger während einer Drehpause zu Fitzcarraldo. Iquitos im Januar 1981. Rechts: Wolfgang Stock. Foto by René Pinedo/Archiv Dr. Stock.

In Running Out of Luck kokettiert Mick Jagger mit dieser vergleichsweisen Namenlosigkeit in Südamerika. Es gibt eine wunderbare Szene in dem Film. In einem verschlafenen Dorf betritt Mick, ohne Geld, einen Krämerladen auf der Suche nach einem Telefon. Doch die beiden brasilianischen Ladenbesitzer, ein Ehepaar, kennen ihn nicht. 

Ich bin Mick Jagger, Mickey Jaggero, versucht er die Händler zu überzeugen. Schulterzucken. Er geht zur Schachtel mit den Langspielplatten und blättert durch. Doch er findet einzig und allein Julio Iglesias, alles im Dutzendpack, den Schmalzkönig aus Madrid hört

Loading

Señor Teddy in Acapulco

Teddy Stauffer als Wayne in dem Film 48 Stunden bis Acapulco.

Im Jahr 1982 lebte ich für mehrere Monate im mexikanischen Acapulco, als Acapulco noch das gute herrliche Acapulco gewesen war. Ohne die Drogenkämpfe von heute, die Kriminalität und ohne die Militärs vor den Banken. Und auch der Pazifik leuchtete blau, wie ein Meer nur blau leuchten konnte. Zunächst fand ich Unterkunft in einem Hotel in der Altstadt, später in einem Bungalow an der Quebrada. Und ich wollte Teddy Stauffer kennenlernen, Mister Acapulco, wie er in den internationalen Gazetten tituliert wird, Señor Teddy, so nennen ihn die Einheimischen respektvoll.

Ich schlage das Telefonbuch auf, und sein Name steht da. Stauffer, Teddy 41161, Av. Villa Vera S/N. Stauffer. Villa Vera, so heißt seine luxuriöse Hotelanlage. Nach dem Klingeln meldet er sich persönlich. Kommen Sie morgen doch vorbei, sagt er kurz und freundlich. Ein unkomplizierter Mensch, Acapulco halt. Die Villa Vera war vor 50 Jahren – neben dem Las Brisas – der angesagte Schuppen für Prominente und Superreiche an der mexikanischen Pazifikküste. Frank Sinatra, Elizabeth Taylor, Liza Minnelli, John Wayne übernachteten hier. Das besondere an dem Hotel: Die Suiten verteilten sich wie kleine Villen über eine Anhöhe mit Blick auf das Meer.

In seinem Turmhaus der Villa Vera haben wir uns lange über sein Leben und seine Musik unterhalten. In Murten am Murtensee, zwanzig Autominuten von der Landeshauptstadt Bern entfernt, ist Ernest Henri Stauffer im Jahr 1909 geboren worden. Schon als Schüler hat er mit Freunden eine Jazzband gegründet. Der Rest ist Geschichte. Über 300 Schallplatten haben Teddy Stauffer und seine Original Teddies in den 1930er Jahren aufgenommen. Das ist Rekord in diesen schwierigen Zeiten, der Schweizer Teddy Stauffer wird zum Swing-König von Berlin, vom Publikum gefeiert und bejubelt.

In den Hitlisten stehen sie in dieser freudlosen Zeit immer ganz oben. In Berlin und Leipzig sind Teddy und seine Mannen in jenen Jahren so bekannt wie heute Lady Gaga und Madonna zusammen. Die Band des Teddy Stauffer ist smooth gewesen, swinging und vor allem hotThe hottest Band in Town. Und hot bedeutet in jener Zeit sehr swingend. In Berlin eifern die Teddies ihren Vorbildern aus Übersee nach. Die meisten Song spielen sie nach US-Arrangements, alles klingt sehr amerikanisch. Wir hatten damals den Swing, sagt Teddy Stauffer stolz.

Der Jazz hat den Nazis natürlich nicht gefallen. Doch den Schweizer Stauffer ließ man lange gewähren, zur Olympiade 1936 wollte man ein freundliches Gesicht zeigen und die Welt hinters Licht führen. Wirklich Ahnung von der Musik, die ihnen nicht ins Weltbild passte, hatten die braunen Machthaber nicht. Mit den Jahren wurde der Druck dann doch zu groß. Teddy ging zurück in die Schweiz. Und im Jahr 1941 packte der abenteuerlustige Musiker dann seinen Koffer, fuhr mit einem Atlantikkreuzer über das Meer nach New York, von dort nach Hollywood. Und viele Monate später sollte er dann in Acapulco stranden.

