Notizen und Anmerkungen von unterwegs

Kategorie: Bayern Seite 1 von 3

Das Land, wo Milch und Gerste fließen

Der Fischbrunnen auf dem Marienplatz in München. Foto: W. Stock, 2022.

München boomt. Bayern ist Spitze. Alle zieht es in den Süden. Warum? Nicht nur wegen der Wiesn. Oder dem Bier. Oder den schönen Seen. Auch die Wirtschaft Bayerns geht in Deutschland vorne weg. Die meisten DAX-Unternehmen sitzen in München. Gleiches gilt für die modernen Branchen. Und für die schönen Künste ebenso. Es ist schon beängstigend.

Nicht Berlin, sondern München ist die Haupt-Stadt Deutschlands. Übrigens, auch für Buchverleger. Random House, Droemer, Piper, Beck, Hanser, Kunstmann, die wichtigen Literaturagenten – in München werden wohl mehr Bücher pro­duziert als im Rest der Republik zusammen. Vor so viel Erfolg bleibt einem die Spucke weg.

Was ist denn dran an München, aus welchem Grund will halb Deutschland in der Bayern-Metropole arbeiten? Bei den Bayern kann man bekanntlich am lebenden Ob­jekt beobachten, was übermässiger Alkohol­-Konsum und 70 Jahre ununterbrochener CSU-Herrschaft so alles anrichten können. Die Partei, die das schöne Bayern erfand. Es ist etwas dran an diesem imaginären Wahlkampf-Slogan.

Man lebt gerne in diesen Breiten und man genießt. Die schönsten Kirchen und Klöster findet man hierzulande, Gasthäuser sowieso. Im Kloster Andechs hat man beide praktischerweise gleich nebeneinander gebaut. Die Verweildauer zwischen Kirche und Biergarten liegt im Verhältnis 1 zu 20.

Die Bayern zeigen sich stolz auf ihr Land. Zurecht. Ihre Herrscher waren keine Absolutisten, die das Land ins Unglück gestürzt hätten. Sondern Schöngeister und Traumtänzer, fesche Männer mit Ecken und Kanten. Die königlichen Ludwigs – der erste fiel der Hochstaplerin Lola Montez, der zweite dem Schwachsinn anheim – werden genauso inbrünstig verehrt wie der neue Typus von Regent, der in Bits und Bytes denkt.

Nüchtern betrachtet ist Bayern in den letzten 50 Jah­ren von einem rückständigen Agrar­land direkt ins zukunftsträchtige Zeitalter von High Tech ge­sprungen. Die Etappe der rußgeschwärzten Hochindustrialisierung in Kohle und Stahl hat man durch glückliche Fügungen überspringen dürfen.

Laptop und Lederhose – dies geht für den knorrigen Bayern deshalb ohne Achselzucken zusammen, während anderenorts noch das Lamento über die Gefahren der neuen Technologien angestimmt wird und man in den Denk­mustern der Fabrikschlote hängen bleibt. Kein Wunder, dass besonders amerikanische High-Tech-Unternehmen München lieben. Google und Apple vornedran.

Die Firma aus Cupertino will den Standort in München weiter ausbauen, mit mehr als 2.000 Beschäftigten ist München schon heute Apples größter Entwicklungs­standort in Europa. Für Amerikaner – man höre und staune – sind die Mieten in München niedrig, ein Standortvorteil. Und die Lebensqualität hoch. Was will man mehr?

Die Staatsregierung unter Markus Söder mit ihrer klugen Ansiedlungspolitik umhegt jede internationale Firma. In der Staatskanzlei, auf dem Oktoberfest, bei Kunst und Kultur. In Bayern kämpfen die Förderungsgesellschaften, die Ministerien und jeder Bürgermeister um die Ansiedlung junger Start-ups. Im Norden der Republik ist den Regierenden die Wirtschaft häufig schnuppe, innerlich wird gefremdelt und abgelehnt.

Das schlaue Bayern weiß, dass Wohlstand durch diese Investitionen in das Alpenvorland kommen. Und Diversität. Es macht den Unterschied zwischen blumigen Fensterreden und gelebter Praxis aus. Die Bevölkerung zieht mit.

Trotz dieser modernen Infrastruktur ist der Bayer im Grunde

Loading

B. Traven, alias Ret Marut, in Schwabing

In der Clemensstrasse in Schwabing findet Ret Marut Unterkunft. Foto: W. Stock, Mai 2021.

Die Clemensstrasse 84, ein viergeschossiges Haus mitten in München, ist die ehemalige Adresse eines Großen der deutschen Literatur. Auf dem dritten Stockwerk, in einer 3-Zimmer-Wohnung, hat der Schriftsteller Ret Marut von 1915 bis 1919 gewohnt und gearbeitet. Dieser rätselhafte Ret Marut, es ist ein Pseudonym, zeichnet in jenen Jahren als Verleger und Hauptautor einer sozial-radikalen Zeitschrift mit dem Titel Der Ziegelbrenner. Von Düsseldorf kommend hat sich Ret Marut, von Beruf Schauspieler und Autor, in der Clemensstrasse eingemietet.

