Notizen und Anmerkungen von unterwegs

Kategorie: Ernest Hemingway Seite 4 von 6

eine wahre Sache

I know now that there is no one thing that is true – it is all true.

Ich weiß nun, es gibt nicht eine Sache, die wahr ist. Sie sind alle wahr.

Ernest Hemingway

Loading

Cojímar schenkt Ernest Hemingway ein Jahr, mindestens

Photo by W. Stock

Der Taxifahrer fährt uns die fünfzehn Kilometer aus Havanna heraus, Richtung Osten, wo das Fischerdorf Cojímar liegt. Ein saphirblauer Himmel, das türkishelle Meer und das strahlende Grün der Palmen heißen uns willkommen. Es ist tropisch schwül hier an der karibischen See, und na ja, die Menschen halten ziemlich lange Siesta.

Vor der menschenleeren Hafenpromenade fällt ein sechspfähliges Rondell aus hellem Stein mit einer lebensgroßen Büste ins Auge. Hier sonnt sich Ernest Hemingway.

Auf Betreiben des Schriftstellers Fernando Campoamor und mit Hilfe der Fischerkooperative von Cojímar wurde diese Büste, ein Werk des Bildhauers Boada, 1962 aufgestellt, lautet die Inschrift unter dem glänzenden Bronzestein. Ernest Hemingway, steht da, 1898 – 1961.

Hoppla, 1898, da lassen Cojímars Fischer ihren Don Ernesto allerdings ein Jahr zu früh auf die Welt kommen als in Wirklichkeit. Ein Jahr mehr. Es hätte ihn gefreut.

Des Dichters Blick zur unendlichen See ist durch die Meersalzerosion leicht getrübt. In der Nachbarschaft zum Rondell findet sich ein winziger Park. Ernest-Hemingway-Park, weist eine liebevoll angebrachte Widmung aus. Dem unsterblichen Autor von „Der alte Mann und das Meer“, eingeweiht am 21. Juli 1962, seinem 63. Geburtstag. In dankbarem Andenken. Die Bevölkerung von Cojímar.

An jener berühmtesten Erzählung Hemingways, dieser einfachen und ehrlichen Liebeserklärung an den Fischer und das Meer, ist nun wirklich alles kubanisch. Merkwürdigerweise nur ihr Autor nicht.

Doch für die Fischer von Cojímar ist der bärtige Gringo mit den khakifarbenen Bermudas und den verschwitzten Guayabera-Hemden längst einer der ihren. Und Hemingway hat all die Zuneigung, die er hier erfuhr, zurück gegeben. Er liebt dieses Dorf, die breite Strasse, die zum Meer führt, den kleinen Fischerhafen, die einfachen Leute. Hier ist er weit weg vom Dünkel und dem Hochmut der Intellektuellen, weit weg vom Verdruss und Selbstzweifel der Kollegen, hier in Cojímar herrscht die Bescheidenheit des Alltags, hier ist er weit weg von New York und Paris, die ihm irgendwie fremd geworden sind.

Viele Sequenzen des Spielfilms mit Spencer Tracy sind in Cojímar gedreht worden, erklärt ein alter Mann mit breitkrempigem Sombrero. Fünfundzwanzig Pesos haben sie damals als Komparsen bekommen, eine Menge Geld. Dafür habe Don Ernesto gesorgt. Die grandiosen Angelszenen wurden allerdings im peruanischen Cabo Blanco gedreht. Der Velador-Fisch, wie ihn Hollywood verlangte, ist vor Kubas Küste nicht anzutreffen.

Der ehemalige Statist führt uns zur Playa de Cachón, wo die pittoresken Boote der Marlin-Fischer im feinkörnigen Sand vor sich hindösen. Don Ernesto liebte dieses bescheidene und verschlafene Fischerdorf. Was ihn an Kuba so anzog, zählte er 1949 in der Holiday-Reportage The Great Blue River auf: Die kühle Meeresbrise an schwülen Tagen, die Hahnenkämpfe, die Mauereidechsen in seiner Laube, die achtzehn Mangofruchtarten im Garten, der Sportklub von San Francisco de Paula, wo er stundenlang auf Punchingbälle eindrosch, und natürlich das Angeln.

Und einen besseren Ort zum Fischen als die Küste vor Cojímar, so Ernest Hemingway, habe er auf der ganzen Welt nicht gefunden. Dieses kleine Dorf war seine große Liebe.

Bitte besuchen Sie zum Thema Ernest Hemingway mein neues Blog Hemingways Welt.

Loading

Hemingways Unschuld

All things truly wicked start from innocence.
Alle wahrhaft bösartigen Dinge beginnen mit Unschuld.

Ernest Hemingway

Bitte besuchen Sie zum Thema Ernest Hemingway mein neues Blog Hemingways Welt.

Loading

Norberto Fuentes verfolgt Ernest Hemingway

Norberto Fuentes, Mitte der 80er Jahre; Photo by W. Stock

Der kubanische Journalist Norberto Fuentes ist Ernest Hemingway schon seit jungen Jahren auf der Spur. Der ehemalige Prensa-LatinaReporter, Jahrgang 1943, ist in der Begegnung ein jovialer Mensch. Und ein großer Verehrer des bärtigen Schriftstellers aus dem Gringo-Land. Hemingway hat 20 Jahre auf Kuba gelebt, und dass die Welt viel über diese Jahre weiß, das verdanken wir Norberto Fuentes.

