Mexiko, in den 20er Jahre, gilt als das Land des großen Umbruchs. Die Bauernrevolte des Emiliano Zapata und des Pancho Villa hat nach blutigen Bürgerkriegsjahren gesiegt. Zusammen mit liberalen Bürgern gelingt es den Revolutionären, das korrupte System des Despoten Porfirio Diaz wegzufegen.
Es herrscht eine Aufbruchstimmung ähnlich jener der russischen Revolution – nur mit sehr viel mehr Sonnenschein. Das Land zieht Schwärmer an, Abenteurer und Idealisten, aber auch Flüchtlinge aus der ganzen Welt.
In Mexiko treffen sich Verfolgte des Stalin-Regimes, später die Opfer der Hitler-Diktatur, aber auch kritische Intellektuelle aus den USA und Europa. Ein Land, wie geschaffen für einen Menschen wie B. Traven.
Denn das Leben dieses B. Traven bleibt nach wie vor im Dunkeln. In seiner Erzählung Die Baumwollpflücker schreibt Traven, warum er Mexiko als idealen Fluchtort sieht: Mexiko ist ein Land, wo es als taktlos, beinahe als beleidigend gilt, jemanden nach Namen, Beruf, Woher und Wohin auszufragen.
Die Baumwollpflücker ist B. Travens erste Erzählung und als er sie nach Deutschland schickt, druckt sie 1925 die sozialdemokratische Parteizeitung Vorwärts als ihre Sommerserie in 22 Fortsetzungen ab. Später wird die Serie dann als Buch in der Büchergilde Gutenberg, dem Verlag der Buchdrucker-Gewerkschaft, erscheinen.
Dieses Werk Die Baumwollpflücker trägt autobiographische Züge: Gales, ein mittellos durch Mexiko trampender Gelegenheitsarbeiter, erzählt in Ich-Form seine Erlebnisse auf Baumwollplantagen, bei den Vieh-Treibern und in den Slums der Städte. Überall, wohin er kommt, das gleiche Elend: geschundene Kreaturen, unmenschliche Arbeitsbedingungen, ausgebeutete Arbeiter, Tagelöhner, die um ihren Lohn geprellt werden.
Die deutschen Leser, gerade die aus der Arbeiterschaft, sind in den unruhigen Zeiten zwischen beiden Weltkriegen angetan von den fernen mexikanischen Erzählungen wie Die Baumwollpflücker, Der Karren oder Die Brücke im Dschungel. Denn bei aller Verzweiflung erkennt man in Travens Schilderungen immer einen Funken Hoffnung.
In all dieser Exotik taucht immer wieder der Traum auf vom redlichen Leben, vom reinen, vom idealen Menschenbild. Traven zeichnet Menschen, die zwar gedemütigt, aber trotzdem aufrecht und mit Würde dem Schicksal die Stirn bieten.
Mexiko, das ist in der elenden Republik von Weimar Alltagsflucht und Sehnsucht zugleich. Es ist die exotische Projektion vieler sozialer Wunschbilder und wohl auch ein Stück Eskapismus aus der trostlosen Wirklichkeit von Hyperinflation und millionenfacher Arbeitslosigkeit in Deutschland. Das ist das wirkliche Leben, muchachos, schreibt B. Traven aus Mexiko, und wir sind mitten drin.
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