Eine Stunde mit Norman Pearlstine, zusammen mit anderen Verlegerkollegen. Norman Pearlstine gilt als einer der großen amerikanischen Journalisten. Ein Mann von Statur und Einfluss, einer der Einflussreichsten seiner Zunft.
Norman arbeitet als erster Journalist des Hauses Bloomberg, der hübsche Titel Chief Content Officer schmückt ihn. Sein Ressort umfasst alles, was mit Wachstum zu tun hat: TV, Radio, neue Magazine, Online-Produkte. Und er hält Michael Bloomberg den Rücken frei, damit dieser New York vernünftig regieren kann.
Norman Pearlstine kann auf eine beeindruckende Karriere zurückblicken. Das Wall Street Journal Europe aufgebaut. SmartMoney gegründet, er war viele Jahre lang Chefredakteur des größten Nachrichtenmagazins der Welt, der TIME.
Bloomberg selbst ist ein beeindruckendes Verlagshaus von 11.000 Angestellten und 2.200 Redakteuren, das sein Geld mit hochpreisigen Börsen-Terminals verdient. Jeder Broker braucht ein solches, und keines ist so ausgereift, wie das aus diesem Haus. 300.000 Bloomberg-Terminals stehen weltweit und jeder Nutzer muss um die 20.000 Dollar Benutzungsgebühr pro Jahr zahlen. Über 6 Milliarden Erlös werden quasi automatisch in die Kassen gespült, eine Vorfinanzierung der feinen Art. Und ein Geschäft mit traumhaften Renditen.
Umso mehr hat verwundert, dass Michael Bloomberg das fußlahme Wirtschaftsblatt BusinessWeek gekauft hat. Vielleicht wäre besser gesagt, er hat BusinessWeek von der Resterampe geholt. Ein Kaufpreis zwischen 2 und 4 Millionen Dollar wird kolportiert, also mehr oder weniger nachgeschmissen.
Norman Pearlstines Aufgabe ist nun, das renommierte, aber betriebswirtschaftlich trostlose BusinessWeek in den hellen Bloomberg-Kosmos zu integrieren. Was sind seine Pläne? Er zweifelt, ob eine Zusammenlegung beider Marken als eine Art Bloomberg’s BusinessWeek Sinn macht, letztlich hat man sich doch dazu entschlossen.
Die Herausforderung wird sein, BusinessWeek zu revitalisieren und journalistisch zu profilieren. Kostenersparnis findet sich schon im Bereich der Back Office. Die Perspektive scheint verlockend: Bietet das Wochenmagazin der Bloomberg-Gruppe doch erstmals die Möglichkeit die mittlere und obere Management-Ebene in den Staaten und weltweit zu erreichen. Ein Umstand, der dann auch dem lukrativen Terminal-Geschäft zu Gute kommen könnte.
Norman Pearlstine ist ein großer Freund Deutschlands. Er fungiert als Präsident der American Academy in Berlin, die sich dem politischen und kulturellen Austausch zwischen den USA und Germany – auf hohem Niveau – verpflichtet hat. Trotz aller Erfolge bleibt Norman ein offener und neugieriger Zeitgenosse.
Ob es bald, so fragt er, vernünftige Tranlsation Maschines geben könne? Ich bin skeptisch. Ein Goethe-Gedicht wird niemals ein Computer übersetzen können, sage ich. Mir würde es schon genügen, erwidert Norman Pearlstine trocken, die Überschrift eines Bloomberg-Artikels übersetzt zu bekommen.
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