John Naisbitt und Wolfgang Stock, Velden am Wörthersee, im September 2016.

In memoriam: John Naisbitt (1929 – 2021)

Er war der Pionier aller modernen Trendforscher, er hat ein ganzes Genre begründet. John Naisbitts Bücher sind in 57 Sprachen übersetzt, allein sein Bestseller Megatrends aus dem Jahr 1982 hat sich weltweit über 14 Millionen Mal verkauft. Bei ECON hatte ich die Ehre, seine Bücher Megatrends 2000Megatrends for Women und Global Paradox zu verlegen. Seitdem sind wir gut befreundet.

Den Begriff Megatrend hat er erfunden, ebenso wie er im gleichnamigen Buch den Terminus Globalisierung populär gemacht hat. John Naisbitt gehörte keiner ideologischen Denkrichtung an, er sah die Welt undogmatisch mit gesundem Menschenverstand, radikal von der Mitte aus, wie der Amerikaner aus Utah stets betonte.

John war offen und neugierig. Er fragte, er ergründete. Wenn er eine Sache begreifen wollte, dann über die Menschen. Als 1989 die Berliner Mauer fiel und Deutschland auf die Wiedervereinigung zulief, da hat er in Bonn im Regierungsviertel die Büros abgeklappert, die Entscheider, Experten und Meinungsmacher zu Hause besucht und so die Puzzleteile des Mosaiks zusammengesetzt.

Pragmatisch und unvoreingenommen ging er eine Sache an. Ohne Vorurteil. Vielmehr mit der Entdeckerfreude eines fleißigen, wissbegierigen und hartnäckigen Forschers. John besaß zudem eine seltene Gabe: komplizierte Sachverhalte eingängig aufzuzeigen. 

John Naisbitt, im Januar 1929 in Salt Lake City geboren, kannte alle Winkel dieser Welt und alle Spielarten des politischen und wirtschaftlichen Handelns. Mit Anfang Dreißig wurde er stellvertretender Bildungsminister unter Präsident John F. Kennedy. Anschließend arbeitete er im Beraterstab von Präsident Lyndon B. Johnson. Nach seiner Zeit in Washington ging John Naisbitt in die Privatwirtschaft, bevor er zum gefeierten Autor avancierte.

In den letzten beiden Jahrzehnten war der kometenhafte Aufstieg der Volksrepublik China sein Thema, persönlich wurde er in Europa heimisch. An seiner Seite die Österreicherin Doris, sie arbeitete als erfolgreiche Verlegerin in Wien, die beiden waren seit dem Jahr 2000 verheiratet. John und Doris bildeten ein fabelhaftes Team, als Autoren, als Vortragsredner und als Paar. Das Power Couple pendelte fortan zwischen China, Wien und der Sommerresidenz am Wörthersee.

Dort, in Velden, ist John Naisbitt am 8. April 2021 im Alter von 92 Jahren verstorben. Friedlich eingeschlafen, im Kreis der Familie. Und mit dem Blick zurück auf ein großartiges Leben und auf ein außergewöhnliches Wirken. John ist nicht nur ein brillanter Autor gewesen, sondern zudem ein überaus einnehmender Mensch. Einer der besten, die ich je getroffen habe.

Im persönlichen Umgang blieb er stets ein uneitler und liebenswürdiger Charakter. Von seinem grenzenlosen Optimismus habe ich mir einiges abgeschaut. Seinen Bestseller Megatrends lässt John mit einem Ausruf enden, der als sein Lebensmotto gelten kann: My God, what a great time to be alive!

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