Am 11. Mai 2022 erwartet Sie in der Buchhandlung Lesezeit in Düsseldorf-Kaiserswerth ein spannender Vortrag. Ich werde über die Entstehung und den Inhalt meines Buches Cabo Blanco – Mit Ernest Hemingway in Peru berichten.
Am 15. April 1956 brechen Ernest Hemingway und seine Ehefrau Mary von ihrem Wohnsitz nahe Havanna auf zu einer mehrwöchigen Reise nach Cabo Blanco. In dem winzigen peruanischen Fischerdorf sollen die Außenaufnahmen zur Hollywood-Verfilmung von Der alte Mann und das Meer stattfinden.
Gut 60 Jahre nach dem Besuch des Nobelpreisträgers bin ich der Expedition nachgereist. Neben zahlreichen Dokumenten, Fotos und Spuren habe ich Zeitzeugen gefunden, die sich so lebhaft an Ernesto erinnern, als sei er gestern um die Ecke gebogen.
In einem einstündigen Vortrag möchte ich die abenteuerliche Reise von Ernest Hemingway in das südamerikanische Land nachzeichnen. Und neugierig machen: auf die (erneute?) Lektüre der Werke von Ernest Hemingway und auch neugierig machen auf das wenig bekannte, aber hochinteressante Land Peru.
Ort der Veranstaltung: Buchhandlung Lesezeit, Kaiserswerther Markt 31, 40489 Düsseldorf. Beginn: 19,30 Uhr.
Ich würde mich freuen, wenn wir uns zu diesem Anlass in der Lesezeit treffen würden. Und einen Daiquirí gibt es oben drauf.
Michael Staehler (links) und Hero Kind (rechts) auf der Frankfurter Buchmesse 1991
Es ist immer schlimm, wenn ein Mensch stirbt. Am schlimmsten ist es, wenn ein Vorbild stirbt. Ein solches Vorbild war für viele Michael Staehler. Der Betriebswirt vom Jahrgang 1948 hat Jahrzehnte erfolgreich in zahlreichen Verlagshäusern gearbeitet. Bei DuMont Schauberg in Köln, bei Bertelsmann in Gütersloh, dann beim Ärzteverlag wiederum in Köln.
Unsere Wege haben sich Ende der 1980er Jahre gekreuzt. Als Peter Schaper zu Droemer nach München ging, wurde Michael Staehler bei der ECON Verlagsgruppe in Düsseldorf dessen Nachfolger. Als Marketing-Geschäftsführer sorgte er dafür, dass die Bücher von ECON, Claassen oder Marion von Schröder als Event zelebriert wurden. Der damalige Erfolg des ECON-Programms war, ohne die Meriten von Verleger Hero Kind zu schmälern, ganz besonders auch Michael Staehler zu verdanken. Lee Iacocca, Lois Fisher-Ruge, Peter Lauster, Gabriele Krone-Schmalz oder Peter Ustinov – allesamt großartige Autoren mit prächtigen Büchern, viele übersprangen die magische 100.000 Verkaufsmarke locker.
Wie eine Schlagader schlängelt sich der Rhein durch Westdeutschland. Nun sind vorherige Generationen nicht gerade sorgsam mit ihm umgegangen. Ich kann mich noch an meine Kinderzeit erinnern, wo es amtlich verboten blieb, in dem Fluss zu baden, so verdreckt und verseucht kam er herunter mit den Chemikalien aus Rhein-Main.
Meist eine übelriechende Kloake, bestenfalls ein trüber Strom, nahm man sein Dasein zu selbstverständlich. Man schrieb die boomenden Adenauer-Jahre, die Schlote rauchten kräftig, aber sie stanken ebenso.
Doch in den letzten Jahren gilt es Wunderliches zu berichten. Man hat diesen Schatz namens Rhein wiederentdeckt. Entlang des Flusses sind in den Metropolen neue blühende Stadtviertel entstanden. Dort, wo früher verfallende Industriebaracken und schäbige Gütersilos standen, wurden nun moderne Bürohäuser und attraktive Wohnkomplexe hochgezogen.
Architekten durften sich austoben. In Düsseldorf Frank Gehry mit seinem
Paeffgen. Nicht der Bierbrauer. Der Künstler. C.O. Paeffgen. Ich mag ihn. Er hat etwas, das andere nicht haben.
Paeffgen, ein Kölner vom Jahrgang 1933, ist mit seinen Umrandungen berühmt geworden. Manch umrandetes Werk von C.O.P. wirkt wie ein ausgelassener Kinderjux. Andere sind politisch. Und dann gibt es die, bei denen die Post abgeht.
