Reisen & Begegnungen

Autor: Wolfgang Stock Seite 10 von 38

Go, Bärchen, go!

Gummibärchen

gefunden in Weilheim, Oberbayern, im März 2013; Photo by W. Stock

Der Leser dieses Blogs weiß, ich mag Anglizismen. Sie sind eine Art universale Bezeichnung für die Dinge des modernen Lebens. Aber, auch dies sollte gesagt werden, ein wenig Intelligenz bei ihrer Nutzung hier und da wäre schon angebracht.

Gummibärchen to go!, hoppladihopp, da setzen Aug und Hirn doch gleich zum doppelten Purzelbaum an.

Ein Anglizismus beim urdeutschen Gummibärchen, in Kombination mit dem sichtbaren Umlaut, all dies birgt eine gewisse Komik, jedenfalls wenn man sich eine gewisse sprachliche  Jungfräulichkeit bewahren durfte. Und dann dieses to go.

Denn sprachlich dient das to go im Deutschen dem Ausdruck zum Mitnehmen als Entsprechung. Ein Coffee to go ist ein Becher Kaffee, den man nicht im Café am Tisch trinken muss, sondern als ein Schnell-Kaffee im Pappbecher für unterwegs verkauft wird.

Bei Bears & Friends, ein wirklich hübscher Ladenname, geht es also eigentlich um Gummibärchen, die man

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Bunga Bunga in Roma

clowns2Zwei Clowns hätten die Wahlen vor einer Woche in Italien gewonnen, so polterte Peer Steinbrück von der SPD. Sogleich fängt der Kanzlerkandidat sich dann eine Watschn vom italienischen Präsidenten Napolitano.

Doch wo der Problem-Peer recht hat, da hat er recht. Die zwei Komiker Grillo und Berlusconi haben verdammt viele Stimmen bekommen, ich darf es so sagen, denn ich bin nicht Kanzlerkandidat der SPD. Und auch mein Lieblingsblatt The Economist nimmt sich des Themas an unter dem Manegen-Ruf eines amerikanischen Schlagers Send in the clowns.

Wegen dieses ganzen Zirkus sieht das Londoner Wirtschaftsmagazin gar den Euro und mit ihm gleich ganz Europa am Abgrund. Die Italiener hätte die Wirklichkeit einfach nicht zur Kenntnis  genommen. Und wenn man diesen Weg weiterginge, dann sei die ökonomische Lähmung und der politische Abstieg des Kontinents nah.

In der Tat wirkt das Ergebnis der Wahlen auf den ersten Blick desaströs: Die Kräfte des Zentrums – der Sozialdemokrat Bersani und der Wirtschaftsprofessor Monti – blieben kräftig hinter den Erwartungen zurück. Interessant erscheint mir in diesem Zusammenhang, dass der

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Die alte Kamelle Arbeitszeitverkürzung

Immer wieder trifft man auf Anhänger der Arbeitszeitverkürzung. Im Augenblick geistert der aparte Vorschlag von linken Intellektuellen durch die Blätter, man möge die wöchentliche Arbeitszeit auf 30 Stunden für alle reduzieren, das gleiche Gehalt wie für 35 oder 40 Stunden zahlen und alle Probleme dieser Welt hätte man vom Tisch. Die Arbeitslosen wäre in Lohn und Brot, die Produktivität würde steigen.

Man muss sich an den Kopf fassen vor soviel ökonomischen Unverstand. Nach dieser hübschen Theorie müsste man die Arbeitszeit wohl auf 10 Stunden pro Woche senken, und man befände sich im Paradies.

Lassen wir rein pragmatische Argumente mal beiseite, ich will ja nicht mit Logik langweilen. Aber was hilft es einem Hilfsarbeiter, wenn der Ingenieur seine Arbeitszeit kappt, wo kommen die Altenpfleger her, die das reduzierte Zeitvolumen auffangen sollen? Mir geht es um etwas anderes: Die Befürworter solch wirklichkeitsfremder Ideen haben die Funktionsweise der Globalisierung nicht verstanden.

Arbeitszeit kann man nach Belieben senken,

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Der König spricht nur einen Satz

Juan Carlos IAn einem Abend im Februar 1981, so wird berichtet, ließen die Putschisten dem spanischen König eine unmissverständliche Botschaft zukommen. Majestät, so wurde ihm per Telephon gesagt, Sie haben 24 Stunden Zeit, das Land zu verlassen. An diesem 23. Februar 1981 verkündete der General Jaime Milans del Bosch zusammen mit Spießgesellen wie dem Oberstleutnant Antonio Tejero von der Guardia Civil den Ausnahmezustand und beorderte die Truppen aus den Kasernen.

