Notizen und Anmerkungen von unterwegs

Kategorie: Jazz & andere Musik Seite 3 von 9

A chat with Teddy Stauffer about… Swiss Jazz

Im November 1982 war ich zu Gast bei Teddy Stauffer in Acapulco. In seinem Turmhaus der Villa Vera haben wir uns lange über sein Leben und seine Musik unterhalten.

In dem bei jenem Treffen aufgenommenen Tondokument spricht der nach Mexiko emigrierte Schweizer Musiker über seinen Jazz:

StaufferMöniStomp

Ich kann heute spielen für amerikanische Jazzmusiker eine Platte, die wir haben, die müssen Sie hören. Die ist jetzt raus gekommen auf einer „Elite“-Langspielplatte.

Da heißt eine Nummer, die hat mein Pianist Buddy Bertinat, der ist ja gestorben, ein Pianist und Arrangeur, der hat das geschrieben. Das heißt „Möni Stomp“. Möni. (Monika). Möni war seine Geliebte. Da hat er „Möni Stomp“ gemacht.

Wenn Sie das heute spielen auf einer guten Anlage, da fällt ein amerikanischer Musiker um, da fallen amerikanische Musiker um. Solch ein Sax-Quartett hat es nie gegeben und gibt es nie mehr wieder! Vier Saxophone. Da war der Höllerhagen und der Eddie Brunner dabei.

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Chucho Valdés will kein Weltstar sein

Diesem hochgewachsenen und bulligen Musiker bin ich einige Male begegnet. Und auf der Bühne durfte ich ihn des öfteren sehen und hören, in London, in Lima oder in Den Haag. Die Rede ist von dem kubanischen Pianisten Dionisio de Jesús Valdés, den alle Welt Chucho nennt.

Der Mann, ich hänge mich mal weit aus dem Fenster, ist Amerikas bester lebender Jazz-Pianist. Ja, noch vor Dave Brubeck, Keith Jarrett oder auch vor Herbie Hancock.

Diesen Pianisten zeichnet ein überaus kraftvoller und dynamischer Anschlag aus. Gleichwohl hat sein Spiel etwas sehr poetisches und Chucho liebt die emotionale Phrasierung. Da vermag jemand den musikalischen Romantizismus in allen Nuancen auszudrücken. In der langsamen und leisen Rumba, aber auch in up-tempi mit krachendem Spiel, immer begleitet mit vitalen Latino-Rhythmen der linken Hand.

Das Talent ist

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Die Sutter-Brüder wollen sich an Teddy Stauffer rächen

Acapulco, im Frühjahr 1983; Photo by W. Stock

Anfang der 80er Jahre verbringe ich einige Zeit im mexikanischen Acapulco. Die ersten Monate wohne ich im Hotel Sacramento in der Calle Emiliano Carranza. Das ist ein schlichtes, vierstöckiges Hotel nahe des Hauptplatzes Zócalo.

Als ich dann Teddy Stauffer Ende 1982 in seinem Haus hoch über der Buch von Acapulco besuche, erfahre ich von dem Schweizer Musiker und Schauspieler folgende hübsche Geschichte.

Im März 1948, Teddy arbeitete als Direktor des Casablanca Hotels, kam ein Individuum ins Beachcomber, in die Hotelbar, kräftig mit Tequila abgefüllt, und fing an zu pöbeln. Die Schnapsnase war der vierschrötige Alfonso Sutter, genannt El Mocho, ein einfacher Fischer aus Acapulco.

Der stämmige El Mocho randalierte wie von Sinnen, er ließ Flaschen und Gläser zu Bruch gehen und stieß wüste Beleidigungen aus. Teddy versuchte ihn zu beruhigen, ohne Erfolg. Schließlich sprach Hotelmanager Teddy Stauffer ein Hausverbot aus.

Trotz dieses Verbots kam Alfonso Sutter am nächsten Sonntag in die Hotellobby – in Begleitung eines gedungenen Pistolero. In seiner Mannesehre schwer gekränkt, hatte der dicke Sutter ein Kopfgeld auf Teddy ausgesetzt.

Zunächst gab es

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Tony Bennett, der Letzte

Eine großartige Stimme. Gestern und auch heute noch. Tony Bennett. Der letzte Crooner. Der Übriggebliebene.

