Zunächst ein kleines Geständnis: Früher, so vor zwanzig, dreißig Jahren, da mochte ich diesen Melvin Mel Tormé überhaupt nicht. Ich kannte ihn von Platten, habe ihn auch einmal live gesehen, und war stets so ziemlich unbeeindruckt.

Tormé kam mir, für den Jazz eher ein räudiger Strassenköter denn ein parfümierter Pudel ist, als ein sehr seltsamer Jazzsänger vor. In seinem Smoking, mit seiner Fliege und diesem albernen Einstecktüchlein. Tormé sang mir einfach zu affig, zu affektiert, zu sehr auf Effekt angelegt.

Da lag ich gehörig daneben! Welch ein gewaltiger Irrtum! Erst in den letzten Jahren habe ich wahr genommen, was für ein formidabler Sänger dieser Mel Tormé war. Vielleicht der beste nach Sinatra und Nat King Cole. Der Mann ist einfach Spitze. Tormé verfügt über eine technisch perfekte Intonation und über ein gutes, sicheres Swing-Gefühl.

Großartig ist seine Zusammenarbeit mit dem britisch-amerikanischen Pianisten George Shearing. Da sind zwei, die sich perfekt verstehen und traumwandlerisch harmonieren.

Shearing, mit seinem harschen aber swingenden Anschlag, bringt Tempo und Dynamik in die Performance. Tormé setzt seine Stimme fast wie ein Instrument ein, sagen wir, ein Tenorsaxophon. In der kleinen Combo kommt Mel Tormés Stimme voll zu Geltung, seine Stimmfarbe ist wunderbar, sehr weich, sehr angenehm.

Hören Sie mal diesen Anfang The way you look tonight. Da legt Shearing einfach los und geht ab wie eine Rakete. Da sind zwei, die Spass haben am Musizieren. Hier finden sich zwei Jazzer aus Leidenschaft.

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