Es wurde für Teddy eine Vertreibung ins Paradies. Der sympathische Schweizer fand schnell im Hotelgewerbe sein Auskommen, zunächst als PR-Manager, später als Teilhaber. Die Karriere als Musiker hatte er in Europa zurückgelassen, die Villa Vera bildete fortan seine neue Heimat. Und Teddy Stauffer sorgte dafür, dass all die Leinwandgrößen aus Hollywood, die Sterne und Sternchen, hinab ins Acapulco Dorado – ins vergoldete Acapulco – pilgerten und froh waren, ohne Schlips und Kragen endlich ins richtige Leben springen zu dürfen.

Und auch Teddy am Pazifik ließ nichts anbrennen. Hedy Lamarr, Rita Hayworth, sein Notizbuch ist voll mit schönen Frauen. Vier Ehen, vier Scheidungen. Für die Ehe ist dieser Mann nicht gemacht. Eher ein typischer Playboy jener Zeit. Jeder älter er wurde, desto jünger die Freundinnen. Aber nun, mit Mitte 70, zeigt sich Teddy als Lebemann, den auch

Loading

Jack Kerouac und das magische Land am Ende der Strasse

Jack Kerouac: On the Road. Das atemlose Manifest einer ganzen Generation. Mit einem halbwegs glücklichen Ausgang.

Von Jack Kerouac – er wird am 12. März 1922 in Lowell, in Massachusetts, geboren – gibt es ein wahnsinniges Buch. On the Road, zu Deutsch Unterwegs, ist ein literarischer Paukenschlag und so etwas wie die heilige Schrift der Beat Generation. Zugleich ist dieser Roman das Psychogramm einer ganzen Generation, die nach dem Wirtschaftswunder der Nachkriegsjahre nicht weiß, wohin.

On the Road, das Werk erscheint erstmals im Jahr 1957, verkörpert den Protest der Jungen gegen die biedere Welt der Eltern. Eine neue Generation, kopflos herumirrend, begehrt auf gegen die satte Spießigkeit der Mittelschicht, sie ist auf der Suche nach Sinn und einem neuen Lebensgefühl. Rock ’n‘ Roll, James Dean, der Bebop, später die Hippies, Easy Rider und Woodstock, sie alle werden im Laufe der Jahre zu den Identifikatoren des Protestes der Halbstarken gegen den braven Alltag der Eltern.

Allerdings finden sich in On the Road auch anerkennende Rückbesinnungen auf’s Althergebrachte und allerlei Anker-Begegnungen, beim Jazz, der Philosophie und in der Literatur. Es wird auf knapp 400 Seiten eine rasante Fahrt, nicht nur durch die USA, sondern auch durch die Gefühlswelt einer ganzen Generation. Der Erzähler Sal Paradise – der Protagonist mit dem verräterischen Namen ist das Alter Ego von Kerouac – und sein Freund Dean reisen durch die Vereinigten Staaten.

Die zwei Freunde trampen, sie kapern Güterzüge, sie klauen Autos, es geht die USA rauf und runter, kreuz und quer. Ohne Ziel und ohne Plan. Es nützt wenig: Am bitteren Ende jeder Reise bleibt nach der Rückkehr die Leere, die vergebliche Suche nach dem Ich, nach einem Platz in der Gesellschaft, nach den eigenen Idealen und Werten, die sich doch von denen der Eltern-Generation unterscheiden müssen. 

Sal und Dean, und all die anderen, wohnen schäbig in Spanish Harlem, sie wühlen und kruscheln in Chicago und New Orleans, sie lassen sich treiben in Arizona, sie kiffen sich durch San Francisco, jeder Schritt ohne Sinn und Verstand, immer gehetzt. Und so erweist sich der Rhythmus dieses Buches ebenfalls als rasend, ganz wie die Jazzmusik der damaligen Jahre, die honigsüßen Swing-Girlanden fallen aus der Zeit, schneller Bebop Jazz formiert sich, schrill und atemlos.