Die anderen, alle nicht mehr da. Kein Frankieboy, kein Dean Martin, nicht Nat Cole, den alle Welt King nannte. Nur er ist noch da, und er singt. Bis auch er umfällt.

Die Jazzhistorie wird dann richten und die Gazetten werden schreiben: Der Beste nach Sinatra.

I left my heart in San Francisco macht ihn weltberühmt. 17 Grammys. 50 Millionen verkaufte Platten. Eine klare, swingende Stimme, die besonders bei Balladen zum Tragen kommt.

Anthony Dominick Benedetto, der sich auf der Bühne der Musik Tony Bennett nennt. Der

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Ken Colyer, der Ahnvater des europäischen Jazz

mit Ken Colyer und seinem Bruder Bill Colyer, London, im Sommer 1976

Bei der Nennung des Namens Ken Colyer zucken viele Leute mit der Schulter. Selbst manchem Sachkenner ist dieser englische Jazzmusiker nicht bekannt. Und doch hat Ken Colyer aus Norfolk, ein Trompeter des Jahrgangs 1928, mehr Einfluss auf den europäischen Traditionsjazz als manch anderer.

Eigentlich war der bärtige Kornettist und Trompeter sogar so etwas wie der Ahnvater der europäischen Tradszene. Später bekannte Musiker haben in der Band von Ken Colyer angefangen. Chris Barber, Monty Sunshine, Acker Bilk, Sammy Rimington oder Lonnie Donegan.

Doch Ken Colyer’s Jazzmen, ebenso wie ihrem Bandleader, wurden nicht der Erfolg und die Aufmerksamkeit zuteil wie den Lehrlingen. Und wie es eigentlich auch richtig gewesen wäre. Das lag sicherlich auch an der sperrigen Musik Colyers, der sich sehr rigoros der Tradition verschrieb und Seitenblicke in Pop und Dixieland nie zuließ.

Ken Colyer’s Jazzmen spielten sehr

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George Shearing spielt und singt „Send in the Clowns“

Send in the Clowns. Eine weitere Version. Und diese Fassung des Standards von Stephen Sondheim ist etwas ganz besonderes.

Nur Piano. Und Stimme. Sonst nichts.

Diese Ausnahme-Einspielung ist eine gute Gelegenheit, an diesen Ausnahme-Pianisten aus London zu erinnern. An den großen George Shearing.

Shearings Spiel trägt eine fragile Balance von Melodie und Rhythmus. Sein Send in the Clowns ist lyrisch und leise. Voll zerbrechlicher Poesie. Da glimmt ein Zauber, eine Magie leuchtet, die beweist, wie

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Bernard Stanley Bilk nennt sich Acker

London, im Sommer 1976

Als Schüler, als Sechszehn- oder Siebzehnjähriger, habe ich die Band von Acker Bilk in London einige Male gehört. Im 100 Club, im Holland Park oder den kleinen Jazzkneipen in der britischen Hauptstadt.

Diese bodenständige Musik war sozusagen mein Entree in den wunderbaren Kosmos des Jazz. Mr. Acker Bild and his Paramount Jazz Band hieß seine Gruppe, damals wie heute, alle Bandmitglieder in gestreiften Westen und Acker Bilk mit Bowler und Ziegenbärtchen. Traditional Jazz als Markenzeichen.

Acker Bilk ist ein einfühlsamer Klarinettist alter Schule. Er liebt die tiefen, warmen Töne und ein vibratoreiches Spiel. Seine Paramount Jazz Band zelebriert ein kompaktes, temporeiches Spiel, mit dem einen oder anderen Showelement. Schließlich soll die Musik auch Freude machen.

Bernard Stanley Bilk, Jahrgang 1929, nennt sich Acker, was nicht nur in seiner südwestenglischen Heimatregion Somerset so etwas wie Kumpel bedeutet. Auch Gerhard Schröders Spitzname als junger Kerl war Acker, weil er so rasant über den Fussballplatz fegte.

Angefangen hat Acker Bilk

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Louis Armstrong befriedet Amerika mit „What a wonderful World“

What a wonderful world, Louis Armstrongs Hit aus dem Jahr 1967, wird noch heute rauf und runter gespielt. Zurecht, denn diese Hymne an die Schönheit des Lebens wirkt selbst nach fast einem halben Jahrhundert alterslos.

