NewsweeekFinaleDas Jahr neigt sich dem Ende zu, Deutschland wird in Schnee gepudert, der Januar steht vor der Tür. Wie wird dieses Jahr 2013 im Medienbereich aussehen?

Hier zwölf Prognosen, speziell für die Printmedien, nicht wissenschaftlich und auch nicht belegt und belastbar, sondern eine Momentaufnahme aus 30 Jahren Printerfahrung heraus.

1. Der Wandel ist rasend schnell. Wo man früher für die Etablierung eines neuen Titels oder gar Mediums Jahre kalkulierte, bleiben nun Wochen und Monate. Nicht nur die Zeit rast davon, auch die Sicherheit. Was heute als Wahrheit gilt, kann morgen schon wieder falsch sein.

2. Der Wettbewerb ist beinhart. Nicht nur mit Apple, Google oder Facebook. Das sind die Cleveren, die im Internet wirklich Geld verdienen, es sind nicht die Verlage. Die würden es gerne sein. Eigentlich geht es in diesem Wettbewerb weniger um Geld, sondern um die Aufmerksamkeit und um die Zeit des Kunden. Und da sehen wir gegen Facebook & Co. ziemlich alt aus.

3. Umbruch, nicht Abbruch. Die Medienbranche befindet sich mitten drin in einem historischen Strukturwandel, der im neuen Jahr noch an Geschwindigkeit zunehmen wird. Besonders die Tageszeitung leiden: das eine oder andere Objekt wird über die Wupper (oder die Spree) gehen, die gesamte Branche ist verunsichert. Doch Bücher, Zeitungen und Zeitschriften werden nicht verschwinden, sie werden nur anders.

4. Die Anzeigen sind weg. Oder besser: Die Anzeigen sind woanders, und Rubrikanzeigen und Stellenbörse kommen nicht wieder zurück zu Zeitungen und Zeitschriften. Die Markenwerbung wird folgen. Das Internet ist stärker, seine Meßbarkeit zieht die Print-Werbeerlöse ab.

5. Seitensprünge. Der Leser hat sein Sozial- und Leseverhalten spürbar verändert. Die Mediennutzung wird sporadischer und sprunghafter. Treue über Jahre und Jahrzehnte, tempi passati. Dies müssen Wetten, dass…, Der Spiegel und die Tageszeitungen leidvoll erfahren.

6. Technology is King. Nicht mehr Content ist King. Da Nachrichten und Informationen – durch das unendliche Internet – kein Engpass mehr sind, setzt sich der Wertverfall von Content fort. Technologie – und nicht Inhalte – ist der neue Treiber des medialen Fortschritts.

7. Verlage als Netzwerker. Vernetzung ist die neue verlegerische Aufgabe. Der Produzent mit dem Kunden, der Lieferant mit dem Empfänger, der Debitor mit dem Kreditor, der Verlag mit dem Leser. Ein gegenseitiger Austausch. Marketing und Vertrieb als Community-Sharring.

8. Niemand hat die Absicht eine Mauer zu bauen. Viele Verlage errichten Paywalls vor ihre Online-Auftritte. Keine Strategie, sondern ein Akt der Verzweiflung. Das Ergebnis: Der Traffic bricht ein, für Anzeigenkunden wird das Angebot unattraktiv. Eine Zwickmühle. Prognose: Das Paid Content der Verlage wird scheitern.

9. Herkömmliche Verlagsstrukturen gehen verloren. Der Kostenapparat steht auf dem Prüfstand. Es werden merkwürdige Fragen gestellt, wie diese: Wie kann es sein, dass Objekte mit 10.000 Auflage sich rentieren, ein Wochenmagazin aber, das 1,4 Millionen Exemplare verkauft, eingestellt wird. Auslagerung, Automatisierung und Aggregation von Inhalten gewinnen an Bedeutung.

10. Mehr, kleiner und bunter. Die Medienlandschaft fragmentiert sich weiter. Mehr Titel, kleinere Auflagen. Amateure, Spezialisten, Liebhaber und Dilettanten, Eigenverleger, Stifter und Spender. Die Verlegerwelt wird bunter.

11. Special vor General. Weniger General Interest (hohe Auflagen), mehr Special Interest (niedrige Auflagen). Nur Spezialisten (Verlage und Journalisten) überlebt. Nischenstrategien mit kleinen maßgeschneiderten und personalisierten Angeboten. Spezialisierung in Inhalt oder Technik – oder beides.

12. Die vierte Gewalt wackelt. Der Journalismus beugt sich dem Markt. Absolventen biegen ab in Seitenwege – PR, Corporate Publishing, Online. Freie Journalisten bilden nicht mehr die Ausnahme, sondern die Regel.

Fazit: Der Umbruch entpuppt sich als epochal. Für ihn existiert keine Blaupause. Einfache Lösung sind nicht in Sicht. Permanente Anpassung bleibt gefragt, plus hohe Flexibilität. Für Verlage und Journalisten. Das Ziel? – im Nebel. Der Weg? – steinig. Doch die Herausforderung ist auch spannend. Und: Wir werden den Wandel schaffen, wenn wir so innovativ und kreativ sind wie die neuen Wettbewerber. Das ist der Maßstab. Nichts anderes.

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