Jack Kerouac reist als underdog, säuft sich durch die billigen Kneipen der Vororte, fällt hinein in die abgetakelten Bretterbuden des roten Lichtes bei Nacht, schrammt haarscharf an den Gefängnistoren vorbei, tigert munter durch die Ghettos der Großstadt. Der Mann aus Lowell schreibt lakonisch, karg und trocken, aus dem Bauch heraus, schmerzfrei rotzt er all seine Sätze heraus. Um grammatikalische Korrektheit und stilistische Konvention schert er sich einen Dreck, die Sätze sprudeln wild heraus wie ein stürmisches Quellwasser.

All das Herumirren will eine tiefe Leere verdrängen. Jack Kerouac sucht das Ziel seiner Träume. In On the Road findet er ganz zum Ende der Reisen schließlich seinen Garten Eden. Hinter uns lag das ganze Amerika und alles, was Dean und ich bisher vom Leben gekannt hatten, auch vom Leben unterwegs. Endlich hatten wir das magische Land am Ende der Straße gefunden, und nie hätten wir uns träumen lassen, wie magisch es war.

Es ist das Land, wo nicht Milch und Honig, sondern

Loading

Teddy Stauffer: Von Berlin nach Mexiko

Teddy Stauffer auf der Terrasse seines Apartments im mexikanischen Acapulco, im November 1982; Photo by W. Stock

In Acapulco herrscht ewiger Hochsommer. Frühling und Herbst sind am mexikanischen Pazifik unbekannte Phänomene. Winter ohnehin. Um die 16 Kilometer sichelförmige Bucht ziehen sich riesige Hochhäuser und bombastische Hotelanlagen, wie ein fein reguliertes Gebiss ragen sie vor dem Meer in den blauen Himmel. Das Villa Vera ist oberhalb des Stadtzentrums in den Hang gebaut und gilt mit seinem Racquet Club neben dem Las Brisas als das Luxushotel des tropischen Seebades schlechthin.

Das Villa Vera ist Teddy Stauffers Heimat. Unter seinem Apartment in einem Turm befindet sich der geschwungene Swimmingpool, daneben die Plätze des Tenniscourts. Die Aussicht über die am Fuße des Hügels liegende Bucht von Icacos als traumhaft zu beschreiben, wäre eine grobe Untertreibung. Teddy ist in Acapulco ein rühriger Zeitgenosse, neben dem Hotel unterhält er Teddy’s Beach Club an der Playa Condesa, eine maurisch verwinkelte Open-air-Bar mit direktem Zugang zu dem feinen, weißen Sandstrand des Pazifiks.

Der ewige Playboy hat ein paar Falten angesetzt. Einen Herzschrittmacher haben sie ihm gerade in Houston in die Brust eingesetzt. Aber seine Erinnerungen bleiben hellwach. Zwei Stunden erzählt er aus einem 73jährigen Leben. Seine einzige Tochter sei im fernen Italien, klagt er mit Tränen in den Augen. Manches hätte er anders machen sollen, aber im Großen und Ganzen sei sein Leben ein phantastisches Abenteuer.

Seit über vier Jahrzehnten lebt er in Acapulco, nachdem er aus Nazi-Deutschland mit einer Ozeandampfer in die Staaten fuhr. Schon als wir damals als junge Burschen in Berlin ankamen, denn es war ja ein Risiko, irgendwie von zu Hause wegzulaufen und einen neuen Beruf zu ergreifen. Aber damals in Bern hatten wir amerikanische Jazzmusik gehört, meist kleine Bands wie die Jumping Jacks. Das hat uns sehr impressioniert und unsere Gruppe versuchte, das zu kopieren.

In Murten am idyllischen Murtensee, zwanzig Autominuten von der Landeshauptstadt Bern entfernt, ist Ernest Henri Stauffer im Jahre 1909 geboren worden. Als Schüler hat er dann eine Jazzband gegründet. Zu ihrem Markenzeichen bestimmen die jugendlichen Musiker einen Teddy, was als Anspielung auf die berühmten Berner Bären gedacht ist. Es sollte prompt Ernests Rufname werden, ein Leben lang. 