Bei seinen Umrandungen zieht Claus Otto Paeffgen mit kräftigem Filzstift Personen und Szenen aus der Zeitung nach, übermalt und überträgt das neue Werk dann auf die Leinwand. Kölsche Pop-Art.
Das ganze mag trivial anmuten, ist aber so einfach nicht. Zunächst braucht man ein gutes Motiv. Aus Zeitungen, von Postkarten, von alten Fotos. Fundstücke. Motive mit einfacher Aussage, aber irgendwie dann doch doppeldeutig. Dazu kommt die besondere Herstelltechnik. Mit Füllfeder, Filzstift oder Pinsel.
Wahlkampf an Rhein und Ruhr. Und wieder Dutzende mehr oder weniger kluge Plakate und Äußerungen, die erklären oder verschleiern sollen, warum NRW wirtschaftlich so abgehängt scheint.
In solchen Wahlkampfreden ist viel von dem kleinen Mann die Rede. Ja, manchmal gewinnt man den Eindruck, insbesondere wenn man linken und grünen Politikern zuhört, Nordrhein-Westfalen werde überwiegend bevölkert von diesem kleinen Mann. Gar eine ganze Partei hat sich auf ihn ausgerichtet, denn die SPD ist per definitionem die Partei des kleinen Mannes.
Jedoch ist dieser kleine Mann ein seltsames Phänomen. Sprachlich jedenfalls, und nur darum geht es. Denn es gibt nur
Beim Päffgen. Eine Verabredung mit Frank Fischer, dem Gründer von ad.cologne im traditionsreichen Brauhaus an der Friesenstrasse zum Mittagessen.
Der Köbes bringt unaufgefordert ein frisch gezapftes Kölsch an den Tisch, so als würde es auf der ganzen weiten Welt kein anderes Getränk geben.
Als Köbes, den kölschen Jakob, bezeichnet man in der Domstadt einen Schankkellner mit seiner typischen blauen Schürze. Einem richtig guten Köbes ist ein ziemlich ruppiger und doch herzlicher Tonfall zu eigen. Widerspruch zwecklos.
Es kommt, wie es kommt. Das kölsche Grundgesetz: Sixt-Werbung am Flughafen Köln-Bonn, gefunden im November 2010; Photo by W. Stock
Nicht nur das Bier des Kölners heißt Kölsch nein, als kölsch kann man auch die Lebensphilosophie des Rheinländers bezeichnen. Denn der Kölner wird durch den Rhein geprägt.
Seit Jahrhunderten fließt der Fluß träge in seinem Bett vor sich hin. Wohl auch deshalb ist der Kölner Fatalist. Et kütt wie et kütt. Es kommt, wie es denn nun mal kommt. Dem Schicksal wird nicht groß nach getrauert. Wat fott is, is fott. Was weg ist, ist weg. Klar, so schnell bringt den Kölner nichts aus der Ruhe. Hauptsache, das Kölsch schmeckt.
Einmal im Jahr steigt der Rhein frech über die Ufer. Genauso ist der Kölner. Im Karneval zeigt der Kölner sein anderes Gesicht. Manche sagen, sein wahres Gesicht. Jedenfalls hilft auch hier das Kölsch ein wenig nach.
Der Kölner gibt sich großzügig und tolerant. Jede Jeck is anders. Das sind gleich zwei Botschaften in einem: Das Leben erschließt sich als ziemliche Narretei. Und jeder Narr ist anders. Oder: Jeder kann machen, was er will. Ein bisschen ist er halt Anarchist, der Kölner, aber nur ein bißchen.
Der Kölner hat eine Menge Humor. Sein Humor macht an der Gürtellinie selten halt. Müsste der Kölner sich eine Puppenfigur im Hänneschen-Theater aussuchen, dann ist er ein Tünnes und weniger der Schäl. Also, arglos und gutmütig, so sieht er sich, jedenfalls niemals boshaft oder durchtrieben.
Kennen wir nicht, brauchen wir nicht, weg damit. Photo by W. Stock
Das Extreme ist ihm zuwider. Der Kölner steht politisch in der Mitte. In der kölschen Mitte. Die ist etwas weiter links als die, sagen wir, bayerische Mitte. Der Kölner macht kräftig auf fortschrittlich, ist aber im Grunde seines Herzens konservativ und will in Ruhe sein Kölsch trinken. Vielleicht ist er aber auch nur zu faul, in die Zukunft zu denken. Kenne mer nit, bruche mer nit, fott domet. Kennen wir nicht, brauchen wir nicht, weg damit. Das gilt für alles Neue, außer Kölsch.
