Reisen & Begegnungen

Kategorie: Jazz & andere Musik Seite 5 von 9

Mucho macho, Machito

Machito, im Juli 1982; Photo by Volker Wagner

Salsa, Latin, Buena Vista. Das ist Musik, die unter die Haut und dann direkt in die Beine geht. Noch heute hallen die Ohrwürmer der Latin-Klassiker nach, das Oye, como va des Timbalisten Tito Puente, Watermelon man gespielt von dem Perkussionisten Mongo Santamaria oder die Ballade von Pedro Navaja, die Ruben Blades zum besten gibt.

Mit ihrer scharfen Sauce aus viel Rhythmus, südamerikanischer Melodik, ausschweifenden Improvisationen und swingendem Unterbau gelingt es den Salsa-Königen aus Kuba, Puerto Rico und der Bronx musikalisch die halbe Welt zu betören. La Sonora Matancera, Monguito, Celia Cruz, Willie Colón oder Ray Barretto, die alten Knaben vom Buena Vista Social Club – das ist Musik, vital und explosiv, wie sie manch junger Rapper nicht mitreißender hinkriegt.

Doch den Vater, den Urahn, dieser Musik kennen heute die wenigsten. Angefangen hat das ganze in den

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Teddy Stauffer erklärt den Swing

Teddy Stauffer im mexikanischen Acapulco, November 1982; Photo by W. Stock

Verächtlich wurden sie in den Nazi-Jahren Swingheinis genannt, um zu zeigen, dass sich hier nicht das Gute, Schöne und Wahre der deutschen Kultur manifestiere. Und der beste Swingheini in Deutschland ist der Schweizer Teddy Stauffer gewesen. Über 300 Schallplatten haben Teddy Stauffer und seine Original Teddies in den 1930er Jahren aufgenommen. Das ist Rekord.

In den Hitlisten stehen sie in dieser freudlosen Zeit immer ganz oben. In Berlin und Leipzig sind Teddy und seine Mannen in jenen Jahren so bekannt wie heute Lady Gaga und Madonna zusammen. Die Stauffer Band ist smooth gewesen, swinging und vor allem hot. The hottest Band in Town. Und hot bedeutet in jener Zeit sehr amerikanisch. Als ich Teddy Stauffer im November 1982 zuhause in Acapulco besuche, unterhalten wir uns auch über die Swing-Musik in der Weimarer Republik.

Als Quartett – Willi Mussi, Walo Linder, Pole Guggisberg und Ernest Stauffer – verlassen die Jungjazzer 1929 ihre heimatliche Berner Provinz in Richtung Berlin. Vier übergeschnappte Jungs auf der Suche nach dem Abenteuer. „Wir waren damals drei Schlagzeuger und ein Pianist, als wir in Berlin ankamen“, sagt Teddy Stauffer und lacht über sein braungegerbtes, faltiges Gesicht. Nach und nach bauen sie die Band bis zum Orchester aus. 

Als Bandleader zelebriert Teddy Stauffer den großen Auftritt, er gefällt sich in der Rolle

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Frank Sinatra singt „Send in the Clowns“

Sinatra. Eine andere Version von Send in the Clowns. Hier sieht und hört man dann nochmals, worin die Strahlkraft eines Frank Sinatra liegt. Frankieboy zeigt hier wieder  dies voluminöse, starke Timbre. Diese dichte und volle Klangfarbe.

Trotzdem beschleicht einen wenig das Gefühl, Frank Sinatra sei nicht so ganz bei der Sache. Send in the Clowns ist sicherlich keine Komposition, die Sinatra, wie man so sagt, auf den Leib geschneidert ist.

Vielleicht mochte er dieses Lied auch

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„Shiny Stockings“ – besser kann eine Big Band nicht swingen!

Stock mag Shiny Stockings. Sehr sogar. Ein Lieblingstitel über viele Jahrzehnte. Natürlich in der Version von Count Basie.

Frank Foster hat das Lied komponiert. Der saß eine Zeitlang beim Count im Orchester, in der Saxophone-Line genau in der Mitte.