In Berlin herrschen die Nazis und bald wird in Deutschland die Mobilmachung befohlen. Die deutschen Musiker der Teddies werden eingezogen, das Orchester zerbricht. Mit einer aus überwiegend Schweizer Musikern zusammengestellten Band mogelt sich Teddy Stauffer noch durch schwere Tage, bevor er sich 1941 entschließt, in die USA zu gehen. Eddie Brunner übernimmt das Orchester, das aber ohne Teddy Stauffer nicht

Loading

Mick Jagger dreht einen Film am Amazonas

Mick Jagger als Schauspieler am Amazonas. Iquitos, im Januar 1981; Foto: W. Stock

Wenn Herzog und seine Crew sich in den Filmpausen zu Pizza und Pasta im Don Giovanni einfinden, dann werden sie von den Peruanern in einer Mischung aus Staunen und Respekt beobachtet. Que viene el director gringo, da kommt der Gringoregisseur, meint der Besitzer des Maynas Hotels. Und der Gringoregisseur bringt Arbeit, irgendwo wollen die acht Millionen Dollar auch bleiben: Dolmetscher, Koch, Arzt, Kostümschneider, Fahrer, Klempner, Bootsführer, Mechaniker. 

Die berühmten Schauspieler sind im komfortablen Holiday Inn am Flughafen von Iquitos untergebracht, mit Swimmingpool und Klimaanlagen, purer Luxus in diesen Breiten. Einer hat einen Riesenspaß an dem Film, es ist der vielleicht berühmteste Rock-Barde weit und breit. Ab und an wagt er einen Ausflug in die Welt des Films. Mick Jagger steht am Malecón von Iquitos, direkt neben mir, und nimmt die Filmaufnahmen seinerseits mit seiner privaten Schmalfilmkamera auf.

Was er denn von Herzogs Filmen halte, möchte ich wissen. In London, in einem Programmkino, habe ich einige Filme von ihm gesehen. Sie sind sehr eigenartig. Vor Drehbeginn weiß man nie, was zu guter letzt dabei herauskommt. Mal sehen, wie das ganze bei Drehschluss aussieht.

Warum er den Film mache, frage ich, warum tue er sich die ganzen Strapazen an? Es macht mir einfach Spaß, verdienen tu ich da nichts. Wir mussten sogar eine Tournee verschieben. Mick Jagger steht etwas verloren herum, zumal ihn in Peru des Jahres 1981 so gut wie niemand kennt. Heldin der Peruanerinnen ist da eher Bianca Jagger, die verstoßene Ex-Angetraute unseres Musikus.

Der Aufstieg der schönen Nicaraguanerin in die mondäne Glitzerwelt New Yorks lässt hier manchen Teenager an moderne Märchenprinzen glauben. Der schmächtige Mick hat seine neue Flamme in den Amazonasdschungel mitgebracht, vielleicht als eine Art Mutprobe. Das schöne Model liegt viel am Swimmingpool des Luxushotels, am Set des Films lässt sie sich in jenen Tagen nicht blicken.

Doch das große Abenteuer am Amazonas steht unter keinem guten Stern. Dem Kameramann Mauch wird bei einer

Loading

‚You’re so right‘ – das Mauerblümchen des Frank Sinatra

Die Komposition You’re so right findet der Hörer auf dem Album Ol‘ Blue Eyes is Back. Ein hübsches Lied! Und dennoch fristet dieser Song sein Schicksal als Mauerblümchen im Repertoire des Frank Sinatra, klein und adrett, allerdings kaum beachtet. Auf YouTube wird die Einspielung keine 100.000 mal abgerufen, normalerweise schlägt Sinatra hier bei den Millionen aus.

Völlig zu unrecht steht You’re so right so krass im Abseits. Denn Song und das gesamte Album sind in vielerlei Hinsicht bemerkenswert. Zunächst: Mit diesem Reprise-Album kehrt Frank Sinatra nach zweijähriger Abstinenz im Oktober 1973 ins Rampenlicht zurück. Das Leben eines Privatiers ist nicht so ganz sein Ding.

Als Komponist von You’re so right zeichnet Roger Joyce, Teddy Randazzo und Victoria Pike sind Texter, die drei bilden ein eingespieltes Team, vielleicht ist die gesamte Komposition ein Gemeinschaftswerk. Als Arrangeur wird Gordon Jenkins verpflichtet, es ist ein Glücksgriff, Produzent wird der geniale Don Costa. Es ist ein Wahnsinns-Team. Frank Sinatra hat immer die Besten in seine Mannschaft geholt, zumal er stets über das nötige Kleingeld verfügte, die Besten auch unter Vertrag zu nehmen.

