Notizen und Anmerkungen von unterwegs

Kategorie: Paintings Seite 1 von 2

Mike Meiré, von Beruf Träumer

MeireMai91

Köln, den 28. Mai 1991, Photo by Hasso von Bülow

Das beste deutsche Wirtschaftsmagazin? Nun ja, ohne anderen Kollegen weh zu tun, ich sage mal Brand Eins. Nicht zuletzt wegen der Optik. Und Kopf, Herz und Seele dieser Optik ist ein junger Mann aus Köln. Mike Meiré steht als Art Director hinter Brand Eins, ohne ihn ist der Erfolg des Magazins nicht denkbar.

Als Meiré und Meiré noch nicht die großen Stars der Design-Szene in Deutschland waren, sondern hoffnungsvolle Newcomer, saßen ein paar junge Burschen draußen im Westen von Köln.

Im fast schon ländlichen Stadtteil Königsdorf bei Frechen, umgeben von einem üppigen Forst. Wilde Ideen wurden hier Im Klosterhof ausgeheckt, in einem weitläufigen Anwesen, das im achten Jahrhundert von Benediktinern erbaut wurde.

Doch zog durch das alte Gemäuer solch frischer Geist, der schon damals großes erahnen ließ. Die Optik der frühen Jahre von Meiré und Meiré war reduziert und knallig zugleich, modern und doch irgendwie klassisch.

Eigentlich gibt es zwei Meirés. Da ist Marc, zuständig für das eher Trockene. Für die Zahlen, die Termine, das Verhandeln, die Kontakte, das Kaufmännische. Und da ist Mike, ein kreativer Tornado. Ein Wunderkind. Ziemlich jung, damals, Jahrgang 64, ziemlich nett. Von Beruf kein Designer, würde er sagen, von Beruf

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C.O. Paeffgen liebt die Umrandung

Paeffgen. Nicht der Bierbrauer. Der Künstler. C.O. Paeffgen. Ich mag ihn. Er hat etwas, das andere nicht haben.

Paeffgen, ein Kölner vom Jahrgang 1933, ist mit seinen Umrandungen berühmt geworden. Manch umrandetes Werk von C.O.P. wirkt wie ein ausgelassener Kinderjux. Andere sind politisch. Und dann gibt es die, bei denen die Post abgeht.

Bei seinen Umrandungen zieht Claus Otto Paeffgen mit kräftigem Filzstift Personen und Szenen aus der Zeitung nach, übermalt und überträgt das neue Werk dann auf die Leinwand. Kölsche Pop-Art.

Das ganze mag trivial anmuten, ist aber so einfach nicht. Zunächst braucht man ein gutes Motiv. Aus Zeitungen, von Postkarten, von alten Fotos. Fundstücke. Motive mit einfacher Aussage, aber irgendwie dann doch doppeldeutig. Dazu kommt die besondere Herstelltechnik. Mit Füllfeder, Filzstift oder Pinsel.

Die Bilder von C.O. Paeffgen sind

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Die Tagebücher der Eitelkeit und Gier

Packende Lektüre am Wochenende: Selling Hitler von Robert Harris. In diesem Buch zeichnet der englische Thriller-Autor überaus spannend die Historie der Hitler-Tagebücher nach.

Robert Harris, dessen politischen Thriller Ghost ich genossen habe, kann schreiben wie kein zweiter: kluger Aufbau, verschiedene Spannungsebenen, richtiges Timing, Präzision im jedem einzelnen Satz. Die schreiberische Qualität ist hoch, das ganze Werk ist genau recherchiert, man wird vom Thema gefesselt.

Die Nerven des Lesers werden routiniert gekitzelt, so dass man das Buch nicht aus der Hand legen kann. Aber die Geschichte um den Reporter Gerd Heidemann und den Fälscher Konrad Kujau macht es Robert Harris auch nicht gerade schwer.

Auf über 380 Seiten schreibt Harris wie ein solcher Skandal entstehen konnte und wie der Kauf der vermeintlichen Tagebücher schließlich so aus dem Ruder laufen konnte. Wie es denn sein konnte, dass ein gewitzter Reporter wie Gerd Heidemann sich so in diese dubiose Sache hineinziehen ließ, wieso die Journalisten und Manager bei Gruner + Jahr, dem Verlagshaus des stern, auf solch eine Räuberpistole haben hereinfallen können.

Aber nicht nur sie. Als man

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798 – Neue Kunst im neuen China

Photo by W. Stock

Peking, Ende Oktober 2011

Hinter dieser Zahl 798 verbirgt sich das neue Künstlerviertel im Nordosten der chinesischen Hauptstadt.

