Das Café Iruña schafft den Spagat zwischen Volkstümlichkeit und dem Besonderen. Foto: W. Stock, 2024.

Das Interieur stammt wie aus der Belle Époque. Das sind die Jahrzehnte des Friedens und Fortschritts in Europa vor dem Ersten Weltkrieg. Es ist die Zeitepoche des Bürgerlichen mit technischen Neuerungen und wirtschaftlichem Aufschwung. Dieser anregende Geist konserviert sich am zentralen Plaza del Castillo von Pamplona. Im Café Iruña scheint die Zeit wie angehalten mit Jugendstil-Leuchten und einer lang gestreckten Theke. Mit feinen Bistro-Tischen und runden Hockern, die zum Sitzen und Reden auffordern.  

Als Ende des 19. Jahrhunderts die Elektrifizierung in Pamplona einzieht, da ist das Cafe Iruña das erste Gebäude der Stadt mit elektrischem Licht. Neue Gedanken in Kunst, Architektur und Wissenschaft kommen aus London und Paris nach Spanien. Man erfreut sich daran, die kleine und große Welt zu beobachten. Zu palavern und zu diskutieren, ohne den Genuss nicht zu vergessen. Die Modernität wird willkommen geheißen, sie soll jedoch auf der Tradition fußen. Dies ist die Zielvorstellung, die dem Café Iruña vorgegeben wird. 

Das Café Iruña kommt aus der Mitte des Bürgertums. Über 800 Pamplonesen kaufen Aktien der Sociedad Iruña S.A., um das Projekt zu ermöglichen. Treibende Kraft hinter der Aktiengesellschaft wird Serafín Mata y Oneca, ein Geschäftsmann und Stadtrat in Pamplona. Am 2. Juli 1888, wenige Tage vor den Sanfermines eröffnet die Lokalität. Groß geändert hat sich nichts in den letzten 150 Jahren.

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Die friedliche und genießerische Lebensfreude sucht seine Heimat. Hinter dem Portal zum Café Iruña warten Tradition und das Neue. Foto: W. Stock, 2024.

Wenn man heute das Iruña besucht, muss man als Westeuropäer aufpassen, die richtige Zeit zu erwischen. Wer für das Mittagessen zu früh kommt, der kann bestenfalls mit den köstlichen Pintxos, den kleinen Appetithäppchen, vorliebnehmen. Und wer zu spät erscheint, der kriegt knapp zu hören: Die Küche ist geschlossen. Ideal fürs Mittagsmahl, wir sind in Spanien, ist die Zeit zwischen 14 und 15 Uhr. Dann wird das Menu del Dia serviert.

Das Tagesmenü besteht aus drei Gänge. Es gibt etwa die Rollitos de Hongos oder Alcachofas de Tudela im Primer Plato. Pilz-Röllchen oder Artischocken als Vorspeise. Im Segundo Plato, der Hauptspeise, hat man unter anderem die Auswahl zwischen der Lubina al Horno oder den Carrilleras de Cerdo, einem gebackenen Wolfsbarsch oder den Schweinebäckchen. Und zum Nachtisch, dem Postre, wird Cuajada de Balerdi, eine Quarkspeise aus Ziegenmilch oder die göttliche Torrija de Vainilla, eine Tunkschnitte in hausgemachter Vanillesauce, serviert.

Bei jedem der drei Gänge besitzt der Gast eine reiche Auswahl zwischen 6 bis 8 verschiedenen Speisen. Dazu wird Brot, eine Flasche roter Hauswein aus Navarra und Wasser auf den Tisch gestellt. All dies ist das Beste aus einer baskischen Küche, das flott hintereinander serviert wird. Und alles zu einem Preis, den man in den besseren Häusern Münchens als Trinkgeld erwartet.

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Im Norden der zentralen Plaza del Castillo von Pamplona macht sich das Café Iruña breit. Foto: W. Stock, 2024.

Dem Café Iruña gelingt eine ehrliche Balance. Es wimmelt von Einheimischen und es heißt den Ausländer willkommen. Es ist nicht zu teuer und nicht zu billig. Nicht zu gewöhnlich, aber auch nicht abgehoben. Es ist der gesunde gemeinsame Nenner in Pamplona, hinter der sich der Großteil der Gäste – aus nah und fern – einfinden kann.

Sagen wir es frei heraus: Das Café Iruña ist eine Offenbarung. Wenn man eine einzige Lokalität benennen müsste – sozusagen die Quintessenz aller Reisen und Entdeckungen –  so fällt mir die Antwort nicht schwer. Ein Ort, wo man sich angenommen und sofort heimisch fühlt. Gleichsam jener Platz in der Welt, wo alle Sehnsucht und alle Träume sich zu einer neuen Perfektion zusammenfinden. Kein Zweifel: Mein Tisch steht in Pamplona, an der Plaza del Castillo und der Name lautet: Café Iruña.

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