Norberto hat 1984 ein wunderbares Buch über Hemingway auf Kuba veröffentlicht. Ein dicker Schmöker, Hemingway en Cuba. Im Verlag Letras Cubanas herausgegeben, auf billigem Papier und zudem schlecht typografiert, jedoch eine einzige Liebeserklärung von Seite 1 bis 718. Eine Fleißarbeit, mit vielen seltenen Fotos.

Gabriel García Márquez hat das Vorwort dazu geschrieben. Norberto Fuentes hat in dem Buch alles zusammen getragen, was er über Hemingway auf Kuba finden konnte. Dokumente, Zeitzeugen, Aussagen alter Freunde und Weggefährten, und selbst den Comandante Fidel hat er ausführlich zu Hemingway befragt. Eine eifrige und engagierte Spurensuche, herausgekommen ist eines der schönsten Bücher zu Ernest Hemingway überhaupt.

Norberto Fuentes verneint meine Frage,

Loading

Hemingways Ohr

I like to listen. I have learned a great deal from listening carefully. Most people never listen.

Ich mag zuhören. Ich ziehe großen Gewinn daraus, sorgfältig zuzuhören. Die meisten Leuten hören nie zu.
Ernest Hemingway

Loading

Hemingway trinkt sechs oder acht Daiquirís in El Floridita

Photo by W. Stock

Havanna, im April 1983

Ecke Obispo-Straße mit Monserrate im kolonialen Havanna findet sich eine prima Adresse für hohe Prozente. El Floridita. Nicht nur unter Säufern genießt Klein-Florida einen exzellenten Ruf. Ebenso unter Literaten. Haben die schwarzen Barhocker doch mehr nobelpreisgekrönte Arschbacken erspürt als jeder Fauteuil der Bibliotheque Nacionale de Paris.

Den Daiquirí schlürfte im El Floridita die Verlorene Generation, jene desillusionierten Mannsbilder, die im Ersten Weltkrieg all ihre Ideale verloren hatten und nicht so recht wussten, wie es nun weitergehen sollte. Und da hocken sie um die mahagonigetäfelte Bar mit ihrem dezent dunklen Interieur: der Sprachzauberer John Dos Passos ebenso wie der Weichzeichner Scott Fitzgerald. Der Dichtertitan Ezra Pound, später der schrullige Weltenbummler Graham Greene. Und natürlich auch der unverwüstliche Ernest Hemingway, der sich an diesem Orte bereitwillig dem Suff hingab.

Auch wir tauchen ein, in bester Absicht, und nähern uns schweren Schrittes dem Tresen. Die lange Mahagonitheke schimmert matt. Auf den schwarzen Holztruhen der Schankanrichte ist in stolzem Goldton Wiege des Daiquirí auf Spanisch und Englisch angebracht. Genosse Barkeeper, wo ist der Maestro?, fragen wir. Quien?? Wer?? El Maestro. Ma-es-tro. Der Meister aller Klassen. Schulterzucken. Na dann, dos Daiquirís, Compañero.

Hemingways zweites Stammlokal in Havanna kultiviert

Loading

Zufriedenheit

Happiness in intelligent people is the rarest thing I know.

Das Glücksgefühl bei klugen Leuten ist die seltenste Sache, die ich kenne.
Ernest Hemingway

Loading

In der Hemingway Bar

Photo by W. Stock

Photo by W. Stock

Vor einiger Zeit in der Hotelbar des Vier Jahreszeiten in Starnberg. Eine offene, in dunklem Mobiliar gehaltene einladende Bar mit Tresen, ein schwarzer Flügel in der Ecke zur Fensterfront. Auf einmal sehe ich an der Wand über dem Kaminsims ein riesiges goldgerahmtes Foto des jungen Hemingway.

Warum hängt Hemingway hier, wende ich mich an die junge Barkeeperin. Die Bar heißt so, ist die verblüffend einleuchtende Antwort. Ob sie Hemingway gelesen habe, frage ich. Die Barkeeperin, vielleicht Mitte Zwanzig, kommt aus Dresden und meint, in der DDR habe man Hemingway nicht groß gekannt.

Für einen Augenblick versinke ich in der Vorstellung, was so ein linientreuer Kulturbonze der SED wohl von Ernest Hemingway gehalten haben könnte. Vermutlich hätte er gesagt, wenn er etwas Grips im Hirn gehabt hätte, der Kerl war schon auf der richtigen Seite. Im Spanischen Bürgerkrieg, auf Kuba, nicht aktiv, nicht als militanter Unterstützer, wohl aber intuitiv, aus dem Bauch heraus.

