Peking, den 15. Mai 2007

Eine offizielle Einladung zum Galadinner in die Große Halle des Volkes. Das ist das Herz der chinesischen Herrschaft, die Volkskongresshalle, ein Panoptikum des chinesischen Kommunismus. Hier finden die Parteitage der Kommunistischen Partei Chinas statt, der nationale Volkskongress, hier werden ausländische Gäste empfangen.

In dieser Great Hall of the People findet heute Abend der Höhepunkt des Verlegertreffens der FIPP statt. Eine Polizeieskorte hat die Strassen abgesperrt und bringt unsere Busse zur Halle. Eigentlich ist die Große Halle des Volkes für das Volk schwer zugänglich und wir sind in gespannter Erwartung.

Die Halle, 1958 erbaut, befindet sich an der Westseite des Tiananmen-Platzes. The Great Hall of the People ist ein im klassizistischen Stil errichteter Monumentalbau, wie er dem Diktatoren-Geschmack weltweit so entspricht.

Auf dem Tiananmen-Platz proklamierte Mao am 1. Oktober 1949 die Volksrepublik China, und hier wurden am 4. Juni 1989 mehr als 2.600 studentische Protestanten von Soldaten nieder gemetzelt. Tor des Himmlichen Friedens heißt das Ganze auch manchmal. In der Mitte des Platzes darf man das Mao-Mausoleum bewundern und zugleich eine merkwürdige Eigenart von Diktatoren: sich für die Nachwelt ausstopfen zu lassen.

Um in die Halle des Großen Volkes zu gelangen, schreitet man eine wuchtige Außentreppe hinauf und gleich hinter dem schwarzen Eingangsportal erfolgt eine gründliche Sicherheitskontrolle wie am Flughafen. Metallische Gegenstände werden in eine Plastikbox gelegt und der Mensch geht durch den Detektorbogen. Taschen verboten, Fotokamera verboten, Tonband verboten.

Das innere des Monumentalbaus überzeugt, wie bei Mussolini und Stalin, durch diktatorische Einschüchterungsarchitektur. Hohe Decken, wuchtige Säulen, breit gezogene Treppen, monumentale Räume. Hier haben Mao, Zhou, Deng und Genossen das Auf und Ab des Milliardenvolkes beschlossen und beschließen lassen.

Das Bankett findet in einem riesigen Saal an gesetzten Tischen statt. Die 900 Verleger werden an jeweils 12-Personen-Tischen rund um eine breite Bühne verteilt. Auf der Bühne das übliche Potpourie Chinas: ein bisschen Peking-Oper, ein wenig Pop-Schmalz und etwas Akrobatik. Anschließend Grussworte, so wie Grussworte halt zu sein pflegen. Eine zierliche, hübsche Dame, die man vor ein paar Stunden noch in TV sehen durfte, moderiert perfekt in Englisch und Mandarin.

Jeder Tisch hat seine eigene Bedienung. Nach und nach bringen die Kellner Spitzengerichte chinesischer Provenienz: Muschelsalat, Garnelen, Rindfleisch, Huhn, alles dargereicht mit feinen Variationen delikater Saucen. Dazu besten Wein von in- und auswärtigen Reben. Die Verlegerkollegen an meinem Tisch, aus USA, Indien, Korea und Indonesien waren angetan. Hübsch die Zahnstocher, eigens für die Great Hall of the People konfektioniert. Ich habe einige davon mitgehen lassen, ebenso wie die Speisekarte.

Das ist das einzige was ich mitgenommen habe. Nun ja, auch einige luzide Eindrücke zu Architektur und Politik natürlich.

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