Barcelona, im August 1978

Das sind die angenehmen Tage im Dasein eines Journalisten. Ich lebe ein halbes Jahr in Barcelona und nun gilt es, für deutsche und österreichische Zeitung Artikel zu schreiben. Politik, Wirtschaft, Kultur – sicher nötig und interessant, das ist das Schwarzbrot.

Der Fussball aber, das ist das warme Croissant zum kräftigen Morgenkaffee. Und ich mag warme Croissants.

Zunächst gehe ich zur Casa Masia und lasse mich akkreditieren. Das geht schnell und unkompliziert, weil im Jahr 1978 sonst kein deutschsprachiger Korrespondent beim FC Barcelona zu finden ist. Die Pressestelle vergibt die Akkreditierungsnummer 862. Mein blau-roter Presseausweis macht richtig was her.

Der einzige deutschsprachige Reporter vor Ort! Der Student hat sich sein Monopol geschaffen. Und viele Fussball-Nachrichten, die in jenen Tagen von Barcelona bis ins ferne Deutschland dringen, von der Nachrichtenagentur über das Handelsblatt bis zur BILD Zeitung, sind auf meinen Mist gewachsen. Und es gibt einiges zu berichten, der Ball ist bekanntlich rund, und das doch jeden Tag.

Der Trainer ist ein glückloser Belgier namens Lucien Muller, die Mannschaft allerdings zeigt sich hochkarätig besetzt. Den Mittelstürmer spielt der Wiener Hansi Krankl, im Mittelfeld zieht der Oranje-Blondschopf Johan Neeskens die Fäden und die Abwehr hält der umsichtige Olmo zusammen. Noch heute, fast 35 Jahre nach meiner Zeit in Barcelona, kann ich die Aufstellung von damals noch runterbeten: Artola im Tor, Abwehr Albadalejo, Migueli, Olmo, De la Cruz, Mittelfeld Heredia, Neeskens, Rexach, Angriff Carrasco, Krankl, Esteban. Damals noch im üblichen 4-3-3.

Im Club bin ich bald als der Deutsche bekannt. Damals ist der Fussball noch nicht dieses Kommerz-Spektakel und man sieht das Ganze ziemlich locker. Ich darf in die Katakomben des Stadions, in die Präsidentenloge, in den VIP-Raum. Auch kann ich ungezwungen mit den Spielern sprechen. Für einen 23-jährigen Studenten nicht schlecht.

Ein paar Monate bin ich ganz nahe dran. Da ich mich sprachlich mühe, begegnet man mir mit einer Mischung aus Neugier und Respekt. Mit dem Vize-Präsidenten Nicolas Casaus, dem großen alten Mann des FC Barcelona, spreche ich lange in seinem imposanten Büro, der andere Vizepräsident Joan Casals herzt mich nach einem Sieg wie einen alten Freund. Barcelona, das war damals ein großer Fussballverein, und er ist es heute noch. Visca el Barça! Hoch lebe der FC Barcelona!

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