Notizen und Anmerkungen von unterwegs

Rudi Dutschke schreibt eine Postkarte

Arhus/Dänemark, im März 1979

Wer 1955 geboren wird und dann auch noch in dem Idyll der Provinz aufwächst, der kann schwerlich zur 68er Bewegung gehören. Da ist alleine schon die Gnade der späten Geburt vor. Als ich Mitte der 70er Jahre an die Universität komme, da ist die unruhige Zeit schon vorbei und von ein paar vereinzelten akademischen Scharmützel abgesehen, zeigt sich meine Studentengeneration ruhig und angepasst.

Trotzdem merke ich, dass diese 68er-Bewegung historisch bedeutsames geleistet hat. Da ist ja nicht nur das Aufbäumen der Studenten gegen den Muff in den Talaren, sondern auch das Einfordern der Jungen nach mehr Teilhabe, nach Öffnung und auch nach Aufrichtigkeit.

Während die Elterngeneration nach den dunklen Jahren ihre Erfüllung darin findet, die düstere Zeit zu verdrängen und aus dem physisch und moralisch zerbombten Deutschland ein Wirtschaftswunderland zu schaffen, stellt die 68er-Studentengeneration endlich die Schuld- und dann auch die Sinn-Frage. Warum, wieso, wohin?

Den Studentenführer Rudi Dutschke fand ich prima. Belesen, mitreißend, auf den Punkt formulierend, voller Leidenschaft. Auch wenn ich nicht mit all seinen Analysen und Forderungen übereinstimmte, dieser scharfsinnige Vordenker deutete an, in welche Richtung sich Deutschland entwickeln könnte.

Ich kam Ende der 70er Jahre in Kontakt mit ihm, als ich für eine Wochenzeitschrift ein Interview verabreden wollte. Er schrieb mir daraufhin aus dem dänischen Arhus, wo er mit seiner Familie lebte und wo er an der Universität als Dozent lehrte.

Aber eigentlich antwortete er mir nicht aus Arhus, sondern aus einem Lufthansa-Jet. Auf einer jener Werbe-Postkarten, wie sie in Flugzeugen kostenlos ausliegen. Die geschriebene Karte gibt man üblicherweise der Stewardess mit, die dann für den Versand sorgt.

Auf der Rückseite der Karte findet sich ein Foto der Boeing 737, die damals von der Lufthansa für die Kurzstrecke eingesetzt wurde. Auf der Vorderseite schlägt Rudi Dutschke mir ein, zwei Termine in West-Berlin vor.

Zu dem Interview ist es dann leider nicht gekommen. Aber die Lufthansa-Dutschke-Karte, die liegt immer noch in meinem Archiv.

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Sauce hollandaise

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  1. apple

    Doch, ich war (und bin – auch als Senior – immer noch ein wenig) 68er. Und
    > ich freue mich über diesen Artikel, gerade weil er von Ihnen kommt. Er
    > ist regelrecht Balsam auf meine Seele, finden doch die Leistungen und der Mut
    > der 68er Anerkennung. Ist zuvor schon jemand auf die Straße gegangen? Wer
    > danach? Doch, heute melden sich wieder Bürgerbewegungen, meist aber mit
    > speziellen Themen. Aber macht nichts, Hauptsache ist, sie melden sich – und
    > hoffentlich so lautstark, dass es auch in den „vornehmen“ Vierteln von
    > Berlin, Hamburg, Düsseldorf, Frankfurt, München … und deren Nobelvororten
    > nicht zu überhören ist, wo es sich so manche recht gemütlich gemacht
    > haben und die politisches Engagement nur vom Hörensagen kennen. Nur Kommentare
    > bei Zeit-Online zu schreiben gilt nicht !

  2. A. Burg

    Die 68er haben Deutschland refomiert und ohne sie würde dieses Land trister aussehen. Das ist auch Verdienst von Rudi Dutschke.

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