Die Polizeidirektion München verfasst mit Datum 19. 11. 1917 ein Dossier über die suspekte Person: Marut, Ret, geb. 25. Februar 1882 in San Franzisko, amerikanischer Staatsangehöriger, Schauspieler, Schriftsteller, ist seit 3. 7. 1917 hier im Aufenthalt und z. Zt. Clemensstrasse 84/3, in Wohnung gemeldet. Was die Polizei allerdings nicht weiß: Der Name ist falsch, die Nationalität ebenfalls, der Geburtsort ist frei erfunden. So gut wie alle Angaben, die Ret Marut den Behörden mitteilt, sind geschwindelt und gelogen.

Dieses Bild hat ein leeres Alt-Attribut. Der Dateiname ist Clemens84-681x1024.jpg

Clemensstrasse 84 in München-Schwabing. Foto: W. Stock, Mai 2021.

An Ret Marut erinnert heute eine Gedenktafel am Wohnhaus in der Clemensstraße 84 in Schwabing. Seine Stieftochter Malú Montes de Oca Luján ist im Mai 2019 eigens zur Enthüllung aus Mexiko nach Deutschland gekommen, tatkräftig unterstützt von der Internationalen B. Traven Gesellschaft. Es ist vor allem das Verdienst der beiden Stieftöchter und deren Ehemänner, die in Vorträgen und auf Internet-Portalen das Andenken an den Schriftsteller wach halten. 

In der Parallelstrasse, der Herzogstrasse mit der Hausnummer 45, wohnt in jenen Jahren Irene Mermet, Maruts Lebensgefährtin und zugleich seine Verlegerin. Das Haus gibt es nicht mehr, es wurde schon vor Jahrzehnten abgerissen. Als Tochter eines Kölner Kohlehändlers besitzt Irene Mermet finanzielle Mittel, mit deren Hilfe sie die Publikationen ihres Freundes unterstützt. 

Nach Kriegsende und Proklamation der Münchner Räterepublik am 7. April 1919 arbeitet Ret Marut als

Loading

Warum am FC Bayern keiner vorbei kommt

Photo by W. Stock

Photo by W. Stock

So früh wie in dieser Saison, sieben Spieltage vor Ende, ist noch kein Bundesliga-Meister in Deutschland gekürt worden. Es scheint, als spiele dieser FC Bayern München in einer anderen Sphäre. Alles Zufall? Alles Glück? Oder was?

Mitnichten. Weder Zufall noch Glück. Ein klug zusammengestellter Kader, ein erstklassiger Trainer, eine stimmige Strategie – darauf fußt der sportliche Erfolg. Alles richtig bis oberrichtig. Doch der eigentliche Grund, warum der FC Bayern allen Konkurrenten um Längen enteilt ist, liegt nicht auf dem Platz.

Denn der FC Bayern München hat eines richtig gemacht, wie nur wenige Klubs auf der Welt: Er hat wirtschaftlichen Sachverstand an sich gebunden. Mit Adidas, Audi und Allianz, dem Triple A, halten gleich drei Weltkonzerne Anteile, je 8,33 Prozent, an dem Fußballklub. Im Aufsichtsrat der AG oder im Verwaltungsbeirat des E.V. sitzen keine Grüßauguste und Freibiergesichter wie andernorts, sondern gestandene Manager wie Herbert Hainer, Martin Winterkorn oder Herbert Henzler. Solch hochprofessionelle Management-Strukturen wie an der Säbener Straße in München findet man sonst nirgendwo in Fußball-Deutschland. Der Vorstand des FCB ist, bis in die unteren Ressorts, mit Top-Leuten besetzt.

Und da alles mit allem zusammenhängt, sei noch schnell darauf hingewiesen, dass sich in München und Bayern eh der wirtschaftliche Sachverstand bündelt. Auch die Resultate auf wirtschaftspolitischem Spielfeld sind beeindruckend: Mit 59.000 Euro ein BIP pro Einwohner, das doppelt so hoch ist wie in Gelsenkirchen, eine Arbeitslosigkeit ein Drittel wie dort. Die Region boomt und prosperiert, weil sich wegen einer klugen Standort-Politik von BMW über Microsoft bis Sky die Crème de la Crème der dynamischen Industrie hier angesiedelt hat.