Ursprünglich eine Ansammlung von Militärfabriken, gebaut in den 50ern mit selbstloser Hilfe der DDR, haben sich heute in den leerstehenden und verfallenden Hallen Künstler der Moderne niedergelassen.

Zahlreiche kleine Bars und trendige Restaurants, die um die Galerien aufgemacht haben, verleihen dem Viertel die nötige

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Picasso – wer oder was?

Photo by W. Stock

Frage an die jungen Leute, die sich mit der Welt da draußen auskennen.

Picasso – wer oder was ist das?

Picasso? Haben wir doch schon mal gehört. Aber wo? Klar doch, sicher: ein verdammt cooles Auto.

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Na dann…

When too perfect, lieber Gott böse.

Nam June Paik (1932 – 2006)

Musiker, Künstler und Meister der Videokunst

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Miles Davis als Maler

Grafik by Miles Davis

Als Musiker kennt ihn jeder. Ein Zeus der Trompete. Der Jahrhundert-Jazzer. Mr. Cool himself.

Doch es gibt noch eine andere Facette im bunten Leben des Miles Davis. In den Krisen der späten Jahre sucht der Trompeter Zuflucht und Trost in der Malerei. Musikalisch war Miles im Herbst seiner Schaffenskraft angelangt.

Er macht ihm Mühe, die Trompete zu spielen. Die Hüfte, die Galle, der Magen, ein Schlaganfall. Und überhaupt. Aber da muss was raus aus ihm.

Seine brach liegende Kreativität überträgt Miles nun auf die Malerei. Vielleicht will er mit dem Malen auch den Drogen entgehen, die ihn zu oft im Griff halten. Die Malerei jedenfalls soll ihn ablenken von Last und Laster.

Als Musiker ist er bestens gebildet, gilt als ein Perfektionist, doch als Maler, da bleibt er Autodidakt. Zunächst malt er skizzenhafte kleine Strichzeichnungen, Musiker, einen Don Quixote, einen Ritter, Josephine Baker. The Kiss, zwei Menschen, die sich küssen und im Herzen vereint sind. Oft malt er sich selbst, leicht verfremdet, aber für Liebhaber seiner Musik immer gut zu erkennen.

Erst später experimentiert er mit kräftigen Farben. Jetzt entspricht die Farbe seiner Bilder dem Ton seiner Trompete: surreale, fragile Striche, unerwartete, schrille Farben, expressionistische Köpfe und Torsi. Nun outet er sich endlich auch als Maler. Seine Bilder signiert er stets mit Miles! – mit Ausrufung.

Manche seiner Bilder finden sich jetzt

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Fernando Tejeda, der junge Wilde aus den Tropen

Ölgemälde by Fernando Tejeda, Collection WJS

Einst wollte er Chiles bester Maler werden, das stand für Fernando Tejeda schon als Jugendlicher fest. Seinem Onkel Mono Tejeda wollte er nacheifern, einem gefeierten chilenischem Karikaturisten, seinem großen Vorbild. Nach Abitur und Industriedesign-Studium in der Hafenstadt Valparaiso ging es dann für Fernando Tejeda allerdings nicht schnurstracks nach oben, er konnte in seinem Heimatland nicht mehr bleiben. Der Generalsdiktator Pinochet wütete in Chile, Fernando zog nach Deutschland, ins kalte Exil.

Dort gelingt es Fernando Tejeda in den 80er Jahren allmählich, die Dunkelheit der Vergangenheit abzustreifen und seinen eigenen Stil zu finden. Und es zieht ihn eigentümlicherweise hin zu sehr grellen und vitalen Ausdrucksformen: Er verbindet nun Stilformen der Jungen Wilden, die von Berlin ausgehend in Deutschland gerade dabei waren ihren Siegeszug anzutreten, mit schrillen karibischen Elementen.

Da tauchen dann Tejedas berühmte Papageienkopf-Tänzer auf, barbusige Frauen mit Stiergesichtern, Menschen, die Fischen oder Lurchen ähneln. Er malt tanzende Vogelhautmenschen, Bongos-spielende Tierköpfe oder nackte Grazien mit spitzen Brüsten – und all dies in einer für ihn nun typischen, explodierenden Farbmischung. Tejeda stellt hocherotische, bisweilen derbe Macho-Phantasien vor, die stets mit der für Lateinamerika eigenen farbenreichen Lebensfreude einher gehen.

