Photo by W. Stock

Caorle/Italien, im September 2009

Wir suchen in der farbenprächtigen Altstadt nach einem schönen Restaurant für das Abendessen. In der Trattoria De Mauri deute ich auf das runde, bunte Holzschild, das vom Kaminsims baumelt.

Hemingway? Fragend hebe ich meine Stimme. Ja, Hemingway, meint die wohl 60-jährige blondierte Inhaberin, er habe hier oft gegessen, mit seinem Freund, dem Baron Raimondo Franchetti, und mit dem Besitzer des Restaurants, Alessandro de Mauri.

Trattoria De Mauri – Dove Hemingway, Franchetti, de Mauri soggiornarono steht auf dem Schild. Wo Hemingway, Franchetti und de Mauri sich einfanden. Hier werde der Fisch noch zubereitet wie zu Hemingways Zeiten.

Wenn der amerikanische Schriftsteller und der italienische Baron von der Entenjagd in der Lagune nordöstlich von Caorle zurück gekehrt seien, dann hätten sie oft den Tag in de Mauris Fischrestaurant ausklingen lassen. Ernest Hemingway bei De Mauri.

De Mauri heißt das schmale Restaurant, ein unscheinbarer weißer Bau auf der pittoresken Piazza San Pio X in Caorles Altstadt. Was ist aus dem Baron geworden, frage ich neugierig. Die Bedienung schaut mich an, als käme ich geradewegs aus Dummdorf. Morto, schon lange morto, antwortet sie. Ich frage vorsorglich nicht, was aus Hemingway geworden ist.

Als ich abends einen anderen De Mauri hinter dem Tresen des Internet-Cafés treffe, denn auch das Internet-Café in Caorle gehört den De Mauris, da hört sich das Ganze freilich ein wenig anders an. Der junge Massimo de Mauri zuckt beim Stichwort Hemingway mit der Schulter. Vielleicht, ja, vielleicht waren die drei in der Trattoria, vielleicht aber auch nicht.

Mag sein, das ganze könnte auch eine Ente sein, Hemingway und diese Trattoria. Eine schöne Werbeidee, vielleicht. Denn viele Geschichten um Hemingway kriegen mit den Jahren Beine und laufen munter los. Aber, so weiß man, Hemingway war öfter in Caorle. Er liebte dieses Dorf. Und irgendwo muss er ja seine Pasta verdrückt haben.

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