Der deutsche Bundesliga-Fußball besitzt, bei aller Freude, noch eine eklatante Schwäche: die

Loading

Lukull auf dem Oktoberfest

München, Ende September 2013 Photo by W. Stock

München, Ende September 2013
Photo by W. Stock

Das Münchner Oktoberfest, in Bayern sagt man die Wiesn, ist für sein Bier gerühmt. Hier kann man eine Maß nach der anderen kippen, grölen, schunkeln und auch auf den Tischen tanzen. Alles wunderbar bis großartig.

Doch findet sich auch Kulinarisches auf der Wiesn. Vor allem in der Käferschänke, die dezent am südlichen Ende der Theresienwiese ihren angestammten Platz hält. Beim Münchner Edelgastronom wird mehr auf Qualität denn auf Quantität gesetzt. Bei unserem Besuch überrascht Michael Käfer und seine Truppe mit einem durchaus ausgefallenen Menü.

Als Vorspeise gibt es ausgelöste Flusskrebse in Dillschaum auf Reis. Als Hauptgang dann Pinzgauer Ochsenkotelett, nicht auf einem Teller, sondern für jeden auf heißem Stein. Das war brillant, denn so blieb das zarte Fleisch auch über die Zeit wohltemperiert. Dazu Pommes und buntes Gemüse.

Und wieder ist Käfer der harmonische Mix zwischen bayerischer Traditionsküche und Moderne gelungen. Man kriegt hier etwas, das man kennt, in dieser Komposition aber noch nie essen durfte. Als Nachtisch, bei Käfer stets ein kleiner Höhepunkt, gab es den Himbeertraum, süße Speisen rund um die mundige Beere.

Uns fiel zum wiederholten Mal auf, dass

Loading

Viel Pep beim FC Bayern

München, im September 2013 Photo by C. Stock

München, im September 2013
Photo by C. Stock

Nun sind die ersten Spiele der Saison gespielt, die Champions League ist gestartet, und man mag ein erstes Urteil fällen, wo denn dieser FC Bayern in der Saison 2013/2014 steht. Man kommt aus dem Staunen nicht heraus.

Bayern spielt einen reifen und abgeklärten Fußball. Die Handschrift des neuen Trainers – Pep Guardiola, als Messias vom FC Barcelona gekommen – wird mehr und mehr erkennbar. Das Spiel ist schneller und variantenreicher geworden als noch unter Jupp Heynckes.

Der kluge Katalane Josep Guardiola denkt fußballtaktisch im Dreieck. Das haben Teile der Bayern-Mannschaft bereits gut verinnerlicht. Ich konnte gegen CSKA Moskau beobachten, wie das Dreieck Alaba-Kroos-Ribéry schon prima funktioniert. Ein zweites Dreieck deutete sich beim Spiel auf Schalke an: Schweinsteiger-Lahm-Kroos.

Einige Personalentscheidungen jedoch kann ich nicht ganz nachvollziehen: Lahm ins defensive Mittelfeld abzustellen, finde ich suboptimal. Dort braucht es einen robusten Typen. Gómez abzugeben war Blödsinn. Doch die Breite des Kaders ist beeindruckend. Auch wenn viele Topkräfte verletzt oder angeschlagen sind – Schweinsteiger, Martínez, Götze – , es steht immer eine großartige Mannschaft auf dem Rasen.

Trotzdem hat

Loading

Die Partei des schönen Bayern

ErwinHuberStock

Wolfgang Stock, Erwin Huber
München, im Oktober 2003

Als ich vor 20 Jahren aus dem Rheinland nach Bayern zog, da nahm ich auch einen Koffer voller Vorurteile mit. Eines dieser Vorurteile lautete: Die CSU, das wäre doch ein ziemlich bornierter Haufen, eine Amigo-Ansammlung, rabenschwarz und meist alkoholisiert. Kurz: Ewig-Gestrige, nicht von dieser modernen Welt. So jedenfalls hatten uns das die SPD und der WDR jahrelang gesagt.

Doch im Laufe der Zeit durfte sich das Vorurteil an der Wirklichkeit messen. Die Wahrheit vor Ort sah dann doch ein wenig anders aus.

Über all die Jahre kam ich ins Gespräch mit Bürgermeistern, mit Abgeordneten, mit der Staatsregierung und mit Ministerialräten. Schnell merkte ich, in Bayern regiert nicht die Borniertheit, sondern ein frischer Geist, der Tradition und Moderne klug miteinander zu vereinen weiß. Laptop und Lederhose eben.

Ich lernte den Staatsminister Erwin Huber kennen, der um die Jahrhundertwende für Medienpolitik zuständig war, ebenso wie ich mit seinen Nachfolgern in Kontakt kam. Die meisten waren nicht nur sympathische Zeitgenossen, sondern auch kompetente “Kümmerer”. Ich erlebte bayerische Politiker, die sich engagieren, die Wert auf den Rat von Fachleuten legen und Menschen, die dann auch anpacken.

