Berlin, im Februar 2012
Beim aufmerksamen Gang durch die Stadt fällt eines auf. An vielen Ecken wird die DDR verhätschelt und verniedlicht. Anstatt sich mit der Diktatur der SED auseinanderzusetzen, ziehen viele Menschen es vor, die kommunistische Willkür als eine mehr oder weniger knuffige und drollige Fussnote der deutschen Geschichte zu verharmlosen.
Vor dem Brandenburger Tor stehen Komparsen in DDR-Uniform, die Touristen für zwei Euro eins auf die Mütze geben. Auf den Flohmärkten findet man hübsche Orden und bunte Epauletten kommunistischer Provenienz, in den Buchhandlungen stehen die Werke mit den Spruchbeuteln der Ideologen, ganz so, als würde man über das antike Griechenland reden.
In der Ecke eines Geschäftes wurde ein alter Trabi hingestellt, in den man sich setzten darf, um heiter klassenloses Autofahren zu spielen und im Souvenirladen steht Oberdenker Karl als Pappkamerad oder Gipsbüste. Karl Marx. Gips. 21 Euro.
Diese Geschichtsklitterung ist gefährlich: Aus einem Unrechtsstaat macht man ein schnuckeliges Puppenhäuschen. Aus Häschern und Halunken macht man ideologisch Verirrte und politische Banausen. Also sympathische Zeitgenossen, im Grunde.
Nett und possierlich, diese DDR, irgendwie urdeutsch und dann aber doch recht exotisch, ein Scherz der Geschichte und eigentlich war ja auch nicht alles schlecht. Diese Verniedlichung des Arbeiter- und Bauernstaates geht an der historischen Realität vorbei. Denn die DDR bedeutete Unfreiheit, Entbehrung, Armut, Stasi und Knast. Die Berliner Mauer war kein Gartenzaun, der Nachbarn trennte, sondern die Grenze zwischen Freiheit und Knechtschaft, zwischen Leben und Tod.
Diese Verniedlichung, im öffentlichen Leben von der Partei Die Linke artikuliert, bleibt ein Bluff: Irgendwann heißt es dann, eine putzige Zeit damals,wir hatten doch auch eine Menge Spass. Elend und Leid geraten in Verdrängung, man sieht die Chose mit dem realen Sozialismus locker und je weiter man sich von ihm mit den Jahren entfernt, desto niedlicher wird er.
So schleichen sich dann Ammenmärchen über die DDR ins Bewußtsein. Die DDR sei doch eine gute Idee gewesen, na ja, vielleicht ein wenig schlecht umgesetzt. Also, liebe Leute, von mir aus, ein interessantes Experiment, dieser Kommunismus. Aber statt am Menschen hätte man ihn erst an Mäusen ausprobieren sollen.
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