Fossalta di Piave, im September 2009
Um Haaresbreite wäre an dieser Stelle, eine knappe Autostunde nördlich von Venedig, Hemingways jungem Leben ein brutales Ende gesetzt worden. Hier an diesem lieblichen Fluss ist Ernest Hemingway nur knapp, und zwar ziemlich knapp, dem Tode entronnen.
Daran erinnert ein Denkmal, das am Ende der Via Ragazzi del ‘99, auf einem Damm steht, der das Städtchen Fossalta von der Piave trennt. Hier wird noch heute, fast hundert Jahre nach dem Vorfall, die Erinnerung an Hemingways schwere Verwundung wach gehalten
Su questo argine, Ernest Hemingway volontario della croce americana veniva ferito la notte dell‘ 8 Luglio 1918. An diesem Deich wurde Ernest Hemingway, Freiwilliger des amerikanischen Roten Kreuzes, in der Nacht des 8. Juli 1918 verwundet.
Der junge Draufgänger Ernest Hemingway hatte sich 1918 freiwillig als Fahrer des Red Cross Ambulance Corps gemeldet, nachdem die USA im April 1917 den Kriegseintritt beschlossen hatten. Nach seiner Ankunft in Europa wurde er als Fahrer bei Verpflegungstouren und im Ambulanzservice an der norditalienischen Front eingesetzt.
Ernest stand kurz vor seinem 19. Geburtstag, eigentlich war er noch ein Junge, aber schon ein Kerl wie ein Baum. Mit 18 sieht man die Welt noch bunt und sicherlich war er noch gehörig grün hinter den Ohren.
In der Nacht vom 7. auf den 8. Juli 1918 ist Hemingway auf Versorgungsfahrt entlang der Piave an einer Stelle, die die Einheimischen Buso de Burato bezeichnen. Per Fahrrad soll er den in den Schützengräben liegenden italienischen Soldaten Lebensmittel, Brot und ein paar Bildchen zur Ermunterung überbringen.
Als Hemingway gegen ein Uhr diesen Damm am Westufer der Piave erreicht, explodiert zwei Meter von ihm entfernt eine Mörsergranate. Die Granate, von österreichischen Truppen am Ostufer abgefeuert, ist mit Eisenkugeln, Stahl und Metallschrott gefüllt. Über 200 Splitter bohren sich in Hemingways rechtes Bein.
Kurz darauf gerät der junge Amerikaner in eine Maschinengewehr-Salve. Die Patronen treffen seinen rechten Fuß und die Kniescheibe. Trotz seiner brennenden Splitter- und Schuss-Verletzungen erreicht Hemingway mit letzter Kraft den rettenden Kommandoposten hinter dem Damm.
Hemingway hat hier an der sanften Piave dem Tod ins Angesicht geblickt. In einem Brief an seine Familie prahlt er mit dem Geschehnis: Leute, das hat vielleicht einen netten Wirbel gegeben, dass ich angeschossen wurde! Es ist fast so gut wie getötet werden und den eigenen Nachruf lesen. Während der sechs Tage, die ich vorn in den Frontgräben verbracht habe, nur 45 Meter von den Österreichern entfernt, stand ich in dem Ruf unverwundbar zu sein. So ein Ruf allein bedeutet nicht viel, aber es zu sein, schon.
Fosslta bildet einen Wendepunkt in seinem Leben. Auch wenn er der Verwundung mit bekannter Wurstigkeit begegnet, schnell gar damit zu Prahlen pflegt, ein solcher Anschlag nimmt einem jugendlichen Leben die Leichtigkeit. Hinter all dem Trotz und all der Koketterie hat Fossalta irgendetwas in ihm zerstört. Und die schlimmste Verletzung passiert nicht an Bein und Knie, sondern im Kopf. Die Granate hat die behütete Welt des Jugendlichen in Stücke gerissen.
Was als Abenteuer angelegt ist, endet in einer großen Ernüchterung. Der Krieg ist nicht Versteckspiel und Rauferei, das wird ihm jetzt klar, der Krieg ist Rotz und Blut, der Krieg ist Sterben und Tod. Schmerzlich wird dem Jungen die Fragilität und die Endlichkeit des Lebens eingebombt. Der Tod sollte nie mehr aus seinem Leben schwinden.
Bitte besuchen Sie zum Thema Ernest Hemingway mein neues Blog Hemingways Welt.