Ein gutes Essen und ein längeres Fachsimpeln mit Gottfried Heller. Was ist für Sie die beste deutsche Aktie?, frage ich den Börsen-Altmeister. Die beste Aktie im Sinne von solide, zuverlässig, ertragsstark. Ein Papier ohne Überraschung, jedenfalls nach unten. Wenn man sein Vermögen also in nur einen Wert investieren dürfte. Welcher wäre das?
Stock: Wir können ja unsere beiden Lieblinge vergleichen.
Heller: Einverstanden, aber eigentlich bin ich kein Freund von nur einem einzigen Aktienwert. Für jeden Anleger sollte Asset Allocation, also eine intelligente Risikostreuung, im Vordergrund stehen.
Stock: Richtig, so sollte es sein. Aber sehen wir es spielerisch, gehen wir auf die Suche nach dem großen Aktienstar. Vielleicht fangen wir von hinten an, im Ausschlussverfahren. Banken, beispielsweise, mag ich gar nicht. Da findet in meinen Augen keine echte Wertschöpfung statt.
Heller: So streng würde ich das nicht sehen. Aber auch mir gefallen Banken nicht besonders. Die haben in den letzten Jahren ihr Geschäftsmodell ausgereizt.
Stock: Und Versicherungen?
Heller: So ähnlich, nicht ganz so arg wie Banken, aber nicht meine Favoriten.
Stock: Auch mag ich keine Branchen, die für externen Schocks anfällig sind. Lufthansa, ein ganz formidables Unternehmen, aber wenn da die Stewardessen drei Tage streiken, geht der Aktienkurs in den Keller.
Heller: Ja, und denken Sie an die Abhängigkeit vom Ölpreis. Ich habe früher PanAm gehabt, die gibt es ja nicht mehr. Mit Luftfahrt habe ich eigentlich nie gut verdient. Lieber Doktor Stock, ich frage Sie, was halten Sie denn von Autobauern?
Stock: Schon interessant, gerade in Deutschland, für meinen Geschmack jedoch zu zyklisch. Aber, lieber Herr Heller, ich habe das Gefühl, wir nähern uns so langsam der besten Aktie.
Heller: Technologieaktien mag ich nicht. Das Innovationstempo ist heute so hoch, eine falsche Entscheidung, ein falsches Modell, und der ganze Laden kommt ins Trudeln. Denken Sie an Nokia, an RIM mit dem BlackBerry.
Stock: Einverstanden. Auch mag ich keine Aktien, wo die Politik zu viel reinquasselt. Versorger, beispielsweise, die sind doch von der Energiewende kalt erwischt worden.
Heller: Eigentlich gehören Versorger in jedes Depot. Nach Energie ist Nachfrage ja immer vorhanden, aber im Augenblick müssen sie ihr Geschäftsmodell anpassen.
Stock: Chemie?
Heller: Ja natürlich, BASF, Bayer, da sind wir Deutschen ziemlich stark. Chemie sehe ich als wichtige Beimischung jedes vernünftigen Depots, nicht unbedingt als die eine wichtigste Aktie.
Stock: Und Konsum?
Heller: Konsumiert wird immer. Food-Aktien, ich habe da einen absoluten Favoriten, aber nicht aus Deutschland. Da müssen wir in die Schweiz gehen. Nestlé. Ein großartiger Wert.
Stock: Aha, auch das ist mein Lieblingswert.
Heller: Nestlé hat eindrucksvoll diversifiziert. Das Unternehmen hat praktisch den Weltmarkt erobert. Regional klug diversifiziert und auch bei den Produkten.
Stock: Die haben Perrier gekauft, Maggi.
Heller: Nestlé hat nur Premuim-Marken hinzugenommen, eine Wachstumsstrategie mit starken Marken. Die Kennziffern sind gut. KGV um die 15, das ist günstig für eine Wachstumsaktie, Dividendenrendite bei fast 4 Prozent.
Stock: Nestlé hat ein vorzügliches Management. Helmut Maucher, der Nestlé in den letzten Jahrzehnten groß gemacht hat, ist ein erstklassiger Mann. Ich war bei ihm im Headquarter in Vevey und auch bei ihm zuhause im Taunus. Der wohl beste deutsche Manager der letzten Jahre. Ich finde das wichtig, ein Anleger sollte das Management kennen und ihm vertrauen.
Heller: Maucher ist ein Allgäuer, ganz bodenständig. Noch etwas. Ich empfinde den Euro zunehmend als Fremdkörper in diesem sehr divergierenden Europa, wo Norden und Süden wirtschaftlich einfach nicht zusammen passen. Ich rate dem Anleger in diesen Tagen zu einem Depot mit internationalen Werten, um der Euro-Fragilität zu entgehen. Auch das spricht für Nestlé, das ja in Schweizer Franken gelistet ist.
Stock: Dann sind wir uns einig. Nestlé, die beste Aktie weit und breit. Nicht deutsch, aber uns doch ziemlich nah.
apple
Habe einen Bekannten, der mir sagte: „Hätte ich in meinem Leben doch nur eine einzige Aktie angefasst! Die hätte mich richtig reich gemacht: Royal Dutch.“ (Rohstoffe wie Mineralöl vergessen?)