Doch was antwortete König Juan Carlos I auf das Ultimatum der Putschisten? Er sagte nur einen Satz: Wenn Ihr mich weghaben wollt, dann müsst Ihr mich schon erschießen. Dies war der Satz, der Spaniens wackelige Demokratie gerettet hat.

Anschließend wandte sich der König, jahrelang als Weichei und Zögling von Diktator Franco verschrieen, per Fernsehen in seiner Uniform als Oberbefehlshaber der Streitkräfte an seine Landsleute und

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Hemingway kommt einmal nach Cabo Blanco

Colán Cabo Blanco

Colán, im Jahr 1983; Photo by W. Stock

im Norden Perus, Anfang 1983

Einmal in seinem Leben ist Ernest Hemingway in Peru gewesen. Nicht in der Hauptstadt Lima oder in Cuzco, im Andenhochland, sondern an der wilden Pazifikküste des Nordens, dort wo die Sonne und das Salz des Meeres die Haut des Menschen so zersetzen, dass man abends nur mit Schmerzen in den Schlaf findet. Und dort, wo durch den kalten Humboldtstrom die reichsten Fischgewässer weit und breit zu entdecken sind. Das war eine Landschaft ganz nach Hemingways Geschmack.

Dieser Norden Perus, eine trockene Wüstenlandschaft, fügt sich den vielfältigen Launen der Naturgewalt. Die Nacht über hat es in Strömen gegossen. Nach Süden geht es nicht weiter. Hinter Bocapan ist die Brücke unten. Der Weg zurück nach Tumbes ist unpassierbar, bei Corrales liegt die Straße unter metertiefem Wasser. Die Panamericana vor mir sieht aus wie eine zerquetschte Marzipanrolle. Es geht weder vor noch zurück.

Entlang der Pazifikküste hier, zwischen Tumbes und Cabo Blanco, liegen Perus Seebäder. Ein beißender, salziger Wind fegt über die kleinen Dörfer, die von der kraftstrotzenden Sonne gegrillt werden. Vor uns liegt endlich Cabo Blanco, das neben Mancora, Punta Sal und Colán eines der kleinen Seebäder an der Nordküste Perus ist. Hier ist das Klima rau und das Meer unbändig. An Kilometer 1.137 der Panamericana liegt dieses Cabo Blanco, das in den 50er und 60er Jahren des letzten Jahrhunderts ein bekannter Treffpunkt der Hochseefischer war, und nun etwas verfallen und heruntergekommen wirkt, wie das ganze Land.

Der US-Amerikaner Alfred C. Glassell hält bis heute den Weltrekord im

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Ricardo und die Globalisierung

Pilotprodukt des wirtschaftlichen Fortschritts im 20. Jahrhundert war das Automobil. Ermög­lichte dieses merkwürdige Vehikel doch, Menschen und Waren von München nach Hamburg in weniger als 10 Stunden zu bewegen. Der Grundstein für Mobilität war gelegt, eine Explosion wirt­schaftlichen Wachstums folgte.

Als Leitprodukt des jungen 21. Jahrhunderts gilt nicht mehr das Automobil, sondern die Telekommunikation. Über 10 Stunden München-Hamburg wird da nur milde ge­lächelt. Der Computer und das Glasfaserkabel schaffen München-New York in einem Wimpernschlag. In Millisekundenschnelle erreicht das Mirakel Internet jeden Punkt des Erdballs.

Dieser freie und hyperschnelle Fluss von Informationen, Wissen und Know-how führt dazu, dass Grenzen, Sprachbarrieren, nationale Gesetze und Regelungen nicht mehr zäh­len. Das Internet sorgt für das Zusammenrücken der Welt, für die Angleichung der Lebensver­hältnisse. Die Welt bleibt 24 Stunden geöffnet und Arbeit kann theoretisch im hintersten Winkel der entlegensten Wüste erledigt werden.

Wenn Arbeit nun global geleistet werden kann, dann bedeutet dies auch, dass Wettbewerb fortan global stattfindet. Jahrzehnte auf­gebaute Trutzburgen und Schutzmechanismen bröckeln nach und nach. Musste bis vor einigen Jahren ein Produkt oder eine Dienstleistung nur regional oder national wettbewerbsfähig sein, so müssen diese heute auch weltweit bestehen können.

So unangenehm dieser

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Helmut Maucher kennt die Erfolgsformel

Düsseldorf, im Mai 1991; Photo by Hasso von Bülow

Gibt es eine Person, die – fachlich wie menschlich – dem Idealtypus eines Wirtschaftsmanagers nahe kommt? Hm, schwierige Frage. Doch wenn ich nur einen Namen nennen müsste, dann diesen: Helmut Maucher.

