Stefan von Holtzbrinck, Wolfgang Stock;
Photo by Daniel Biskup

Wenn Journalisten die Verlagsgruppe von Holtzbrinck in Stuttgart anrufen und nach der Presseabteilung verlangen, stellt sich ein erstes Aha-Erlebnis ein. Denn in der Zentrale des 2,2 Milliarden Euro-Konzerns gibt es seit jeher weder eine Presse- noch eine PR-Abteilung.

Dies hat nichts damit zu tun, dass man etwas zu verbergen hätte oder sein Licht unter den Scheffel stellen will, vielmehr zieht es das Stuttgarter Medienhaus vor, in unaufgeregter Stille seinen Geschäften nachzugehen. Die schlanke Struktur der Holding macht obendrein ein strategisches Führungsprinzip deutlich, das Holtzbrinck mit Erfolg vorlebt: die Dezentralisation. Die Märkte sind lokal, die Geschäfte werden vor Ort gemacht.

Auch der Verleger Stefan von Holtzbrinck ist nicht unbedingt jemand, der vor jedes Mikrophon drängt. Ähnliches gilt auch für die Unternehmenskultur der Verlagsgruppe: kein Macho-Gehabe, keine Besäufnisse bis zum Abwinken, keine Presse-Hype wie andernorts. Stattdessen der gediegene und vornehme schwäbische Arbeitsethos: Fleiß im Alltag, Respekt im Umgang, edel in den Inhalten.

Die Verlagsgruppe hat sich nie für die schnelle Mark interessiert und nur in Hochqualität investiert. Bei den Holtzbrincks findet man keinen Boulevard, keine yellow press und auch keine Nackedeis. Stattdessen mit nature und Scientific American angesehene naturwissenschaftliche Periodika, die länger bestehen als zwei, drei Menschengenerationen.

Mit dem Frankfurter S. Fischer Verlag oder Rowohlt in Hamburg zählt der Olymp der Buchverlage zum Reich der Stuttgarter. Der New Yorker Verlag Farrar, Straus and Giroux, wo T.S. Eliot, Susan Sontag oder Jonathan Franzen erscheinen, gilt unter Literaten in etwa als das, was Brasilien für Fussball zählt. In Deutschland gehört Stefan von Holtzbrinck die Wochenzeitung Die Zeit, zusammen mit seinem älteren Bruder Dieter, der wiederum mit dem Handelsblatt und der WirtschaftsWoche die Notabeln der Wirtschaftspresse verlegt.

Stefan von Holtzbrinck hat in den letzten Jahren behutsam aber entschlossen den Verlag in Richtung Digital und International entwickelt. Online-Prachstücke wie Parship, My-Hammer oder zalando gehören ihm ganz oder teilweise. Mit Holtzbrinck Ventures hat die Verlagsgruppe über 100 start-ups finanziert. Und mit dem Londoner Traditionsverlag Macmillan und dem Thema Bildung deckt er die halbe Welt ab. Die Strategie in Stuttgarts Gänsheide ist stimmig, die Zahlen stimmen, was man – low profile – nicht auf jedem Jahrmarkt der Eitelkeit herausschreien muss.

Der hochgewachsene Stefan von Holtzbrinck – Jura und Germanistik in Tübingen, ein Doktor an der LMU in München – ist ein gebildeter und kosmopolitischer Verleger. Im persönlichen Umgang zeigt er sich offen, uneitel und mit einem feinen Humor ausgestattet. Als Citoyen setzt er sich für vielerlei Belange seiner Stadt Stuttgart ein. Ein junger Verleger, der zu den innovativsten und doch traditionsreichsten weit und breit gehört. Jung im Kopf, beim Geburtsdatum im Personalausweis wird’s langsam knifflig. An diesem 15. Mai vollendet Stefan von Holtzbrinck sein fünfzigstes Lebensjahr.

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