Doch mit der Obrigkeit tut man sich schwer. Nicht nur mit der weltlichen. Der Kölner ist katholisch, zumindest, was er für katholisch hält. Auf den Kölner Dom ist er stolz, geht aber selten rein. Auf seinen Fußballklub 1. FC Köln schimpft er wie ein Rohrspatz, geht aber regelmäßig hin. Der Kölner mag seine erfolglosen Kicker, er ist also leiden gewöhnt.
Der Kölner legt keinen großen Wert auf Äußerlichkeiten. Er will Gemüt. Meist gibt sich der Kölner genügsam, etwas verschlampert, immer gemütlich und will im Grunde nur seine Ruhe haben. Wenn der Kölner zufrieden ist mit sich, dann sagt er zu seiner Stadt Kölle oder ein wenig vornehmer Colonia.
Der Rheinländer hat das Herz auf dem richtigen Fleck. Er mag die Wärme und die emotionale Bande. Zu den seinen und zu seinen Mitmenschen. Der Kölner bleibt immer Kölner, egal, wo er auf der Welt auch lebt. Ob in Amerika, Australien oder auf Mallorca. Ein Pferd, das man in den Kuhstall stellt, bleibt ein Pferd. Ja, der Kölner ist stolz auf seine Heimat.
Nun, ab und an gibt ein Problem. Das mag der Kölner überhaupt nicht. Deshalb wird dann erst mal ein Kölsch getrunken. Ein erster spontaner Versuch, das Problem zu ertränken. Wenn das nicht funktioniert, versuchen wir es am nächsten Tag noch einmal. Der Rheinländer ist gemütlich und wenn er zu gemütlich ist, dann wird er schnell selbstgenügsam.
Der Kölner spricht einen wunderbaren Dialekt. Eigentlich spricht er ihn nicht, sondern er singt ihn. Dieser rheinische Singsang ist eine volkstümliche Lyrik, die der deutschen Sprache ein wenig die Härte nimmt. Übrigens hält der Kölner einen sprachlichen Weltrekord: Das Deutsch des Kölners kennt drei verschiedene Arten ein G in nur einem Wort auszusprechen. Fluchzeuschträjer.
Der Kölner ist laut, nicht wenn er streitet, sondern, wenn er Spass hat. Wenn er streitet, ist der Kölner leise. Der Kölner mag Harmonie und er mag das Leben. Der Kölner isst gerne, aber noch lieber trinkt er. Das Bier darf seinen Namen tragen. Wo gibt es so etwas sonst auf der Welt?
Hero Kind mit Gertrud Höhler; Frankfurt am Main, im Oktober 1991; Photo by Hasso von Bülow
Der Verlagsgründer Erwin Barth von Wehrenalp musste ECON verkaufen und über einen Umweg beim Schroedel Verlag landete ECON schließlich bei Dietrich Oppenberg, dem Verleger der NRZ, der Neuen Ruhr und Rhein Zeitung aus Essen. Der Zeitungsmann Oppenberg übertrug die operative Führung des Düsseldorfer Verlages seinem Assistenten Hero Kind.
Mit dem jungen Hero Kind zog dann eine andere Generation in den ECON Verlag ein. Und ein auch anderes Denken. Ein ganz anderes Denken.
Der promovierte Jurist hat den Verlag von 1982 bis 1994 geleitet, und er schaffte es, ECON zu einem modernen Sachbuchverlag zu verändern. Vor allem hat Hero Kind dabei den Markencharakter von ECON betont und mit brillantem Gespür – von der Vorschau über die Autorenauswahl bis zur Covergestaltung – eine neue Qualität und Ästhetik entwickelt, die damals als state-of-the-art galt.
Kind sah gute Bücher nicht als austauschbare Massenware. Deshalb hat er dem ECON Verlag und seinen Büchern ein frisches, eigenständiges Profil verpasst. Auf ihn geht der feine Schriftzug in Helvetica und der vertikale rote Balken zurück, das Markenzeichen des Verlages über viele Jahre. Kind trimmte ECON auf Wiedererkennung. Bücher als Markenprodukte, das begann die Branche erst langsam zu erkennen, ihm war das sehr früh klar.