Andererseits war er ein bourgeoiser Lebemensch, der den Genüssen des Lebens zugetan war. Ein Alkoholiker, ein Weiberheld, politisch ein Naivling, also kurz, ein unsicherer Kantonist. Der Mann sei im Grunde genommen unzuverlässig und unberechenbar, hätte der kommunistische Politkommissar wohl in sein Dossier geschrieben, also gefährlich für die Sache des Sozialismus.

Zum Ende meint die ostdeutsche Barkeeperin im Vier Jahreszeiten noch, sie habe auch einen Hemingway Rum. Ob ich den mal sehen könnte, frage ich. Sie holt zwei Flaschen aus der Anrichte hinter ihr. Einen weißen und einen brauen extra viejo. 40 Prozent, Ron Hemingway steht auf der Flasche. Auf dem Etikett prangt ein Foto des bärtigen Literaten. Der 7 Jahre alte Rum hat ein ausgeprägtes, würziges Aroma. Der Ron Hemingway kommt allerdings nicht aus Kuba, sondern aus Kolumbien.

Schade. Denn die kubanischen Genossen haben sich ein entspanntes Verhältnis zum naiven und unsicheren Kantonisten bewahrt. Denn vielleicht zählt am Ende des Tages nicht, ob ein Mensch konservativ oder fortschrittlich, ob er reich oder arm ist. Vielleicht teilen sich die Menschen zu guter Letzt in sympathisch oder unsympathisch. Jedenfalls nach dem dritten Glas Rum.

Loading

Hemingway liebt Venedig

Campanile di San Marco; Photo by W. Stock

Welche Zeit seines Lebens er nie bereut habe, ist Ernest Hemingway einmal gefragt worden. Venedig, antwortete er nach kurzem Zögern. Venedig im Winter, ohne Touristen. Dieser Stadt galt seine große Sehnsucht.

Sie liegt nicht nur am Meer, das er über alles liebt. Mehr noch, wie selbstverständlich ist sie ein Teil dieses Meeres und alles, was in dieser Stadt geschieht, ist ohne das Meer nicht zu denken.

In der Tat ist Venedig am schönsten in den grauen Tagen nach dem Karnevalsrummel, wenn sie im späten Februar leise und still zwischen den Wasserkanälen liegt und die klirrende Kälte so langsam dem Frühling weichen möchte.

Am besten nähert man sich dieser Stadt vom Wasser her. Nicht über die staubige Landstrasse von Mestre und auch nicht von der dunklen Piazza Roma her. Am schönsten erobert man das Herz Venedigs, wenn man mit dem Vaporetto in die Lagune einfährt und im Osten der Piazza San Marco anlegt. Dann kann es passieren, dass man augenblicklich vom geheimnisvollen Charme dieser Stadt eingefangen wird.

Wie kann ein Mensch in New York leben, wenn es Venedig gibt?, schwärmte Ernest Hemingway, Venedig sei doch die schönste Stadt der Welt. Die Stadt besitzt von jeher etwas Magisches, einen Hauch Unergründlichkeit, wohl auch etwas Morbides. All das faszinierte Hemingway, ihn, für den der Gedanke an Tod und Vergänglichkeit ein Anziehungspunkt des Lebens und Schreibens war.

La Serenissima, die Erhabene unter den Städten, nennen die Bewohner diese einst reiche Handelsmetropole. Der Blick dieser Stadt ging hinaus auf’s Meer, in die Ferne, nach Afrika und Amerika, Venezia war Europas Arm in die weite Welt.

Als Hemingway auf Kuba lebte, kam er einige Male nach Europa, oft nach Italien, und zweimal war er in dieser Zeit in Venedig. Die Ambivalenz der Lagunenstadt zog ihn an. Einerseits spürte er hier das Vergängliche, die Endlichkeit, aber andererseits weckte die Stadt in ihm auch die Erinnerung an wilde, unbeschwerte Jahre.

In Venedig fühlte er sich jung. Auch in den späten Jahren, 1948, merklich gealtert, als er in Venedig einer amour fou nachjagte. Stets suchte er in dieser Stadt auch den Jungbrunnen, den Traum nach dem ewigem Leben, das Gesicht der Unsterblichkeit.

Er liebte es, durch die engen Gassen dieser einfachen und irgendwie doch aristokratischen Stadt zu streunern und sein Dreieck waren Harry’s Bar an der Piazza San Marco, das Gritti Palace Hotel und Cortina, die Bar, die in jenen Tagen en vogue war. Dort in der Cortina saß er mit Freunden, ein Glas Amarone oder Veronese-Wein vor sich, und er ließ seiner Phantasie freien Lauf. Wie meist gab er kleinere und größere Aufschneidereien zum Besten und notierte diese dann fleißig in sein Moleskine-Büchlein.

Bitte besuchen Sie zum Thema Ernest Hemingway mein neues Blog Hemingways Welt.

Loading

Ernest Hemingway unterscheidet

Every man’s life ends the same way. It is only the details of how he lived and how he died that distinguish one man from another.

Jedes Menschen Leben endet auf gleiche Weise. Nur der Aspekt wie er lebte und wie er starb, ist das, was einen Menschen vom anderen unterscheidet.

Ernest Hemingway

Loading

Seite 4 von 6

Präsentiert von WordPress & Theme erstellt von Anders Norén