Print macht fette Beutel

Print macht fette Beutel

Oha, wie laut hat so mancher die Totenmesse für Print schon gelesen. Print sei zwar noch nicht tot, aber es müffele doch schon gewaltig. Das Internet sei schneller, billiger, besser. Wer, zum Teufel, brauche da noch die Holzindustrie?

Aber, wer wache Augen hat und gute Ohren, der merkt, es rückt sich etwas zurecht. Dutzende von neuen Zeitschriften werden gegründet, Fachzeitschriften und Special Interest, nahe am Kunden, halten wacker ihre Auflage. Marktsegmente wie Wohn- und Food-Zeitschriften oder Gesundheits-Magazine können gar schöne Zuwächse ausweisen. Und die Kunden sind bereit für ihre Magazine mehr zu zahlen. Verleger merken, mit Print kann man noch verdammt viel Geld verdienen.

Gleichzeitig beobachten wir eine Entzauberung von verlegerischem Digital. Mit Online-Journalismus lässt sich nach wie vor kein Geschäftsmodell zimmern, E-Books kommen auf einmal an Wachstumsgrenzen, die Tablet-Träume bei Zeitschriften sind zerstoben, der Journalismus im Internet versetzt uns oft genug nicht in Entzückung sondern in Sensationsrausch. Von Augmented Reality, QR-Codes und E-Magazines, vor Jahren als Heilsbringer gepriesen, ist noch keiner reich geworden, im Gegenteil.

Und das Internet wirkt nicht als Disruption, die alles nieder macht, sondern zunächst nur als ein zusätzlicher Konkurrent. Change beschreibt kein Mantra und erst recht kein Mysterium, sondern ist eine Managementaufgabe, anspruchsvoll, aber alles in allem machbar.

Wer in der Medienindustrie den rein digitalen Weg gegangen ist, der steckt heute in der Sackgasse oder ist vom Markt verschwunden. Digital stagniert, Print kommt wieder. Man sieht wieder Leute Bücher lesen und in Zeitschriften blättern. Wir müssen also nicht Abschied nehmen von Print. Wer so denkt, der vergibt Chancen.

Etwas anderes passiert: Wir müssen nur Abschied nehmen von den Riesenauflagen vergangener Jahre. Der Markt wird nicht breiter, er wird tiefer und spitzer. Der neue Trend ist klar erkennbar. Bei engerem Markt werden die Zielgruppen genauer bedient.

Spitz statt breit, so heißt die neue Erfolgsformel, und das zieht ein teuer statt billig nach sich. Der Leser ist bereit, für seinen Nischentitel einen höheren Copy-Preis zu zahlen. Schwierig bleiben Massentitel mit unklarem Profil.

Darauf muss der Verleger sich einstellen. Nicht das Ableben von Print zu organisieren, sondern den kleiner werdenden Markt. Und da gibt es ein paar Wege: behutsame Preiserhöhungen, Sondervertriebswege, B2B, E-Commerce, Substanzverwertung, Ausland, E-Paper. Und auf der Kostenseite die Fixkosten auf die niedrigere Erlösschwelle einstellen.

Zeitschriften taugen nicht mehr als Schnelldreher im Supermarkt, sondern werden zum exquisiten Produkt im Delikatessengeschäft. Diesen Paradigmenwechsel müssen wir begreifen. Der Markt der Zeitschriften wird zwar kleiner, doch das Produkt wird erlesener. Das ist doch eine schöne Entwicklung!

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