Kind und sein ECON Verlag residierten in der Kaiserswerther Strasse 282 im feinen Düsseldorfer Norden. Mit lausbübischem Charme hat er unaufgeregt über seinen Verlag regiert und innovativ gewirkt: Er ließ den Jil Sander- und Joop-Designer Peter Schmidt Taschenbuchcover entwerfen, er brachte die SINUS-Lebensweltenanalyse in die Buchwelt ein und er holte frische Vor- und Querdenker wie Norbert Bolz, Peter Glotz oder Tom Peters als Autoren in den Verlag.
Mit zeitlichem Abstand wird heute klar, dass Kind seiner Zeit sicherlich fünf bis sieben Jahre voraus war. Strategische Ansätze wie Zielgruppenvernetzung, Kundenbindung und neue Ästhetik wurden erst viel später in ihrer Wichtigkeit von der Branche aufgenommen. Hero Kind war ein pragmatischer Stratege, der offen blieb für Neues. Er war zudem jemand, der ein gutes Näschen für Trends besaß und vor allem ein feines Gespür für Qualität und Erneuerung. Eigentlich kann man erst jetzt erkennen, wie gut dieser Mann war.
Im Jahr 1996, da hatte er bereits seinen eigenen Metropolitan Verlag, da ist er an einem Sonntagabend einfach umgefallen. Im besten Mannesalter. Er lag tagelang im Koma, doch der liebe Gott hatte ein Einsehen. Hero Kind erholte sich und genießt heute in seinem Friesenhaus am Keitumer Wattmeer sein Sylt.
Von all meinen Vorgesetzten hat er mich am nachhaltigsten beeinflusst und wohl auch geprägt. Er ist ein Mensch, mit dem man – fachlich wie menschlich – gerne zusammen arbeitet. Von Hero Kind habe ich mir eine Menge abgeschaut. Er war ein fachlich kompetenter und persönlich integrer Verleger. Kein Hoppla-jetzt-komm-ich-Typ, sondern ein gebildeter, offener und nachdenklicher Zeitgenosse.
Erwin Barth von Wehrenalp war der erste ECON-Verleger, Hero Kind der zweite. Danach kam nichts mehr. Jedenfalls kein Verleger. Nur noch Manager.
Man kommt hinein in das weitläufige Foyer des Hotels, alles in einem dezenten Warmton gehalten, und hört zuerst das Rieseln von Wasser und erblickt dann in der Mitte den hohen Wasserfall, der nach Feng Shui bekanntlich Wohlstand und Reichtum verheißt.
Das Kölner Hyatt Regency ist nicht das neueste, und auch nicht das modernste Hotel auf der Rheinschiene. Aber es ist ein Hotel mit Blick und mit einem spürbaren Wohlfühlfaktor. Überhaupt gilt Hyatt für mich weltweit als der Inbegriff des wohnlichen Luxus.
Ich meine jetzt nicht diesen widerwärtigen Protz-Luxus à la Marbella oder Monte Carlo, wo das schicke Diamanten-Täschlein den Menschen spazieren trägt. Nein, ich denke an richtig guten, soliden Luxus, diesen selbstverständlichen, unprätentiösen amerikanischen Luxus, der das Dasein angenehm und praktisch zu gestalten vermag.
Wenn man auf dem Zimmer eine Grusskarte von Axel Ziegler, dem Hoteldirektor, vorfindet, die einen freundlich begrüsst, dann sind im Hintergrund der Karte die beiden gotischen Türme des Kölner Doms abgebildet. Der Hotelier heißt auch nicht Willkommen in Köln, sondern, man achte auf Nuancen, er begrüßt den Gast in der Domstadt.
Damit kommen wir zum Ausblick. Wenn man ein Zimmer zur Rheinseite erhält, und darauf sollte man bestehen, dann hat man diesen mystischen Kölner Dom vor Augen. Des abends, wenn das Kirchenhaus in zarten Blautönen erleuchtet wird, mag es keinen besseren Blickfang im ganzen Rheinland geben. Diese Kathedrale, erhaben und majestätisch, über dem Rhein, fast schwebend.
Der Dom zu Köln. Man kann Buddhist, Brahmane oder meinetwegen auch Agnostiker sein, man wird trotzdem von dem wuchtigen Bauwerk in den Bann gezogen. Und wenn man dann doch als Katholik zur Welt kommt, und zudem auch noch im Rheinland, dann wird der Kölner Dom so etwas wie der Nukleus mit der Welt da draußen. Er steht da, groß und gewaltig, über Jahrzehnte und Jahrhunderte, und um ihn herum spielt sich das kleine Leben ab.