Auch der Titel passt: Ol’ Blue Eyes Is Back. Sinatra befindet sich auf der Suche. Längst haben die wilden Rock- und Pop-Musikanten das Zepter im Business übernommen, verloren hechelt er ein wenig hinterher. Quo vadis, Frank?, diese Frage stellt der 58-Jährige sich mit Bangen. Klugerweise entscheidet sich der Crooner für

Loading

Celia Cruz: Te busco

Al cielo una mirada larga
buscando un poco de mi vida.
Mis estrellas no responden
para alumbrarme hacia tu risa.

Olas que esfuman de mis ojos
a una legión de tus recuerdos.
Me roban formas de tu rostro
dejando arena en el silencio.

Ein langer Blick zum Himmel,
ich suche ein Stück meines Lebens.
Meine Sterne antworten nicht,
um dein Lachen zu erhellen.
Augen entschwinden in Wellen
Heerscharen von Erinnerungen.
Stehlen Umriss deines Gesichts
lassen den Sand in der Stille.

Te busco ist kein typisches Lied für Celia Cruz. Eigentlich bevorzugt die Exil-Kubanerin die schnellen Tempi, krachende Bläser, rhythmischer Stil. Das Lied Te busco ist da ganz anders. Diese Komposition musste eine Weile durch die Welt wandern, erst als Celia Cruz sie in die Hand bekommt, wird sie zu Gold.

Der Musikproduzent Oscar Gómez sucht noch ein Lied für das neue Album von Celia Cruz. Die Idee des Albums ist, Celia Cruz von einer anderen Seite zu zeigen, als Sängerin von romantischen Boleros. Er erinnert sich an eine Komposition von Victor Victor, eine Bachata namens Te busco. Oscar spielt den Song der kubanischen Sängerin vor, er gefällt ihr, und verhandelt mit dem Dominikaner die Rechte für das Album Azúcar Negra.

Das Lied wird zu einem spektakulären Erfolg, auch heute noch. Auf Youtube wird es 35 Millionen mal angesehen und mit über 5.000 Kommentaren versehen. Die Komposition handelt von der Sehnsucht nach einem Menschen, der gegangen ist und den man über alles vermisst. Meist geht es in den Anmerkungen der Hörer um Menschen, die einen anderen geliebten Menschen verloren haben und die nun nicht hin wissen mit ihrer Verzweiflung.

Die Tochter trauert um die Mutter, der Sohn um den Vater, Enkel um die Großeltern. Sie alle finden Zuspruch in den Zeilen, die Victor Victor aus der Dominikanischen Republik zu Papier gebracht hat. Das Lied vereint Trauer und Hoffnung. Immer wenn ich einen geliebten Menschen verliere, höre ich mir dieses Lied an, verrät jemand in seinem Kommentar, es ist meine Hymne des Abschieds. Und des Trostes.

Celia Cruz ist eine der prominentesten Repräsentanten der kubanischen Musik des 20. Jahrhunderts gewesen. In einer mehr als 60 Jahre umfassenden Karriere nimmt sie mehr als 70 Alben auf. Sie gilt als La reina de la salsa, als Königin der Salsa-Musik, und darüber hinaus wirkt sie als Ikone verschiedener sozialer Bewegungen. Die temperamentvolle Sängerin trägt den Spitznamen Azúcar (Zucker), einen zum Salsa-Kult gewordenen Ausruf.

Te busco und Celia Cruz, das sind zwei Solitäre, die sich gesucht und gefunden haben. Die Einspielung gelingt sensationell: Diesen langsamen Bolero füllt die Kubanerin mit ihrer Alt-Stimme voll aus, wobei sie, wie bei anderen Liedern auch, das R so wunderbar ausrollen kann, bei den Worten rrrecordar und rrrebuscar. Doch hinter all der Heiterkeit verbirgt sich eine tragische Biografie, es passt irgendwie zum Bolero.

Auch wenn Celia Cruz in New York angekommen ist, so teilt sie doch das Schicksal vieler Exilanten. Die Sehnsucht nach der Heimat will das Herz zerreißen, ihre Lieder dienen als Blitzableiter. Ohne dass sie es vorhat, wird Celia zur Symbolfigur der Vertriebenen, zur Stimme gegen die Herrschaft der Castro-Brüder. Auch in der Fremde schmettert die Sängerin aus Havanna unzählige kubanische Kompositionen, um der alten Heimat, der Welt und vor allen sich selbst zu beweisen, dass sie Kuba nicht vergessen hat. 

