Mit die besten Tage meines Lebens? Zwei Wochen an der Stanford University in Kalifornien.
Dort habe ich einen Sommerkurs belegt, eine Fortbildung für Manager im Medienbereich. Den Stanford Professional Publishing Course.
Was ich in Stanford gesehen, gehört und erlebt habe, das hat alles in den Schatten gestellt, was ich von europäischen Unis kenne. In Deutschland habe ich schon keine schlechte Universität absolvieren dürfen. Die RWTH Aachen liegt in der Rangliste der Exzellenz ziemlich oben in den Top Ten hierzulande.
Deutsche Universitäten sind gut. Seien wir genauer. Manche sind gut, viele sind guter Durchschnitt. Besonders in der Breite. Kein Ausreißer nach oben, keiner nach unten. In Deutschland ist von linker Seite tragischerweise immer ein Konflikt zwischen Spitzen- und Breitenbildung konstruiert worden. Künstlich geschaffen, wegen des Dogmas. Denn einen solchen Widerspruch gibt es nicht.
Die Eliteunis gefährden eine gute Breitenbildung nicht, im Gegenteil, sie sind eine
gefunden auf der Buchmesse, Frankfurt am Main im Oktober 2010; Photo by W. Stock
Anglizismus. Kein Wort bringt einen Deutschtümler so schnell auf die Palme wie dieses. Sprachpuristen und Kulturpessimisten klagen in den Talkshows und den Zeitungen ihr Leid: Die deutsche Sprache verkomme, sie falle unter die Räuber, das Deutsch werde verunstaltet, unsere Sprache werde von vielen Seiten mürbe gemacht.
Hässliche Anglizismen mogeln sich in unser Deutsch, dieser respektlose Jugendspeak obendrein, dazu simple Comic-Sprache, die SMS-Codes und weiß er Teufel noch was. All dies verhunze unsere saubere deutsche Sprache.
Vom Standpunkt eines Schiller/Goethe-Deutsch mag das bisweilen so aussehen. Aber wer redet schon so, wie Thomas Mann geschrieben hat? Und: Ist das Deutsch eines Heinrich Böll auch das Deutsch unseres Alltags von heute?
Tatsache bleibt, dass sich die deutsche Sprache mehr und mehr differenziert. Dies ist nicht weiter schlimm, denn solches ist ein Zeichen für Kraft und Lebendigkeit. Nur wer tot ist, verändert sich nicht.
Denn eine Sprache entfaltet und verändert sich im Alltagsgebrauch. Dazu kommt die sprachliche Globalisierung. Durch sie öffnet sich die deutsche Sprache anderen Sprachen. Welche Anglizismen sich dann
Rektor Professor Ernst Schmachtenberg, Dr. argenteus Wolfgang Stock; Aachen, im Juni 2010
Vor einem guten Jahr war ich mal wieder zu Besuch an meiner Alma Mater. Die RWTH Aachen lädt ein zum silbernen Doktorjubiläum. Bei solchen Anlässen merkt man, wie schnell die Zeit vergeht.
An diesem festlichen Abend erhält man vom Rektor nochmals die Doktor-Urkunde, diesmal in feines Silber gerahmt, und zusammen mit den anderen 80 ehemaligen Doctores des Jahrgangs 1984 wird gefeiert. Promotion in Aachen, man lässt eine tolle, längst versunkene Zeit Revue passieren.
Vor 25 Jahren sah die Bildungswelt in Deutschland noch ganz anders aus. Die RWTH Aachen, die Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule, heißt zwar immer noch so, denn die vier Versalien sind ein starkes Markenzeichen in akademischen Gefilden. Doch man kann in letzter Zeit auch vermehrt das internationale RWTH University of Technology erspähen.
Der Blick geht in die weite Welt, was erfreut. Doch auch nach innen erfolgte über die Zeit ein Paradigmenwechsel. Dem
Fern der Heimat erwartet mich an der Stanford University im kalifornischen Palo Alto eine faustdicke Überraschung. Die Leland Stanford Junior University, so ihr voller Name, führt ein deutsches Motto in ihrem Siegel. Die Luft der Freiheit weht, dieser Satz auf Deutsch steht deutlich über dem hohen Nadelbaum, der Palo Alto auch den Namen gibt.
Ist das schön! Die Luft der Freiheit weht geht zurück auf einen Ausspruch des Humanisten Ulrich von Hutten, der im 16. Jahrhundert ein Weggefährte des Erasmus von Rotterdam war. David Starr Jordan, der erste Präsident der Stanford Universität hat ihren Gründer, den Unternehmer und Politiker Leland Stanford, von dem Motto bereits kurz nach Gründung 1891 überzeugt.
Auch wenn die Übersetzung aus dem Lateinischen aus heutiger Sicht vielleicht mit Der Wind der Freiheit weht etwas gefälliger hätte ausfallen dürfen, so bleibt Die Luft der Freiheit weht doch ein betörender Wahlspruch.
Dass eine amerikanische Eliteuniversität ihn nutzt, adelt den deutschen Humanismus. Es zeigt, welchen Einfluß das Geistesleben Deutschlands und Preußens bei der Gründung der amerikanischen Hochschulen gehabt hat. Und es führt uns auch vor Augen, wie weit die Amerikaner uns in puncto Spitzenbildung heute abgehängt haben.
Die Luft der Freiheit weht. Ein deutscher Student würde wohl gelangweilt mit der Schulter zucken, für einen Stanford-Studenten jedoch ist dieses Motto gelebte Wirklichkeit. Dem Motto wohnt eine Verpflichtung inne. Es bedeutet Unabhängigkeit und Toleranz, es bürgt für die Freiheit von Lehre und Forschung, es meint, dass kein Ministerium in Curriculum und Berufungen hineinquatscht und es drückt aus, dass keine finanzielle Gängelung durch öffentliche Hände stattfindet.
Die Lehrveranstaltungen in Palo Alto spiegeln diesen freien Geist wider. In den Hörsälen und auf dem Campus werden Freiheit und Respekt vorgelebt. Eine Autonomie, aus der, wenn sie mit hoher Bildung zusammen kommt, eine ungeheure Kreativität erwächst. William Hewlett und David Packard, beide Stanfordianer, bringen in einer Holzgarage downtown ihre Computer-Firma Hewlett-Packard ins Leben. Die Kommilitonen David Filo und Jerry Yang gründen Yahoo. Larry Page und Sergey Brin entwickeln auf dem Campus die Suchmaschine Google und damit einen Weltkonzern. Andreas von Bechtolsheim begründet die Netzwerkfirma SUN, was vordergründig Sonne heißt, eigentlich aber auf die Abkürzung von Stanford University Network zurückgeht.
Ohne die Stanford Universität wäre das Silicon Valley nicht vorstellbar, sie ist Hirn – und wohl auch Herz – der kalifornischen Computer-Industrie. Die Stanford University zeigt, was alles möglich ist, wenn Freiheit regiert. Kreativität, Innovation, Erfolg. Wenn die Luft der Freiheit weht.
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