Irgendwann, wohl Frühjahr 1992, klingelt mein Telefon im ECON-Lektorat. Die sonore Stimme am Telefon kommt gleich zur Sache. Doctor Stock, this is David Ogilvy. Ich bin überrascht. Der große Ogilvy am anderen Ende der Leitung. David Ogilvy ruft aus Frankreich an, wo er im Westen nahe Tours ein Chateau in Touffou besitzt und wohin er sich als Ruheständler zurück gezogen hatte.
Zunächst bekomme ich einen Korb von ihm. Überaus freundlich, dass Sie mich eingeladen haben zu Ihrem Event in Düsseldorf. Aber ich vermag nicht zu kommen. Ich bin zu alt. Ich wollte ihn zu einem Vortrag nach Düsseldorf bringen, diesen Mann vor Managern und Werbern gebührend hochleben lassen.
Er danke für die Neuauflage seines Buches in der Reihe ECON Classics. Ob so ein alter Knochen denn den Jungen noch etwas zu sagen habe, fragt er verschmitzt. Ganz sicher, antworte ich, gute Ideen altern nicht.
David Ogilvy ist der Vater aller Werbetexter. Jahrgang 1911. Im englischen Surrey geboren. Eigentlich ist Ogilvy der Vater der modernen Werbung überhaupt. Er ist derjenige, der die Werbung in den Kunstrang gehievt hat.
Im Jahr 1948 gründet er die New Yorker Agentur Ogilvy, Benson & Mather, die in jenen Tagen den Standard setzte. Nicht nur mit Humor und Hintersinn. Denn Werbung, das ist Ogilvys Überzeugung, müsse verkaufen. If it doesn’t sell, it isn’t creative.
Ogilvy ist zugleich einer der ersten, der die Wichtigkeit von Marken erkannt hat. Und es gelingt ihm, die Marken seiner Kunden mittels seines trockenen britischen Humors zu führen. Seine Ads kommen immer mit einem Augenzwinkern daher. Und er hat weltberühmte Slogans erfunden. We sell or else. Das ist von ihm. Kennt man noch heute.
Seine Anzeigen kommen nicht reißerisch oder aufgeblasen daher, sondern vornehm und zweideutig. Werbung müsse stets mehr über den Käufer verraten, als über das Produkt, meint er. Ein solcher Standpunkt ist zur damaligen Zeit so etwas wie eine Revolution in der Werbung. Heute eine Binse. Wer in diesen Tagen auf gute Anzeigen achtet, der merkt, dass alle den Kunden und sein Bedürfnis in den Mittelpunkt stellen.
David Ogilvy hat das beste Buch über Werbung überhaupt geschrieben. Confessions of an Advertising Man. Im Jahr 1963 zum ersten Mal bei ECON erschienen, habe ich es 1991, zu seinem 80. Geburtstag, nochmals in der Classics-Reihe aufgelegt. Geständnisse eines Werbemannes. Und deshalb ruft er an und bedankt sich.
Ein ganz Großer vom Scheitel bis zur Sohle, ein Aristokrat der Werbung. Im Juli 1999 ist er gestorben. Dort, wo man schöner nicht sterben kann. In Frankreich, in seinem Chateau.
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