Als Celia Cruz am 16. Juli 2003 in Fort Lee, New Jersey, stirbt, macht die New York Daily News auf der Titelseite ein einziges Thema auf. Azúcar tot. Eines ihrer letzten Soloalben heißt Siempre Viviré – ich werde immer leben. Mit diesem Album aus dem Jahr 2000 nimmt sie endgültig Abschied von ihrer Heimat. Das Lied Por si Acaso no RegresoFalls ich nicht zurückkehren sollte – ist das emotionale Testament der Sängerin. Ihren Landsleuten stehen die Tränen in den Augen, Azúcar wird ihr geliebtes Havanna nicht wiedersehen.

Te busco perdida entre sueños
el ruido de la gente
me envuelven en un velo.
Te busco volando en el cielo
el viento te ha llevado
como un pañuelo viejo.

Ich suche Dich in den Träumen
Das Getöse der Menschen
manteln mich in einem Schleier.
Ich suche fliegend im Himmel
der Wind hat dich genommen
wie ein altes Taschentuch.

Loading

Toño Bennett und Vince Fernández in Mexico


Vicente Fernández ist weit mehr als ein mexikanischer Sänger. Er singt Música Ranchera in der Tradition von Pedro Infante und Jorge Negrete, diese ländlichen Kompositionen der Viehranches und Haciendas gelten als die mexikanischste Variante aller mexikanischen Musikstile.

Zugleich ist der 81-Jährige ein bekannter Schauspieler und Produzent, dazu ein umtriebiger Gutsbesitzer und Pferdezüchter in Jalisco. Alles in allem wird Vicente Fernández von seinen Landsleuten als ein Symbol des mexikanischen Nationalstolzes verehrt, er ist einer der populärsten Mexikaner überhaupt. 

Und einmal hat dieser Vicente Fernández seinen ebenso berühmten amerikanischen Kollegen Tony Bennett – beide in Ehren ergraut – auf seine Ranch Los Tres Potrillos in den Süden von Guadalajara eingeladen. Man mag bei dieser Gelegenheit erahnen, wie gut und wie schön und wie menschlich die Freundschaft zwischen den USA und Mexiko doch sein kann.

Dann vergisst man die Narcos, the mexican wall, los mojados und die Trumps, sondern denkt nur noch wie wunderbar und fruchtbar es der Musik doch gelingt, zwei ferne Seelen zu verbinden.

Regresa a mi
No me dejes tan solo
No me vuelvas la cara después
De que todo te di

Return to me
For my heart wants you only
Hurry home, hurry home
Won’t you, please, hurry home to my heart?

Es zählt weder das Haus, noch der Hof, denn die Heimat vermag man nur im Herzen zu finden. Und warum sollte man um sein Herz eine Mauer ziehen? Auch der Zuhörer dieser weisen Zeilen will sich – wie die beiden Barden – mit der Faust an das Herz schlagen.

Loading

Frank Sinatra: I will drink the wine

Es gibt Songs, die Frank Sinatra höchst selten aus den Tiefen seines Repertoires hervorkramt. Dies ist eine von diesen musikalischen Raritäten. I will drink the wine. Eine Komposition, die in vielerlei Hinsicht bemerkenswert scheint.

Musik und Text stammen von dem Briten Paul Ryan, einem Komponisten und Musiker des Jahrgangs 1948. Er war der Zwillingsbruder von Barry Ryan, der im Popgeschäft der späten 1960er eine große Nummer gewesen ist. So komponierte Paul für seinen Bruder den Welthit Eloise.

Auch Frank Sinatra hat eine Komposition von Paul Ryan aufgegriffen. I will drink the wine, wir schreiben die frühen 1970er Jahre, der Crooner, mit neuem Haupthaar, will sich auf eine Pop-Generation im Beatles-Fieber zubewegen. Der fabulöse Don Costa, mit feinem Gespür für den Zeitgeist, schreibt ihm ein perfektes Arrangement auf den Leib. Das Lied findet sich auf der Platte Sinatra & Company von 1970.

Neben allerlei Brasilianischem fällt auf der gleichen Einspielung ein weiteres Lied auf, Leaving on a Jet Plane, ein netter Song aus der Feder von John Denver. Doch Sinatra gelingt es, die Melodie dieses eigentlich recht harmlosen Pop-Liedchens gänsehaut-gerecht herüber zu bringen.

I will drink the wine handelt im Text vom Selbstbewusstsein eines Mannes, auch andere Wege einzuschlagen und sich nicht

Loading

Seite 1 von 9

Präsentiert von WordPress & Theme erstellt von Anders Norén