Im Morgengrauen des 2. Juli 1961, es ist ein Sonntag, beginnt der Tag in Ketchum still und hell. Leise schleicht sich Ernest Hemingway aus seinem Schlafzimmer, Mary schläft noch fest.
Hemingway geht hinunter in den Keller und holt aus dem Waffenschrank sein Lieblingsgewehr, geht wieder hoch in die Diele, nimmt die doppelläufige, in Silber eingelegte Jagdwaffe, lädt sie, setzt beide wuchtige Läufe der Schrotflinte an seine Stirn und drückt ab.
Es ist halb acht. Der Schuss zerreißt die Stille des Morgens im ganzen Tal.
Genau genommen war Ernest Hemingway schon vor dem 2. Juli ein toter Mann. Denn Hemingway besaß nicht mehr die Kraft, gegen sein Erlöschen anzukämpfen. Er konnte nicht mehr, er war am Ende angelangt. Als Kerl, als Ehemann und vor allem als Autor.
Er hatte alles geschrieben, was zu schreiben war: über den
Der Taxifahrer fährt uns die fünfzehn Kilometer aus Havanna heraus, Richtung Osten, wo das Fischerdorf Cojímar liegt. Ein saphirblauer Himmel, das türkishelle Meer und das strahlende Grün der Palmen heißen uns willkommen. Es ist tropisch schwül hier an der karibischen See, und na ja, die Menschen halten ziemlich lange Siesta.
Vor der menschenleeren Hafenpromenade fällt ein sechspfähliges Rondell aus hellem Stein mit einer lebensgroßen Büste ins Auge. Hier sonnt sich Ernest Hemingway.
Auf Betreiben des Schriftstellers Fernando Campoamor und mit Hilfe der Fischerkooperative von Cojímar wurde diese Büste, ein Werk des Bildhauers Boada, 1962 aufgestellt, lautet die Inschrift unter dem glänzenden Bronzestein. Ernest Hemingway, steht da, 1898 – 1961.
Hoppla, 1898, da lassen Cojímars Fischer ihren Don Ernesto allerdings ein Jahr zu früh auf die Welt kommen als in Wirklichkeit. Ein Jahr mehr. Es hätte ihn gefreut.
Des Dichters Blick zur unendlichen See ist durch die Meersalzerosion leicht getrübt. In der Nachbarschaft zum Rondell findet sich ein winziger Park. Ernest-Hemingway-Park, weist eine liebevoll angebrachte Widmung aus. Dem unsterblichen Autor von „Der alte Mann und das Meer“, eingeweiht am 21. Juli 1962, seinem 63. Geburtstag. In dankbarem Andenken. Die Bevölkerung von Cojímar.
An jener berühmtesten Erzählung Hemingways, dieser einfachen und ehrlichen Liebeserklärung an den Fischer und das Meer, ist nun wirklich alles kubanisch. Merkwürdigerweise nur ihr Autor nicht.
Doch für die Fischer von Cojímar ist der bärtige Gringo mit den khakifarbenen Bermudas und den verschwitzten Guayabera-Hemden längst einer der ihren. Und Hemingway hat all die Zuneigung, die er hier erfuhr, zurück gegeben. Er liebt dieses Dorf, die breite Strasse, die zum Meer führt, den kleinen Fischerhafen, die einfachen Leute. Hier ist er weit weg vom Dünkel und dem Hochmut der Intellektuellen, weit weg vom Verdruss und Selbstzweifel der Kollegen, hier in Cojímar herrscht die Bescheidenheit des Alltags, hier ist er weit weg von New York und Paris, die ihm irgendwie fremd geworden sind.
Viele Sequenzen des Spielfilms mit Spencer Tracy sind in Cojímar gedreht worden, erklärt ein alter Mann mit breitkrempigem Sombrero. Fünfundzwanzig Pesos haben sie damals als Komparsen bekommen, eine Menge Geld. Dafür habe Don Ernesto gesorgt. Die grandiosen Angelszenen wurden allerdings im peruanischen Cabo Blanco gedreht. Der Velador-Fisch, wie ihn Hollywood verlangte, ist vor Kubas Küste nicht anzutreffen.
Der ehemalige Statist führt uns zur Playa de Cachón, wo die pittoresken Boote der Marlin-Fischer im feinkörnigen Sand vor sich hindösen. Don Ernesto liebte dieses bescheidene und verschlafene Fischerdorf. Was ihn an Kuba so anzog, zählte er 1949 in der Holiday-Reportage The Great Blue River auf: Die kühle Meeresbrise an schwülen Tagen, die Hahnenkämpfe, die Mauereidechsen in seiner Laube, die achtzehn Mangofruchtarten im Garten, der Sportklub von San Francisco de Paula, wo er stundenlang auf Punchingbälle eindrosch, und natürlich das Angeln.
Und einen besseren Ort zum Fischen als die Küste vor Cojímar, so Ernest Hemingway, habe er auf der ganzen Welt nicht gefunden. Dieses kleine Dorf war seine große Liebe.
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Im doch tristen kommunistischen Alltag auf Kuba erwartet uns am Abend eine farbenprächtige Abwechslung. Wenn man einen guten Tag erwischt, so hat man uns gesagt, dann endet die Show des Tropicana weit nach Mitternacht.
Wie auch immer, der Ruf des Tropicana bleibt legendär. Der beste Nachtclub der Welt. Xavier Cugat und Nat King Cole haben auf der Bühne dieses Freiluftclubs gespielt und in den Zuschauerreihen saßen Kerle wie Ernest Hemingway oder Marlon Brando.
Und so nähern wir uns denn neugierigen Schrittes diesem Club unter dem schwülen Sternenhimmel Havannas. Vor uns sehen wir ein weitläufiges Areal, das von weitem eher an ein schmuckes Farmhaus erinnert. Tropicana prangt mächtig und bunt im Halbkreis über dem Eingang.
Ein Tisch vor der breiten Bühne wird uns zugewiesen. Ohne dass wir etwas bestellt hätten, stellt uns ein langer, ziemlich miesepetriger Ober wortlos drei, vier Flaschen Carta Blanca auf den Tisch, dazu ein paar Gläser, und überlässt uns
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