Zwischen dem persönlichen Bild von

Loading

Eis vom König

München, im August 2013
Photo by W. Stock

Neulich, an einem sonnigen Abend am Münchner Airport und kurz vor dem Flug, bietet man mir freundlicherweise in der Lufthansa-Lounge zur Erfrischung ein Eis an. Kein normales Speiseeis, nein, weit gefehlt, sondern ein königliches Eis.

König Ludwig – Glace Royale. Auf dem kleinen Eisbecher in königlichem Blau prangt der Charakterkopf dieses wunderbaren Königs.

Unser bayerischer König. Der Kini. Der Erbauer von Neuschwanstein. Der Freund der schönen Künste.

Ich mag diesen durchgeknallten und fantasievollen König, ich mag Bayern, ich mag Eis. Also, dann nichts wie ran.

Aber merkwürdigerweise, mir

Loading

Ein Bilderrätsel der SPD

gefunden in München, im Juli 2013;
Photo by J. Stock

Ein Bilderrätsel in drei Worten. Der Spitzenkandidat der SPD in Bayern hält vier Buchstaben in beiden Händen. WORT. Was, um Himmels Willen, wollen uns Christian Ude und die Sozialdemokraten damit sagen?

Richtig. Die Lösung des Bilderrätsels lautet: Ude hält Wort. Aha. Steht auch drüber. War nicht so schwer.

Das Wahlplakat ist in  zweifacher Sicht bemerkenswert. Zum einen, dass ein Politiker Wahlkampf führt mit einem Slogan, der eigentlich eine bare charakterliche Selbstverständlichkeit beschreibt. Ude hält Wort. Warum muss das betont werden?

Vielleicht weil diese SPD in dieser Frage zu den kleinen Sündern im Lande gehört? Man erinnere sich an Hartz eins bis vier, an die Rente mit 67, an Andrea Ypsilanti oder an das Video von der Lügen-Hanni auf Youtube, das sich auf ein gebrochenes Wahlversprechen der NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft bezieht.

Andererseits sagt der Volksmund, wer einmal lügt, dem glaubt man nicht mehr. Insofern macht der Slogan schon Sinn.

Zweitens sollte man die Werbeagentur, die sich diesen Unsinn ausgedacht hat, schnellstens

Loading

Wie man einen Flughafen baut…

Michael Kerkloh, Wolfgang Stock

Von meinen ehemaligen Studien- oder Arbeitskollegen ist Michael Kerkloh derjenige, der es beruflich am weitesten gebracht hat. Vorsitzender der Geschäftsführung der Flughafen München GmbH steht auf seiner Visitenkarte. Oberster Chef des zweitgrößten Airports Deutschlands, in Europa die Nummer 7. Gut 35 Millionen Passagiere pro Jahr. Das nenne ich eine Erfolgsstory.

Dabei war das Erdinger Moos bei den Münchnern zunächst umstritten. Als ich das erste Mal den neuen Flughafen anflog, sah ich, dass erboste Bauern mit ihren Treckern ein riesiges NO in die angrenzenden Getreidefelder eingeschnitten hatten.

Doch die Proteste stellten sich – wie so oft im satten München – als kurzsichtig heraus. Oft bin ich in den 80ern von München-Riem aus geflogen, und mir ist noch gut in Erinnerung, wie dieser kleine und altersschwache Airport unter seiner Last ächzte. Aber die bayerische Staatsregierung hat – gegen lauten Protest – den neuen Flughafen MUC – Franz-Josef Strauß durchgesetzt.

Im Frühjahr 1992 wurde

Loading

Michael Jacksons Affe

Michael Jackson

München, im Mai 2013; Photo by W. Stock

Als Michael Jackson im Jahr 2009 überraschend starb, da suchten seine Fans weltweit nach Möglichkeiten, ihrer Trauer Ausdruck zu verleihen. In München fanden sie auf einem Grünstreifen das Denkmal des niederländischen Komponisten Orlando di Lasso am Promenadeplatz, vis à vis vom Hotel Bayerischer Hof, also in ganz edler Umgebung.

Fortan legten die Fans des Musikers ihrem toten Idol Blumen unter die Statue Di Lassos, schrieben kleine Botschaften, pinnten Fotos an das dunkelgraue Denkmal. Die Stadt – liberal wie die Münchner nun sind – duldete die Zweckentfremdung des Denkmals.

Doch nun, oh Schreck, hat sich eine Gegenbewegung gebildet. Nur ein paar Meter von Di Lasso/Michael Jackson entfernt, hat der britische Künstler David Shrigley in diesen Tagen eine Parodie hochgezogen. Fast wie ein Spiegelbild wird an diesem Denkmal nicht dem Musiker gehuldigt, sondern

Loading

Seite 1 von 3

Präsentiert von WordPress & Theme erstellt von Anders Norén