Und wenn dieses Leben gut oder auch böse ist, er hat ja alles gesehen, wenn Soldaten marschieren und Bomben fallen, wenn der Fluss vor Dreck und Gift stinkt oder Häuser in sich zusammen fallen als seien sie aus Pappmaschee, der Dom trotzt all diesem Übel, und lässt sich nicht beirren. Und sollte eines Tages alle Zuversicht weichen und es auf letzte Fragen keine gescheite Antwort mehr geben, auch dann wird er immer noch dort am Rheinufer stehen. Und wenn man ihn sieht, dann spürt man, welch eine Energie in einem zum Himmel gereckten Steinklotz stecken kann.
Ich kenne Leute, Rheinländer zumeist, die das Schicksal, Gott weiß wohin, in die entlegensten Winkel der Welt verschlagen hat, wilde Burschen, die viel gesehen haben und sich in der Fremde mächtig durchbeißen mussten. Harte Jungs, denen, wenn sie nach Köln kommen und den Dom erblicken, Tränen in die Augen schießen wie bei den kleinen Schulbuben.
Aber ich wollte über das Hotel und weniger über den Dom schreiben. Obwohl sich hier ein hübscher Dreiklang ergibt, von Deutz aus gesehen. Hyatt, Rhein, Dom. Das sollen andere Städte erst einmal nachmachen. Da kann mich das Adlon mit Blick auf das Brandenburger Tor nicht mehr beeindrucken.
Kommen wir zurück zum Hotel mit seinem unaufgeregten, und doch leicht spürbaren Luxus. So läuft das hier. Feiner Service, aufmerksam und wohltuend. Auf dem Executive Floor im sechsten Stock wird das ganze mit dem Regency Club dann noch ein wenig verfeinert. Das Restaurant wunderbar und auch am SPA-Bereich mit Pool und Sauna gibt es wenig zu mäkeln.
Illustre Gäste haben im Hyatt Regency Cologne genächtigt: Der amerikanische Präsident Bill Clinton, hochmögende Künstler, Stars und Sternchen. Und, in einer Suite in der obersten Etage, als er sein Konzert auf der Domplatte gab, der große Frank Sinatra. Fünf Sterne und Frank Sinatra. Das muss reichen.
Erwin Barth von Wehrenalp, Frankfurt am Main, im Juni 1990, Photo by W. Stock
Frankfurt am Main, den 7. Juni 1990
Er war schon ein alter und auch arg gebrechlicher Mann, als ich Erwin Barth von Wehrenalp kennen lernte. Auch wenn er sich körperlich schnell erschöpfte, ganz oben, in den grauen Zellen, da zeigte er sich noch hellwach. Und seinen Charme und diesen österreichischen Schmäh, den hatte er sich sowie so noch erhalten.
Leider habe ich nie unter diesem Verleger arbeiten dürfen, da lagen die Jahre dazwischen, im Grunde trennten uns ja zwei Generationen. Als ich zu ECON nach Düsseldorf kam, da war von Wehrenalp schon sieben Jahre aus dem Verlag.
Wohin man jedoch auch ging, der Geist und die Aura des Erwin Barth von Wehrenalp schwebten scheinbar mit. Schriftsteller, Politiker und Wissenschaftler fragten nach ihm, erzählten bunte Anekdoten, gaben beste Grüsse mit auf den Weg. Kein Zweifel, das merkte der junge Lektor, von Wehrenalp, einer der großen Verleger Deutschlands, hatte Spuren hinterlassen.
Im November 1950 gründete Erwin Barth von Wehrenalp einen Verlag im Pressehaus am Düsseldorfer Martin-Luther-Platz. Das Baby wurde ECON getauft – als Abkürzung von Economia – und der Name sollte Programm sein. Die Marke sollte kurz sein, einprägsam und international. Und auf das verlegerische Kernstück – die Wirtschaft – hinweisen.
Die ganze Breite des Sachbuchs sollte dieser Verlag in den nächsten Jahren einem großen Publikum vorstellen: John F. Kennedy, Gerhard Herm, Martin Luther King, Walter Henkels, Amitai Etzioni, Vance Packard, Erich von Däniken, Rudolf Pörtner, Norbert Wiener, ich könnte ein kleines Telefonbuch herunter beten, die großen Denker und Akteure jener Jahre haben bei ECON ihre verlegerische Heimat gefunden.
