Die Mexikaner haben vor einigen Wochen einen neuen Präsidenten gewählt und, kurzes Gedächtnis, wieder einen aufgeblasenen Populisten von der PRI. Wobei diese PRI ein ziemlich korrupter Haufen war, der jedoch merkwürdigerweise auch oppositionelle Stimmen zuließ. Eine davon war die Tageszeitung unomásuno.

Diese Tageszeitung unomásuno ist eine prächtige Publikation in Mexiko. So war das jedenfalls vor 30 Jahren. Als ich in Mexiko City lebte, gehörte sie zu meiner Tageslektüre. Neben dem Excélsior, den Novedades und El Dia. Ich habe das Blatt verschlungen, denn es war informativ, intelligent und profund. Die Meinungsfreude bei unomásuno zeigte sich stärker ausgeprägt als gemeinhin in der mexikanischen Presse.

Dieses unomásuno meint Eins-und-Eins. Das bezog sich auf die Einheit von Leser und Zeitung. Im politischen Spektrum Mexikos stand die Zeitung links. Sie wurde häufig von der akademischen Elite, von den Studenten an der UNAM und den Intellektuellen gelesen. Das mediale System in Mexiko war fein austariert und unomásuno hielt der desolaten Staatspartei PRI so die linke Flanke frei.

Manuel Becerra Acosta hatte das Blatt 1977 gegründet, als ehemalige Excélsior-Journalisten von einem neuen kritischen Journalismus träumten. Viele herausragende Schreiber publizierten in dieser neuen Zeitung: Adolfo Gilly, Carlos Monsiváis oder Alain Derbez,

Mit der Pressefreiheit war das damals so eine Sache in Mexiko. Auf dem Papier stand sie, ob sie sich auch auf dem Zeitungspapier wiederfand, darf bezweifelt werden. Denn aufgrund der Größe des Landes lassen sich Zeitungen, sollen sie in jeden Winkel gebracht werden, nur sehr teuer vertreiben. Die Objekte sind deshalb von lukrativen Anzeigenaufträgen abhängig. Und dieses Werbebudget weiß der allmächtige Staat und seine Staatswirtschaft wohlfeil zu lenken.

Auf solche Mechanismen bezog sich Mario Vargas Llosa als er 1990 meinte, Mexiko sei eine perfekte Diktatur. Weil die sozialdemokratische Staatspartei PRI, die das Land 71 lange Jahre ununterbrochen regierte, ganz lautlose Disziplinierungsinstrumente aufgebaut hatte. Andere sagten, in einem hübschen Wortspiel, Mexiko sei eine weiche Diktatur. Nicht Dicta-dura, sondern Dicta-blanda.

Wie auch immer, am allmächtigen Staat kam keiner vorbei. Und über die Anzeigenbudgets regelte er Leben und Exitus von Zeitungen und Zeitschriften. Damals, Anfang der 1980er Jahre, war das Pressewesen in Mexiko hoch entwickelt. Vom Excélsior, der führenden Tageszeitung, gab es drei verschiedene Ausgaben am Tag: Morgens eine voluminöse, Mittags eine dünne Mittagsausgabe und dann noch eine Abendausgabe.

Heute ist unomásuno nur noch ein buntes Revolverblättchen. Verlegerisch und politisch. In die Belanglosigkeit abgedriftet. Übrigens, um Vargas Llosa abzuwandeln, Mexiko hat sich, nachdem die PRI im Jahr 2000 die Macht verloren hatte, von einer perfekten Diktatur in eine imperfekte Demokratie verwandelt. Leider haben die beiden bürgerlichen Präsidenten des konservativen PAN nicht vermocht, das Land in die richtige Richtung zu lenken. Nun darf der PRI wieder ran. Der Mann heißt übrigens Enrique Peña Nieto.

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