Bevor Michail Gorbatschow Reklame für Louis-Vuitton-Taschen machte, war er von 1985 bis 1991 Generalsekretär der kommunistischen Partei der Sowjetunion. Unter ihm endete die Sowjetrepublik und bildete sich das geeinte Deutschland heraus. Gerade die Einheit Deutschlands, sie stand Ende der 80er Jahre sicherlich nicht im Fünf-Jahres-Plan der sowjetischen Supermacht.
Doch politisch waren Gorbatschow und sein Land in jenen Tagen Getriebene. Die Sowjetunion befand sich in Agonie, die Wirtschaft steuerte dem Staatsbankrott zu, die Föderation stand kurz vor dem Zerfall, die KPdSU war verhasst, die Betriebe von Streiks überzogen.
Gorbatschow war von der Entwicklung in Ost-Berlin überrascht, wenn nicht überrumpelt worden. „Gorbatschow meint, dass du zu eilig vorgehst“, informiert US-Präsident George Bush im Dezember 1989 den deutschen Kanzler Helmut Kohl. Der antwortet: „Ich habe Gorbatschow gesagt, dass es nicht in meinem Interesse ist, die Dinge außer Kontrolle geraten zu lassen.“
Nach all den alten, doktrinären Führern à la Andropow oder Tschernenko trat der junge Gorbatschow als Reformer auf. Vom Wesen jedoch eher ein Zauderer fand sich der damals Mittfünfziger plötzlich in der Rolle eines politischen Konkursverwalters. Das Land war pleite, die Ideologie am Ende, das ganze kommunistische Geschwafel entzaubert.
Aus russischer Perspektive war er ein schwacher und passiver Politiker, dem die Zügel zunehmend aus den Händen glitten. Denn die Sowjetunion war von den USA wirtschaftlich, militärisch und politisch in die Ecke gedrängt worden.
Damals noch als naiv belächelt, sollte US-Präsident Ronald Reagan Recht behalten. Mr. Gorbachev, open this gate! Mr. Gorbachev, tear down this wall! So spricht Gorbatschow noch heute ganz offen in seiner Rede von der Wiedervereinigung, die Russland habe zulassen müssen.
Trotzdem bleibt aus deutscher Sicht Michail Gorbatschow ein unermesslicher Verdienst: Am 9. November 1989, als mutige DDR-Bürger die Mauer, die Grenze und auch die kommunistische Ideologie überrannten, hat er die russischen Soldaten in den Kasernen gelassen.
Er hätte sicherlich auch anders entscheiden können. Wie seine Vorgänger im August 1968 beim Prager Frühling, 1956 in Ungarn und im Juni ‘1953 in der DDR. Auch Gorbatschow hätte den Soldaten befehlen können: Ausrücken! Es wäre dann wohl zu einem Blutbad gekommen.
Doch Gorbatschow ließ die Panzer in den ostdeutschen Kasernen. Warum, wieso, weshalb – alles nebensächlich. Es sprachen nicht die Waffen. Gorbatschow ließ das Volk gewähren. Die deutsche Geschichte muss ihm dafür ewig dankbar sein.
Was er in der Nacht vom 9. November getan habe? Ich habe durchgeschlafen, sagt er in einem Vortrag. Auch diese Antwort passt irgendwie zu Michail Sergejewitsch Gorbatschow.
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Was das „Bevor Michail Gorbatschow Reklame für Louis-Vuitton-Taschen machte, …“ für eine Aussagekraft im Zusammenhang mit einer Würdigung der politischen Leistungen Gorbatschows hat, erschließt sich mir auch nach mehrmaliger Lektüre des ansonsten sehr unterhaltsamen Beitrags nicht.