Im Einfangen dieser Gefühlswelt ähnelt Fernando Tejeda den ganz großen Malern seines Kontinents, dem kubistischen Exotiker Wifredo Lam aus Kuba, der allegorischen Dampfwalze des Muralismus Diego Rivera, dem folkloristischen Ironiker Fernando Botero aus Kolumbien. Die erstklassigen lateinamerikanischen Maler bevorzugen traditionsreiche, phantasievolle Motive, in die das ganze emotionelle Erbe des Kontinents – die Magie, die Phantasie, die Träumereien, aber auch das Ekelhafte, das Widerliche und das Grauen – einfließt.

Genauso wie in den Büchern eines Gabriel García Márquez oder eines Juan Rulfo ereignen sich auf den Bildern der tropischen Maler für den Europäer verrückte und irrationale Dinge, die für einen Lateinamerikaner jedoch keineswegs weltfremd scheinen, weil er sie schon oft in Traum und Phantasie erlebt hat: ein Krokodil mit wohlgeformten Frauenbeinen, eine Frau mit drei Brüsten, Männer mit erschreckenden Stierhörnern, eine Welt, die nur aus dicken Menschen zu bestehen scheint. Sujet und Farben vieler Bilder wirken für das deutsche Auge zunächst seltsam und bizarr, aber dann

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Horacio Politi malt sein Buenos Aires

Buenos Aires, im Dezember 1987; Photo W. Stock

Buenos Aires, im Dezember 1987; Photo W. Stock

Das Haus des Malers hat schon bessere Zeiten gesehen, und sein Bewohner, man merkt es schnell, wohl auch. Als ich Horacio Politi im Dezember 1987 in Buenos Aires aufsuche, spürt man, dass auch Engel auf den Boden fallen.

Das sonnige Leben, der Selbstzweifel vielleicht oder womöglich der Ehrgeiz haben ihm ein gutes Stück seiner Zuversicht ausradiert. Er steht da, mit weißen Bart und höchst vergnügt, an seiner Staffelei im Caminito von La Boca, dem von italienischen Einwanderern geprägten farbenfrohen Hafenviertel der argentinischen Hauptstadt.

Jetzt zählen die zwei Nationalpreise für Malerei nicht mehr, die man ihm angetragen hat, besitzt auch die Tatsache keine Bedeutung, dass er lange Jahre als der Picasso Argentiniens gegolten hat. All das ist weit weg. Jetzt hält er nur noch die Fahne hoch, die ein wenig nach billigem Fusel riecht.

Daniel Horacio Politi ist ein echtes Kind dieser Stadt, hier wurde er 1928 geboren. Die Malerei hat er bei Didimo Nardini und Enrique de Larragaña studiert, das Zeichnen bei Lajos Szalay. Unter den Picasso-Schülern ist er immer einer der eifrigsten und talentiertesten gewesen. Denn er kombiniert gekonnt den feinen und doch opulenten Strich des Maestro mit Porteño-Motiven.

Er lädt mich zu sich nach Hause um die Ecke ein, in ein bröckelndes Bauwerk mit wüsten politischen Graffitis und Parolen, quer über Hinterhöfe und hinter mit Unkraut bewucherten Bahngleisen. Seine schwarzhaarige Frau schaut mich zerknirscht und voller Gram an und man möchte mit arger Müh ahnen, dass hinter den zahlreichen Falten und all der Lebenspein einst eine hübsche Person steckte.

In einer Abstellkammer zieht Maestro Politi aus Falttaschen Dutzende von Aquarellen, Kreidezeichnungen und Wachsbilder hervor, die er allein in den letzten Monaten gemalt hat. Vieles erscheint von mittlerem Belang, doch einiges ist von erstklassiger Güte: die versunkene Melancholie des einsamen Bandoneon-Spielers, das Tango-tanzende Liebespaar unter der La-Boca-Zugbrücke. Oder die laszive Herausforderung Evas mit Apfel im Paradies.

Horacio Politi malt viel, er malt den Liebreiz und die Eigenheit von Buenos Aires und seinen Bewohnern, er malt die Verlassenheit und das Leben, ein Leben, das langsam zerbröselt, so wie Staub zwischen den Fingern zerrinnt. Politi hat sein karges Leben in den letzten Jahren merklich nach innen gekehrt. Da überrascht es nicht, dass nun zunehmend religiöse Motive in seine Werke einfließen.