Helmut Maucher hat in den 80er und 90er Jahren Nestlé – unaufgeregt, aber zielstrebig – zu einem erfolgreichen Weltkonzern geformt. Im November 1990 war ich Gast im Nestlé-Headquarter in Vevey am Genfer See. Maucher lud mich ein zu einem Mittagessen hoch oben in der Vorstandsetage. Der Nestlé-Chef ist ein sympathischer, unprätentiöser Mensch, man kommt leicht ins Gespräch mit ihm.

Aus der Nähe von Wangen im Allgäu kommt Maucher, dort wo die Menschen als ehrbare Bauern und Handwerker arbeiten, und wo man so leicht keinen Spleen kriegt. Helmut Maucher, Jahrgang 1927, absolviert nach Schule und Abitur eine kaufmännische Lehre in einem Molkereibetrieb seines Heimatortes Eisenharz. Dieser Betrieb wird dann von Nestlé gekauft, Maucher wechselt in die Deutschland-Zentrale nach Frankfurt und hier beginnt dann seine Karriere.

Von 1980 bis 1997 war er die Person, die in Vevey das Sagen hatte. Maucher war der erste

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Frank Sinatra in Las Vegas, unkaputtbar

sinatrasands3Wir finden uns wieder in Las Vegas, Nevada. United States of America. Der Kalender zeigt den Januar 1966. At the Sands. Frank Sinatra wurde gerade 50. The golden September of his years.

Ist dies die beste Sinatra-Platte ever? Da gibt es doch wohl keine zwei Meinungen! Sinatra. Live at the Sands. Ganz famos, denn an diesem Abend kommen einige Glücksfälle zusammen.

Frank Sinatra befindet sich auf dem Höhepunkt seiner Stimmkraft, das Count Basie Orchestra sorgt für einen sehr vollen und dynamischen Sound und ein junger Kerl namens Quincy Jones sorgt für geniale Arrangements.

Auf dem Label Reprise vereinigt diese Platte die ganze Brandbreite des Sinatra-Repertoires. Feinen Vokaljazz, das American Songbook, whiskeyselige Honky-tonk-Lieder, den melancholischen Lebens-Rückblick, ein ulkiger 12 Minuten-Monolog.

Der Basie-Sound bildet einen kraftvollen

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Ein Schmierentheater in Frankfurt

SchmiereDie Schmiere. Dieser Name genügt als Programm. Laut Eigenwerbung das schlechteste Theater der Welt – angeblich. Solch Eigenlob scheint natürlich leicht übertrieben.

Jedoch mochte Die Schmiere stets wider den Stachel löcken. Die Schmiere wollte immer dagegen halten, sie kultivierte das Aufsässige, betonte ihr intellektuelles Rebellentum. Der Geist der Macher und Spieler zelebrierte das Anti. Das Anti-Establishment. Das Anti-Konservative. Auch wohl auch das Anti-Theater. Und im Grunde genommen auch das Anti-Kabarett.

In der Frankfurter Schmiere wurde des Abends nicht mit dem Florett gefochten, und auch nicht mit dem Degen. Nein, hier flog in jeder Vorstellung ein wuchtiger Holzhammer durch die heiligen Hallen. In dem ehrwürdigen Karmeliterkloster zwischen Paulskirche und Main ging es im Souterrain höchst unheilig zu. Im Keller des alten Klosters, in einem Gewölbe mit schlechter Luft und Möbel vom Sperrmüll, regierte

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Lufthansa: Flug ins kinderlose Paradies

Vorweg, ich mag Lufthansa. Für mich ist dies die beste Fluglinie weit und breit. Wenn es  irgend geht, fliege ich mit dem gelben Kranich. Das Lob für die Lufthanseaten kommt aus tiefem Herzen: solide, sauber, pünktlich, guter Service. Kurz, man fühlt sich in guten Händen.

Doch wenn ich die neue Lufthansa-Anzeige sehe, dann kriege ich das kalte Grausen. Kinder: aus dem Haus, Katze: bei den Nachbarn – Wir: am Ziel der Träume.

Besonders kinderfreundlich war dieses Land ja nie, aber wenn es der Traum sein soll, die Kinder weg zu kriegen, und sich für 489 Euros dem eskapistischen Traum hinzugeben, dann passt diese Werbung ja eigentlich gut in die Zeit.

Die hedonistische Werbebotschaft der Lufthansa befeuert das moderne Weltbild der Verantwortungsunlust und der Belanglosigkeit. Kinder und Katze ruhig gestellt, ab ins kinderlose Paradies, nur weit weg. Alleine, dass Kinder und Katze in einem Atemzug genannt werden, zeigt das verschrobene Weltbild und den dünnen Wertekatalog der Lufthansa-Werber.

Wie tief will die Moral sinken und wie

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