mit John Diebold, Düsseldorf, den 22. August 1991; Foto: Hasso v. Bülow

Ingenieure und Manager kannten ihn unter seinem Spitznamen. Mr. Automation wurde er genannt. Denn John Diebold, von ihm ist die Rede, hatte in einem aufsehenerregenden Buch die Automatisierung und Technisierung der Industrie vorhergesagt und analysiert. Das war 1952, also zu einer Zeit als man gerade lernte, mit Messer und Gabel zu essen.

Wie die moderne Technik unser Berufs- und Alltagsleben verändert, das war das Thema des Ostküsten-Amerikaners vom Jahrgang 1926. Wie beispielsweise Transistoren, Laser oder Faseroptik unsere Zeit revolutionieren. Diebold schrieb in seinen Büchern aber nicht nur über neue Technologien, sondern auch über Menschen, über Erfinder und Pioniere, über Ideen, Träume und Enttäuschungen. Er war einer der Pioniere der amerikanischen Computerindustrie, er war ein Vordenker von IT.

John Diebold betrachtet den Produktivitätsgewinn zuerst von Kundenseite. Wie bei den automated teller machines, den ATMs, deren Siegeszug er schon in den 60er Jahren prognostiziert. Zehn Jahre später vereinfachen die Geldautomaten das Geld-Abheben weltweit. Der Bankkassierer macht sich überflüssig und der Kunde genießt fernab aller Öffnungszeiten einen besseren Service.

Die saubere und kluge Analyse lernt der drahtige Ingenieur in Harvard. Und doch wird er kein Eierkopf, sondern tritt als zupackender Unternehmer ins Berufsleben. Er gründet sein Beratungsunternehmen, die Diebold Group, er berät amerikanische Präsidenten, schreibt Bücher und hält Vorträge rund um die Welt.

Diebolds wohl schönste Publikation war jedoch kein Wirtschafts- oder Technologie-Buch, sondern seine Letters to Emma. Darin erklärt der späte Vater 1987 seiner zweijährigen Tochter, wie ihre Welt von morgen aussehen wird und welche Hoffnungen er in diese bessere Welt legt.

John Diebold war ein reizender Mann der alten Schule. Vollendet in der Form, freundlich im Umgang und offen im Charakter. Kein Schwätzer, kein Dampfplauderer, sondern jemand, der seinen Gesprächspartnern mit Interesse und Neugier begegnete.

Aus seinem Wohnort Bedford Hills, im Norden New Yorks, schickte er jedes Jahr als Gruss Mitte Dezember eine gediegene Karte mit klassischem Weihnachtsmotiv. Die letzte Karte erreichte mich 2005. Am 26. Dezember 2005 ist er in Bedford Hills verstorben.

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