Wir sitzen in seinem kleinen fensterlosen Atelier und an uns vorüber rauscht die Einmaligkeit dieser Stadt. Zu Papier gebracht von einem begnadeten Künstler, der all die Höhen und Tiefen eines Menschenlebens erfahren hat, und vielleicht auch ein bisschen mehr. Als mir Horacio Politi die Hand zum Abschied fest drückt, gehe ich mit der Empfindung, dass dieser Maler typisch ist für diese Metropole am Mündungsdelta von La Boca. Typisch für eine Stadt, die an guten Tagen beschwingt und ausgelassen daher kommt, sich in den trüben Stunden aber in aller Armseligkeit und voller Schwermut durch den Tag schleppt.

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Bleicher Kinski in alter Post

(c) Werner Herzog Film

Eine Szene wie aus einem alten Gemälde, ein wenig Spätromantik und ein bißchen Biedermeier. Farbenfroh, mit Liebe zum Detail, vielleicht etwas kitschig, aber irgendwie auch mythisch.

Ein Notar sitzt vor dem Schreibtisch, davor eine Frau mit breitem Hut und ein Mann mit gebleichtem Wuschelhaar. Links huscht ein Bürobote durchs Bild. In der Ecke steht eine riesige peruanische Flagge.

Der Blick des Mannes, den Kopf auf seine linke Hand gelehnt, wie auch der Blick des Bildbetrachters wandern hinaus durch die beiden hohen Wandtüren über die Balustrade auf den breiten Fluss. Der Amazonas wirkt als perspektivisches Zentrum des Bildes, er ist die Verlängerung, die Schöpfung, das Göttliche. Die kraftvolle Natur steht in einem romantischen Sinne im Mittelpunkt der Szene. Der Mensch wirkt klein, adornisch, fast wie zerbrechliche Püppchen oder kleine Zinnfiguren.

Doch dies ist kein Werk der spätromantischen Malerei, sondern eine Filmszene aus Fitzcarraldo. Klaus Kinski und Claudia Cardinale beim Notar Bill Rose. Die Handlung spielt in der Amazonasmetropole Iquitos kurz nach der Jahrhundertwende, so um 1910. Kautschukboom in Südamerika.

Gedreht wurde diese Szene, wenn ich mich recht erinnere, in der alten Post von Iquitos. Den Raum erkenne ich wieder, denn ich bin Ende der 70er Jahre, wenn ich in Iquitos weilte, oft in das Postamt gegangen, um postlagernde Briefe abzuholen oder Grüsse in die Heimat zu schicken.

Das alte drei- oder viergeschossige Postamt befand sich direkt an der Uferstrasse, dem Malecón, neben dem ehemaligen Hotel Nacional, wo damals Militär untergebracht war. Ein fin-de-siècle-Haus, wie viele in Iquitos, was an die Cauchero-Zeit erinnert. Pompöser, neureicher Jugendstil unter sengender Tropensonne.

In der alten oficina de correos musste man in das erste Stockwerk hoch, über eine alte wuchtige Treppe, antikes Gemäuer, Tropenhölzer, altes Mobiliar. In den 80er Jahren ist das Postamt dann in ein modernes Gebäude in die Avenida Arica, zwei Strassenblocks vom Amazonas entfernt gezogen.

Der Star bei den Dreharbeiten zu Fitzcarraldo in Iquitos hieß nicht Kinski, sondern Claudia Cardinale. Die damals 42-jährige gibt sich als eine unprätentiöse, kollegiale Schauspielerin. Sie braucht keine Sonderbehandlung, macht kein großes Aufhebens um sich und ihren Ruhm. Ein Typ zum Pferdestehlen, würden die Jungs von nebenan sagen.

Wenn sie abends beim Italiener Don Giovanni, dem Stammlokal der Filmleute in der Calle Putumayo, ihre Pasta bestellt, und da in Jeans und T-Shirt sitzt, schlank, mit den leuchtenden schwarzen Haaren, so ganz ohne Allüren, dann ist sie die Claudia aus Rom. An der Seite stets ihr 24-jähriger Sohn Patrick, der seine Mama um fast zwei Köpfe überragt.

Das alte Postgebäude in Iquitos. Ein wunderschönes Gemälde, das in Wirklich eine Filmszene darstellt. An solch eingefrorenen Bildern mag man erahnen, welch ein Meisterwerk dem Regisseur Werner Herzog 1982 da mit Fitzcarraldo gelungen ist.

Normalerweise steht hier kein werblicher Hinweis. Aber bei einem solch betörenden Werk machen wir die Ausnahme. Den Movie Stills gibt es im Kunsthaus Lumas als Fotografieabzug, nummeriert und signiert. Zu einem, wie ich meine, unexotischen Preis.

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