Mittendrin in Shiny Stockings gibt es ein Trompeten-Solo. Das ist schwierig. Weil es technisch rasant zugeht und dazu spitz und hoch geblasen werden muss. Wenn dies Cat Anderson tun durfte, der Mann konnte mit seiner Trompete fünf Oktaven ausfüllen, dann

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Bon Jovi in München

Photo by W. Stock

Pfingstsonntag, am Abend, im merklich in die Jahre gekommenen Münchner Olympiastadion. Die Alt-Rocker aus New Jersey haben sich angesagt. Doch von den Zipperlein des Alters keine Spur.

Mehr als drei Stunden spielen die Musiker in einem Rutsch durch. Die alten Ohrwürmer, neue Lieder, rockige Stücke, langsame Balladen.

Raise Your Hands, damit fängt es direkt fetzig an, und die 67.000 Zuhörer werfen die Hände in Luft. Vom ersten Titel an hat die Gruppe das Publikum im Griff und der Spannungsbogen wird bis zum Schluß gehalten. Bei It’s my Life steht das Stadion Kopf und alle singen mit.

Erstaunlich, wie jung das Publikum ist. Viele

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Stephen Sondheim und „Send in the Clowns“

Send in the Clowns ist eine hübsche Komposition aus dem Jahr 1973. Als Komponist zeichnet der Amerikaner Stephen Sondheim, der den Song für das Musical A little Night Music schrieb.

Der Song wurde schnell zu einem Standard im vokalen Jazz, weil er trotz einer einfachen Dramaturgie eine melodiöse Komplexität besitzt. Die facettenreiche Ballade ist nicht gerade einfach zu singen. Und deshalb schauen wir uns über die nächsten Wochen einmal einige Versionen an, um zu hören, wie unterschiedlich die Künstler mit diesem Lied zurecht kommen.

Den Anfang macht der Komponist himself mit einer liebenswürdigen Unterrichtsstunde an der Guildhall School of Music in London. Der gestrenge Komponist macht ein wenig oberlehrerhaft und doch höflich auf die lyrischen Feinheiten des Songs aufmerksam. Und überaus

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Paquito D’Rivera will nur Saxophon spielen

mit Paquito d’Rivera, im Juli 1983; Photo by Volker Wagner

Während einer Tournee durch Spanien setzt sich der kubanische Saxophonist Paquito d´Rivera im Jahr 1980 von seiner Band Irakere ab und flüchtet in die Vereinigten Staaten, wo er um politisches Asyl nachsucht. Seine Ehefrau und einen Sohn hat er auf Kuba zurücklassen müssen. In den USA fasst er schnell Fuß und arbeitet mit Dizzy Gillespie, McCoy Tyner und Randy Brecker zusammen.

Rasch steigt Paquito zum Saxstar des Plattenlabels CBS auf. Auf seiner zweiten Einspielung wischt er den Revoluzzern seiner Heimat kräftig eins aus. Provokativ nennt er die heiße Scheibe Mariel, das ist jener Fluchthafen an Kubas Westküste, über den Tausende Castro-Gegner in kleinen Booten die neunzig Meilen nach Key West zu türmen versuchen.

Die ersten Jahren in den Vereinigten Staaten dienen solcher musikalischer Vergangenheitsbewältigung. Auf den Platten Blowin und Mariel frönt er seiner Leidenschaft zu großen Gesten. Die dort eingespielten Kompositionen Song to my son oder New York is you offenbaren Paquitos Trauma, seine Geschichte der Welt erklären zu müssen.

Das Zerwürfnis zwischen

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Johnny Carson, der Sandmann Amerikas

Die Show kam in den Anfangsjahren aus New York, später aus Burbank in Kalifornien. Oft bin ich mit ihr ins Bett gegangen. Im Amerika der 80er Jahre setzte Johnny Carson den Schlusspunkt des Tages.

The Tonight Show with Johnny Carson auf NBC. Das war das Vorbild und Muster aller Late-Night-Shows. Unerreicht. Keiner verstand diese schwierige Form der Unterhaltung wie er. Liebenswürdig, umgänglich, beschwingt und auch ein wenig lausbübisch.

