Palo Ato/California, im Juli 2005
So manchen Vortrag habe ich mir während meines Berufslebens anhören dürfen. Den einen und anderen zudem ertragen müssen. Denn die Inhalte vieler Vorträge blieben belanglos und die Redner selbst langweilig, eintönig, ohne jeden Esprit.
Geht es darum, den besten Vortrag, den ich jemals erleben durfte, zu benennen, kommt mir einer rasch in den Sinn. The Art of the Start, eine Präsentation von Guy Kawasaki an der Stanford University im Sommer 2005.
Bei Kawasaki sieht man, was einen guten Redner ausmacht. Er redet nicht, er unterhält sich mit seinem Publikum. Dazu kommt inhaltliche Substanz, da erklärt jemand in einfachen Worten eine anspruchsvolle Strategie. Plus viel Leidenschaft. Hier scheint der richtige Mann zu sein, mit dem richtigen Thema, am richtigen Ort.
Guy Kawasaki ist ein lockerer Typ. Jeans, Polo-Shirt, jugendliche Erscheinung, verschmitztes Lächeln. Der US-Amerikaner japanischer Abstammung hat bei Apple 1984 das Marketing für den Macintosh betreut, bevor er Bücher schrieb und eigene Unternehmen gründete.
Heute arbeitet Guy Kawasaki als einflussreicher Venture Capitalist im Silicon Valley und als Vor- und Querdenker für Firmen aus der IT-Branche. Der Mann kann einfach und klar denken. Gut formulieren, persönlich überzeugen und seine Inhalte glaubwürdig präsentieren.
In Palo Alto besitzt Guy Kawasaki seine Firma Garage Technology Ventures, und vielleicht verrät der Name auch etwas über dieses Hemdsärmelige und Unprätentiöse, das diesen Mann und auch die ganze Region so auszeichnet.
Wenn Start-ups Geld von ihm haben wollen, interessieren ihn nicht Business Pläne, das Geld kommt bei ihm ganz zum Schluss. Er möchte vielmehr die Vision erfahren, er möchte wissen, ob das neue Produkt oder die neue Dienstleistung die Qualität unseres Lebens verbessert. Don’t make money, make meaning. Lauf dem Geld nicht hinterher. Das Geld kommt schon auf dich zu. Du musst deinem Tun nur Sinn geben.
Wer ein neues Produkt konzipiert, sollte zuerst an das Ziel denken: Increase the quality of life. Das kann im einzelnen bedeuten: Right a wrong oder Prevent the end of something good. Verbessere etwas schlechtes oder verhindere das Sterben von etwas gutem. Dies scheint mir eine sympathische Botschaft aufrechten Wirtschaften: Mach diese Welt ein Stück besser!
Solche Worte klingen für europäische Ohren vielleicht sehr amerikanisch, ein wenig simpel und blauäugig. Ist dies aber nicht die Einstellung, mit der Mark Zuckerberg sein facebook oder Larry Page und Sergey Brin ihr Google gegründet haben? Das alles fand übrigens nur einen Steinwurf von der Stanford University statt.
Dieser Bursche Guy Kawasaki verfügt über einen solchen Elan, dass man meint, hier stehe ein Mittdreißiger vor einem. Doch der Mann, der da lässig auf dem Pult hockt, ist vom Jahrgang 54. Deutschland mag er. I love your country, because I love cars. I’ve owned Porsches, BMW and Audis, lächelt er mich an.
Keine Frage, von diesem Kerl sollte man sich inspirieren lassen. Sein Blog How to change the World gehört zur Pflichtlektüre für kreative Köpfe. Ein sympathischer Philosoph der digitalen Welt, dieser Guy Kawasaki, ein Kalifornier durch und durch.
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