Notizen und Anmerkungen von unterwegs

Wie wird das Jahr 2012?

Befinden wir uns mitten in der Krise? Oder erst am Anfang? Oder haben wir das Schlimmste schon hinter uns?

Das sind Fragen, die die Menschen in Deutschland zu Beginn dieses Jahres 2012 bewegen. Wie wird dieses 2012 werden? Hier der Versuch eines makroökonomischen Ausblicks in sechs Thesen:

1. Der Euroraum schlittert in die Rezession

Europa steckt mitten in einem Umbruch. Die Party ist vorbei: Ungedeckte Ausgaben werden zurückgedreht, Steuern und Abgaben werden erhöht. Griechenland, Spanien und Italien haben sich – nolens volens – harten Austeritätsprogrammen unterworfen. Die starken Volkswirtschaften des Kontinents versuchen die Meisterung der Schuldenkrise durch sanftere Anpassung.

Die Sparpolitik der Staaten führt Europa zwangsläufig in eine Rezession. Da im Euroraum intern keine Abwertung der Währung möglich ist, scheint eine zumindest zyklische Rezession für alle unabwendbar. Eigentlich ist eine solche Rezession sogar heilsam, weil sie Kaufkraft, Lohnniveau und Anspruch auf ein wettbewerbsfähiges Niveau zurückführt.

Auf Europa wartet noch ein anderes Problem: Einlagen in europäische Geldhäuser werden abgezogen, die großen Fonds ziehen sich aus Europa zurück und investieren woanders. Die schwindende Liquidität der Banken und damit die Refinanzierung privater wie öffentliche Vorhaben wird zum Engpass.

2. Die Strukturreformen schmerzen

Jahrzehntelang war Europa von Erfolg verwöhnt. Doch Erfolg macht träge. Die Restrukturierung und die Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit sind schmerzvoll. Sie gehen einher mit einer Absenkung der Binnennachfrage in den Schuldenländer, Reallohnverlusten, steigender Ungleichheit, harten Verteilungskämpfen und Protesten.

Doch je länger man die Krankheit ignoriert, desto bitterer wird die Medizin. Notoperationen à la Griechenland inklusive.

3. Deutschland – der Primus in einer Problemklasse

Deutschland hat – übrigens unter einem Kanzler Gerhard Schröder – früh einige Hausaufgaben angepackt. Maßvolle Lohnsteigerungen, damit Senkung der Lohnstückkosten, Rente mit 67 oder Hartz I bis IV haben Wirtschaft und Staat mehr Spielraum ermöglicht.

Aber es bleibt noch viel zu tun. Die Haushalte sind immer noch schief, die Pensionsansprüche des öffentlichen Dienstes ungedeckt, Bildung unterfinanziert, die Wirtschaft ist überreguliert, die Staatsquote bleibt zu hoch.

4. Der Politik braucht eine glückliche Hand

Finanzkrise reloaded. Es gibt keine Blaupause für diese Krise. Den Solvenzproblemen der Haushaltssünder mit noch mehr Krediten und weiterer Liquidität zu begegnen, bleibt fragwürdig. Man gibt dem Alkoholiker ja auch nicht mehr Schnaps. Dabei gibt es für einen Säufer drei Möglichkeiten: Weitersaufen, langsame Entwöhnung und radikale Abstinenz.

Die Wirtschaftspolitik in Deutschland hat sich richtigerweise für langsame Entwöhnung entschieden. Nötig sind nun Massnahmen, die eine kluge Balance zwischen Haushaltskonsolidierung und Wachstumsimpulsen finden. Einerseits muss gespart werden, andererseits sollen die Volkswirtschaften nicht in eine jahrelange Rezession oder Depression abgewürgt werden. Zugleich Sparen und Wachsen ist möglich. Doch dazu braucht es Sachverstand und Mut.

5. Nur Asien boomt

Die Weltwirtschaft hat aus den USA keine Hilfe zu erwarten. In den Staaten ist man politisch blockiert und stagniert wirtschaftlich. Trotz bescheidener Bilanz wird Obama wiedergewählt, wegen mangelnder Alternative.

Auch China schwächelt. Die Regierung ist bemüht, aus der Immobilienblase nur langsam die Luft entweichen zu lassen. Auch sonst sorgt man dafür, dass die Märkte nicht zu heiß laufen.

Alles in allem boomt Asien weiter, weil es die Nachfrage einer wachsenden Mittelschicht bedienen kann und erfolgreich in hochwertige Konsum- und Investitionsgüter diversifiziert hat. In fünf Jahren werden chinesische Autos auch auf Europas Strassen eine Selbstverständlichkeit sein.

Die anderen Schwellenländer, insbesondere jene Lateinamerikas, werden unter fallenden Rohstoffpreise durch die Rezession in Europa leiden. Insgesamt kühlt sich die Weltwirtschaft ab.

6. Spanien wird Europameister

Nicht in der Wirtschaft. No, Señor. Ökonomisch hat das Land einen langen Weg vor sich. Nein, nein, Europameister im Fussball. Am 1. Juli in Kiew.

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What the Hell is a „Backpoint“?

  1. apple

    Nostradamus 2.0 😉

  2. apple

    Schließe mich dem vorhergehenden Kommentar an. 🙂

    Dr. Stock würde, außer Spanien, nur noch den FC Byaern München als Europameister akzeptieren!

  3. W. Königs

    1 bis 5: weiß ich nicht. Kann sein, dass Sie recht haben.
    Nummer 6: Da haben Sie nicht recht. Europameister wird eine Mannschaft: Schland.

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