In Mexiko stosse ich auf einen deutschen Schriftsteller. Als ich in den Buchladen bei mir um die Ecke gehe, fällt dieser Schriftsteller direkt ins Auge. B. Traven. Auch wenn in der Buchhandlung nicht allzu viele Bücher vorhanden sind, so ist doch dieser B. Traven sichtbar, und das mit gleich mehreren Werken.
Ich habe mir dann El Tesoro de Sierra Madre gekauft und nachdem ich diesen Der Schatz der Sierra Madre gelesen habe, ahne ich, warum die Verehrung für diesen deutschen Autor in Mexiko so gewaltig ist.
Traven pflegt einen klaren, unprätentiösen Stil, ganz ohne Schnörkel. Inhaltlich stellt sich Traven in seinen Werken auf die Seite des einfachen Menschen und er hegt eine fast mystische Verehrung für die Ureinwohner Mexikos und ihre Nachfahren. Travens Helden sind stets die Unterlegenen, die Benachteiligten, sie sind Ausgestoßene und Außenseiter eines brutalen, ausbeuterischen Systems.
Dobbs hatte nichts. Man darf ruhig sagen, er hatte weniger als nichts, weil er nicht einmal ganze und vollständige Kleidung hatte, die unter beschränkten Verhältnissen als ein bescheidenes Anfangskapital angesehen werden darf.
Dieser Fred C. Dobbs aus Der Schatz der Sierra Madre, einem spannenden Roman, den B. Traven 1927 schrieb, ist so eine typische Traven-Figur. Ein der amerikanischen Depression entlaufener Verzweifelter, der – wie der Autor selbst – auf der Suche nach dem besseren Leben nach Mexiko kommt. Hier hält Dobbs sich dann mit Bettelei und Gelegenheitsarbeit über Wasser.
Vielleicht liegt in dieser Spiegelung der Depressionsjahre eine Erklärung, weshalb Travens Romane in den USA erst sehr spät den gebührenden Erfolg erlangen. Das Manuskript zu Der Schatz der Sierra Madre war von einem Verlag zunächst abgelehnt worden mit der verblüffenden Begründung, es käme keine Frau in der Story vor, und ohne Frauen könne eine Geschichte halt nicht funktionieren.
So dämlich diese Darlegung auch war, sie enthält zumindest ein Körnchen Wahrheit. Denn in der Tat sind manche Szenen von Travens Romanen seltsam hölzern, sein Stil oft ohne Kraft, einige Charaktere blutleer und die Liebesszenen sind rar. Humor schimmert nirgends durch und das Leben scheint ein ewiger Kampf – und überhaupt, die Zeiten sind hart und die Zukunft eh nicht besser.
Auch über Der Schatz der Sierra Madre, den Jugendliche als packenden Abenteuerroman lesen können, hängt diese dunkle Trostlosigkeit und die Niedergeschlagenheit der amerikanischen Depressionsjahre. Aber vielleicht ist es gerade diese Mischung aus exotischem Abenteurer und dieser grobe, aber doch aufrichtige Realismus, der Travens Erfolg ausmacht. Millionen Menschen weltweit verschlingen seine Werke, Traven ist in über 30 Sprachen übersetzt, seine Gesamtauflage übersteigt 35 Millionen Exemplare.
Dieser geheimnisumwitterte Autor B. Traven stirbt am 26. März 1969 in seinem Haus an der Calle Rio Mississippi 61 in Mexico City im Alter von wahrscheinlich 86 Jahren. Der damalige mexikanische Präsident Gustavo Díaz Ordaz schreibt in der Kondolenz an die Witwe: Wenige Schriftsteller sind so sehr in die Seele der Mexikaner eingedrungen und haben so einfühlsam über unser Vaterland und unser Volk geschrieben wie B. Traven. Hier hat der Präsident recht: Aus dem Deutschen B. Traven ist ein Mexikaner geworden. Er ist zum Land gekommen, und das Land zu ihm.
T. Lohmeyer
Eine schöne Geschichte. Mir war das nicht bewußt, dass B. Traven in Mexiko solch eine Reputation besitzt. Dies wäre doch eine gute Gelegenheit, ihn hier in Deutschland wieder zu entdecken. Auch an den Schulen.