Pilotprodukt des wirtschaftlichen Fortschritts im 20. Jahrhundert war das Automobil. Ermög­lichte dieses merkwürdige Vehikel doch, Menschen und Waren von München nach Hamburg in weniger als 10 Stunden zu bewegen. Der Grundstein für Mobilität war gelegt, eine Explosion wirt­schaftlichen Wachstums folgte.

Als Leitprodukt des jungen 21. Jahrhunderts gilt nicht mehr das Automobil, sondern die Telekommunikation. Über 10 Stunden München-Hamburg wird da nur milde ge­lächelt. Der Computer und das Glasfaserkabel schaffen München-New York in einem Wimpernschlag. In Millisekundenschnelle erreicht das Mirakel Internet jeden Punkt des Erdballs.

Dieser freie und hyperschnelle Fluss von Informationen, Wissen und Know-how führt dazu, dass Grenzen, Sprachbarrieren, nationale Gesetze und Regelungen nicht mehr zäh­len. Das Internet sorgt für das Zusammenrücken der Welt, für die Angleichung der Lebensver­hältnisse. Die Welt bleibt 24 Stunden geöffnet und Arbeit kann theoretisch im hintersten Winkel der entlegensten Wüste erledigt werden.

Wenn Arbeit nun global geleistet werden kann, dann bedeutet dies auch, dass Wettbewerb fortan global stattfindet. Jahrzehnte auf­gebaute Trutzburgen und Schutzmechanismen bröckeln nach und nach. Musste bis vor einigen Jahren ein Produkt oder eine Dienstleistung nur regional oder national wettbewerbsfähig sein, so müssen diese heute auch weltweit bestehen können.

So unangenehm dieser vermehrte Wettbe­werb für die Firmen ist, die Globalisierung hat kurioserweise zwischen den Nationen ein Stück Chancenangleichung geschaffen, die jahrzehntelang allseits gefordert worden ist. Länder wie Brasilien, Peru oder Kolumbien, früher bitterarme Staaten, ziehen sich dank Globalisierung aus dem Elend, weil sie nun als Produzenten im weltweiten Handel ihr Auskommen finden.

Für den Ein­zelnen verbirgt sich hinter dem globalen Wettbewerb eine dramatische Entwicklung: Ir­gendwo auf dieser weiten Welt wird es immer jemanden geben, der es auf seinen Arbeits­platz ab­gesehen hat. Die Globalisierung des Wettbewerbs wird zu einer Intensivierung der Konkurrenz und zu ei­ner Angleichung des Lohnniveaus führen.

Jetzt nach Schutzregeln zu rufen oder auf China zu schimpfen, bringt im Technologiezeitalter nichts. Vielmehr sollte ein jeder versuchen, sein Produkt und seine Dienstleistung güte- und preismäßig so zu optimieren, dass man auch im globalen Rahmen wettbewerbsfähig bleibt. Wir kommen aus dem Staunen nicht mehr heraus, so fesselt uns das Tempo der Globalisierung, doch das Ganze ist eigentlich ein oller Hut.

Ähnliches ist auch passiert, als sich im späten 18. Jahrhundert die internationale Arbeitsteilung abzuzeichnen begann. Komparative Kostenvorteile nannte dies der englische Nationalökonom David Ricardo, nach diesem Prinzip tickt der Globus. Nachzulesen in The Principles of Political Economy and Taxation. Nur Spezialisierung, Arbeitsteilung und Kostenvorteile führen zu einem hohen Güterertrag. Jene Güter, deren Herstellung sich aufgrund hoher Arbeitskosten nicht lohnt, werden im Austausch bezogen.

Das Ende der beengenden Subsistenzwirtschaft und die Geburtsstunde des globalen Außenhandels begann. Alles schon einmal da gewesen. Im Jahre 1817 niedergeschrieben. David Ricardo gilt auch heute noch. Egal, ob physisch oder digital.

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