Auf manche Ohren mag dieser Popsong kitschig wirken, in der rechten Stimmung jedoch, entfaltet er mit seiner einfachen Botschaft eine reizvolle Poesie. Am besten gefällt mir die Version, in der Armstrongs rauchiger Bariton von dem hellen Sopransaxophon des Kenny G. untermalt wird.

Der Song, von George David Weiss und Bob Thiele komponiert, muss auch aus der damaligen Zeit heraus verstanden werden. Mitte der 60er Jahre ist dieses What a wonderful World das Kontrastprogramm zu all den schlechten Nachrichten: der bärtige Fidel Castro ärgert

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José José, Mexikos Schnulzenkönig, fällt vom Thron

Ende der 1980er Jahre in Mexico City schleppte mich eine hübsche Mexikanerin, in die ich mich ein wenig verguckt hatte, zu einem Popkonzert. Es war ein Dinner-Konzert in einem alten Theatergebäude nahe der Avenida General Prim und der Calle Versalles. Ein bekannter mexikanischer Pop-Sänger mit süßlichem Flair war angesagt.

Wir saßen oben auf Mezzanin an einem kleinen Tisch, erhielten ein einfaches Drei-Gänge-Menue serviert, während unter auf der großen Bühne die Show ablief. José José, so der Name des Sängers, war zu jener Zeit ein Star in seinem Lande, er saß unangefochten auf Mexikos Schnulzenthron. El Príncipe de la Canción, er sei der Prinz des Schlagerliedes, so umgab ihn die Fama, weil er wie kein anderer musikalischer Kitscheur jener Jahre solch Herzzerreißendes von Liebeslust und Liebesschmerz mit samtiger Stimme zu schmettern vermochte.

Ich kannte José José und einige seiner Lieder von meinen früheren Mexiko-Aufenthalten. Meinem Ohr blieb dieser Sänger nicht unangenehm. Hier sang zwar das Idol der mexikanischen Girlie-Generation, doch das Pathos bewegte sich in erträglichem Rahmen. José José besaß eine sonore, sehr seidige Stimme, die er bei seinen Balladen immer in dramatische Höhen zu hieven vermochte.

Zudem hatte dieser samtige Bariton immer ein gutes Orchester mit einem vollen Sound hinter sich. Man merkt an seiner Phrasierung, dass dieser Sänger zu Anfang seiner Laufbahn Jazz gesungen hat, so wie in Mexiko zahlreiche Sänger und Orchesterleiter vom Jazz herkommen. In seiner Heimat spielt José José eine ähnlich tragende Rolle wie in den USA Johnny Mathis, sein großes Vorbild.

Doch was ich an jenem Abend auf der Bühne in Mexiko Stadt sah, glich einem musikalischen und menschlichen Tiefpunkt. Der große José José schien

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Teddy Stauffer und Billy Toffel haben den Swing

Der Jazz jener Jahre war mehr als eine Musik, er war eine Lebenseinstellung, er war Persönlichkeitsbildung. Nach den schrecklichen Grabenkämpfen des Ersten Weltkriegs, der bigotten Herrschaft der Kaiser und Könige und in der kargen Zeit der Weimarer Republik dürstete den Menschen nach Lockerheit und Weltläufigkeit. Aus den USA kam der Swing, lebensfroh, vital, ausgelassen.

Sicher, die Diktaturen und Spanien, Italien und Deutschland mochten diese Art der Musik nicht. Sie war ihnen zu lebensbejahend und auch zu subversiv. Doch den Schweizer Teddy Stauffer ließ man lange machen. Teddy und seine Original Teddies jedoch waren kein lauwarmes Derivat amerikanischer Synkopen, sondern eine Band, die dem bewunderten Original aus Übersee nacheiferte und auch nur wenig nachstand. Wir hatten damals den Swing, sagte mir Teddy Stauffer stolz im Gespräch.

Aus den USA ließ man sich neuesten Notenblätter kommen und spielte die Originalarrangements dann als eine der ersten Bands in Kontinentaleuropa. Kein Wunder, dass die Band sehr amerikanisch klang. Besonders überzeugten Teddy Stauffer und seine Teddies durch

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