Wer einen Verlag betreibt, wer seine Themen aus dem prallen Leben greift, der hat am Ende des Tages vielerlei in Händen: seltene Pretiosen, viel Dutzendware und wohl auch einiges, worüber der Chronist taktvoll den Mantel des Schweigens legt.
Er war ein ziemliches Schlitzohr, der erste ECON-Verleger, und zugleich ein charmanter Grandseigneur, wie ihn so nur felix Austria hinkriegt. In Dresden geboren und in Wien als Sohn eines österreichischen Arztes aufgewachsen, verfügte von Wehrenalp über jenen ondulierten Plauderton, der in Deutschland Herz und Hirn schmelzen lässt. Von Erwin Barth wird kolportiert, er habe jeden, aber auch wirklich jeden halbwegs bekannten Zeitgenossen mit seinem Standardsatz „Sie müssen unbedingt ein Buch schreiben!“ kräftig gebauchpinselt. Manch einer hat dann tatsächlich zur Feder gegriffen.
Der muntere Bonvivant besaß ein verläßliches Gespür für Themen und Titel. Er hat es über Jahrzehnte geschafft, eigentlich trockene Stoffe aus Historie, Forschung oder Wirtschaft auf unterhaltsame Art und Weise zu popularisieren. So lautete wohl auch der verlegerische Auftrag jener Jahre: Spezialwissen einem breiten Publikum verständlich dar zu reichen.
Und die ECON-Titel von damals summen noch heute im Ohr: Und die Bibel hat doch recht. Mit dem Fahrstuhl in die Römerzeit. Wohlstand für alle. Wenn das alte Schwarzweiß-Foto von Ludwig Erhard mit seiner schmauchenden Zigarre veröffentlicht wird, dann hält der Vater des deutschen Wirtschaftswunders noch immer sein berühmtes ECON-Buch in der Hand. Von Kanzler Konrad Adenauer wird die Anekdote überliefert, er habe seinen Wirtschaftsminister Erhard gefragt, ob der Titeltexter seiner ECON-Bücher nicht auch die CDU-Wahlkampfslogans schreiben könne.
Von Wehrenalp, Jahrgang 1911, war ein Verleger der alten Schule. Mit allen Vorzügen und auch mit allen Grenzen. Sein riesiger Erfolg erklärt sich vor allem aus der wissensdurstigen Nachkriegszeit. Ende der 70er Jahre war Mister Sachbuch dann aus der Zeit gefallen. Konkurrenz, Konzerne, Fernsehen und Medienboom verlangten mehr als nur Charme und Chuzpe. Die moderne Medienwelt war nicht mehr sein Ding.
Der Österreicher verkaufte 1981 seinen angeschlagenen Verlag, er ging zurück in seine Heimat nach Anif bei Salzburg und verbrachte schließlich den Lebensabend in Paris. Im April 1996 ist er dort verstorben. Auf Père Lachaise hat seine Frau ihn begraben.
Wir verwenden Cookies, um unsere Website und unseren Service zu optimieren.
Funktional
Immer aktiv
Die technische Speicherung oder der Zugang ist unbedingt erforderlich für den rechtmäßigen Zweck, die Nutzung eines bestimmten Dienstes zu ermöglichen, der vom Teilnehmer oder Nutzer ausdrücklich gewünscht wird, oder für den alleinigen Zweck, die Übertragung einer Nachricht über ein elektronisches Kommunikationsnetz durchzuführen.
Vorlieben
Die technische Speicherung oder der Zugriff ist für den rechtmäßigen Zweck der Speicherung von Präferenzen erforderlich, die nicht vom Abonnenten oder Benutzer angefordert wurden.
Statistiken
Die technische Speicherung oder der Zugriff, der ausschließlich zu statistischen Zwecken erfolgt.Die technische Speicherung oder der Zugriff, der ausschließlich zu anonymen statistischen Zwecken verwendet wird. Ohne eine Vorladung, die freiwillige Zustimmung deines Internetdienstanbieters oder zusätzliche Aufzeichnungen von Dritten können die zu diesem Zweck gespeicherten oder abgerufenen Informationen allein in der Regel nicht dazu verwendet werden, dich zu identifizieren.
Marketing
Die technische Speicherung oder der Zugriff ist erforderlich, um Nutzerprofile zu erstellen, um Werbung zu versenden oder um den Nutzer auf einer Website oder über mehrere Websites hinweg zu ähnlichen Marketingzwecken zu verfolgen.