Alles sah so leicht und locker aus, war jedoch Kärrnerarbeit. Wenn man eine solche Show macht, vor Millionen Zuschauern, über Jahrzehnte, dann muss man schon der beste sein: Schlagfertig, jede Pointe muss sitzen, man muss informiert sein – und das alles live und ohne doppelten Boden.

Carsons Show lief immer gleich ab. Johnny tritt aus dem langen Vorgang hervor, ausgerufen von seinem Sancho Pansa, dem bulligen Ed McMahon. Der rief zuvor Heeeeeeere’s Johnny. Danach ein stand-up Monolog von einigen Minuten, manche Pointe ließ Carson mit der Handbewegung eines Golfschlags auslaufen.

Die musikalische Dramaturgie oblag der Band von Doc Severinsen. Diese ganz famose Big Band mit superben Solisten spielte Johnny’s Theme, ein melodiöses up-tempo-Stück. Es war das Neu-Arrangement einer Komposition von Paul Anka, die im Ursprung Toot Sweet hieß.

Seine erste Sendung hatte Johnny Carson am 1. Oktober 1962, seine letzte Tonight Show am 21. Mai 1992. Dazwischen lagen fast 5.000 Tonight Shows mit 23.000 Gästen in 30 Jahren. Das reicht zur Legende, zur nationalen Institution.

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The Beatles, geehrt von Count Basie

Unverschämt! Eine Frechheit! Welch ein Frevel! Ein Unterfangen jedenfalls, das von Anfang an zum Scheitern verurteilt ist.

Die Beatles zu covern?! Das nimmt sich wie der Versuch aus, einen Roman im Stile von John Dos Passos zu schreiben.

Denn die Songs der Beatles sind so genial, dass man sie eigentlich nicht verbessern kann. Und überhaupt. Die Lieder der Fab Four wirken so stilbildend, dass man sich mit anderen Arrangements schwer tun würde.

Aber doch: Basie’s Beatle Bag. Elf frühe Kompositionen von John Lennon und Paul McCartney hat der wunderbare Arturo Chico O’Farrill für Count Basie und sein Orchester arrangiert.

Die Count Basie Big Band jener Tage liest sich wie ein Who is who des Jazz: Sonny Cohn, Wallace Davenport an den Trompeten, der Posaunist Al Grey, Tenorsaxophonist Eddie Lockjaw Davis, Freddie Green an der Gitarre. Im Mai 1966 ging es dann los.

Es ging los und vielleicht ging es auch

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Miles Davis als Maler

Grafik by Miles Davis

Als Musiker kennt ihn jeder. Ein Zeus der Trompete. Der Jahrhundert-Jazzer. Mr. Cool himself.

Doch es gibt noch eine andere Facette im bunten Leben des Miles Davis. In den Krisen der späten Jahre sucht der Trompeter Zuflucht und Trost in der Malerei. Musikalisch war Miles im Herbst seiner Schaffenskraft angelangt.

Er macht ihm Mühe, die Trompete zu spielen. Die Hüfte, die Galle, der Magen, ein Schlaganfall. Und überhaupt. Aber da muss was raus aus ihm.

Seine brach liegende Kreativität überträgt Miles nun auf die Malerei. Vielleicht will er mit dem Malen auch den Drogen entgehen, die ihn zu oft im Griff halten. Die Malerei jedenfalls soll ihn ablenken von Last und Laster.

Als Musiker ist er bestens gebildet, gilt als ein Perfektionist, doch als Maler, da bleibt er Autodidakt. Zunächst malt er skizzenhafte kleine Strichzeichnungen, Musiker, einen Don Quixote, einen Ritter, Josephine Baker. The Kiss, zwei Menschen, die sich küssen und im Herzen vereint sind. Oft malt er sich selbst, leicht verfremdet, aber für Liebhaber seiner Musik immer gut zu erkennen.

Erst später experimentiert er mit kräftigen Farben. Jetzt entspricht die Farbe seiner Bilder dem Ton seiner Trompete: surreale, fragile Striche, unerwartete, schrille Farben, expressionistische Köpfe und Torsi. Nun outet er sich endlich auch als Maler. Seine Bilder signiert er stets mit Miles! – mit Ausrufung.

Manche seiner Bilder finden sich jetzt

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