Notizen und Anmerkungen von unterwegs

Kategorie: Spanien

Der FC Barcelona und Herr Messi spielen den schönen Fussball

10 – Ten: Lionel Messi; Barcelona, den 19. März 2011; Foto by W. Stock

Barcelona, den 19. März 2011

Die Stimmung im Camp Nou beim Match gegen Getafe ist großartig. Blau-rote Fahnen, die Vereinsfarben des FC Barcelona, wehen, noch mehr die gelb-roten Farbstreifen des katalanischen Nationalismus, die Vereinshymne wird gesungen, nein, geschmettert, Barça, Barça, Barçaaaa!

Fútbol Club Barcelona. Wilde Schlachtrufe auf Katalanisch, trotz des spürbaren bürgerlichen Gestus der Fans. Die Fans beklatschen den tumorerkrankten Verteidiger Eric Abidal minutenlang in diesem Stadion, dem größten in Europa.

FC Barcelona – welch ein Verein! Und was für Spieler! Im Tor, Victor Valdés. Dani Alves und Gerard Piqué sind zwei Weltklasse-Verteidiger. Im Mittelfeld die Strategen Xavi und Andrés Iniesta. Und als Angreifer David Villa, der Weltfussballer Lionel Messi und Bojan. Der Marktwert des Kaders beträgt nach transfermarkt.de unglaubliche 544 Millionen Euro. Kein Zweifel, der FC Barcelona ist das Maß aller Dinge im Fussball.

Der Trainer ist ein Glückgriff. Josep Guardiola, den alle Welt Pep nennt. Der 40-Jährige gehört zu der

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Die beste Crema Catalana in Barcelona

Orxateria Fillol in Barcelona – praktischerweise direkt gegenüber der Universität.

In den späten 70er Jahren lebte ich eine Zeit lang in Barcelona, studierte dort, und ich war von der Stadt überwältigt. Von der politischen Aufbruchstimmung nach Francos Tod, von der Musik, von der Literatur, von Johan Neeskens im Nou Camp, vom mediterranen Leichtsinn und nicht zuletzt von der katalanischen Küche.

Meist ging ich in eine geräumige Bar am südlichen Ende der Plaza Universitaria und aß dort zu Mittag. In die Horchateria Fillol. Orxateria, so die Bezeichnung auf Katalanisch. Eine Horchateria ist eine Cafeteria, in der auch Horchata de chufa serviert wird, das ist das eine gekühlte Erdnußmandelmilch, die einen sehr erfrischenden und würzigen Geschmack besitzt, der Vanille vergleichbar.

Das Restaurant Fillol war allerdings nicht nur Horchateria, das im Katalanischen Orxateria geschrieben wird, sondern eine volkstümliche Bar und ein beliebtes Restaurant. Man trank morgens seinen Cafe cortado, aß am Vormittag auf die Schnelle einen Bocadillo und Mittags gab es ein Tagesgericht, den plato del dia, und am Abend gönnte man sich ein paar tapas.

Das Tagesmenue bestand meist

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Visca el Barça!

Barcelona, im August 1978

Das sind die angenehmen Tage im Dasein eines Journalisten. Ich lebe ein halbes Jahr in Barcelona und nun gilt es, für deutsche und österreichische Zeitung Artikel zu schreiben. Politik, Wirtschaft, Kultur – sicher nötig und interessant, das ist das Schwarzbrot.

Der Fussball aber, das ist das warme Croissant zum kräftigen Morgenkaffee. Und ich mag warme Croissants.

Zunächst gehe ich zur Casa Masia und lasse mich akkreditieren. Das geht schnell und unkompliziert, weil im Jahr 1978 sonst kein deutschsprachiger Korrespondent beim FC Barcelona zu finden ist. Die Pressestelle vergibt die Akkreditierungsnummer 862. Mein blau-roter Presseausweis macht richtig was her.

Der einzige deutschsprachige Reporter vor Ort! Der Student hat sich sein Monopol geschaffen. Und viele Fussball-Nachrichten, die in jenen Tagen von Barcelona bis ins ferne Deutschland dringen, von der Nachrichtenagentur über das Handelsblatt bis zur BILD Zeitung, sind auf meinen Mist gewachsen. Und es gibt einiges zu berichten, der Ball ist bekanntlich rund, und das doch jeden Tag.

Der Trainer ist ein glückloser Belgier namens

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Rafael Alberti, der Dichterfürst geht zum Volke

Ein alter Mann mit wallender schlohweißer Mähne betritt die knapp hergerichtete Bühne des Teatre Grec in Barcelona. Grelle Scheinwerfer strahlen den Vortragenden an. Der sonore Baß des Dichters füllt die beängstigende Atmosphäre der einfallenden Nacht. Die zahlreichen Zuhörer verharren in ehrfürchtiger Stille.

Aire y Canto de la poesia a dos voces – Poetische Melodien und Lieder für zwei Stimmen ist in der antiken Arena der katalanischen Metropole angesagt. Wir schreiben den 10. August im Jahre 1979.

Rafael Alberti, der große alte Mann der spanischen Dichtkunst, und Núria Espert rezitieren ein Jahrhundert spanischer Poesie. Surrealismus, Dadaismus, Agitprop, Groteskgedichte. Es ist die Geschichte Spaniens und gleichzeitig die Geschichte Rafael Albertis.

Nach dem Tod Francos erlebte Spanien eine Renaissance der Poesie, eine Bewegung, an deren Spitze der Andalusier Alberti marschierte. Noch heute erzählt man sich bewundernd, wie er es schaffte, eine Madrider Stierkampfarena mit 40 000 Zuhörern zu füllen. Im Gespräch erinnert Alberti an seine Freunde und beschreibt die Aufbruchstimmung der spanischen Intellektuellen der 20er Jahre. Jene Generation der Dalí, Buñuel, Cernuda, Picasso, die das Gesicht der europäischen Kultur entscheidend bestimmt hat.

Alberti gedenkt seines Freundes und andalusischen Landsmanns García Lorca, der von den Franquisten ermordet wurde. Ein solcher Vortrag, wie wir ihn heute veranstaltet haben, wäre unter der erdrükkenden Zensur des Franquismus nicht möglich gewesen. Man hätte dies sicher verboten. Don Rafael weiß, wovon er redet. Die Hälfte seines achtzigjährigen Lebens hat er im Exil verbringen müssen.

Neben Vicente Aleixandre und Jorge Guillén ist Alberti der letzte Überlebende jener literarischen Generation von 1927. Die um die Jahrhundertwende geborenen Dichter suchten und fanden Anschluß an die literarischen Strömungen des modernen Europa, indem sie sich auf die eigene poetische Tradition eines Luis de Góngora besannen, dessen Todestag sich in jenem magischen Jahr zum dreihundertsten Mal jährte. Das war ein großartiges Jahr, 1927, sagt der Dichter, Stierkämpfer wollte ich werden.

Der 1902 in Puerto de Santa María geborene Rafael Alberti, seinen wenig andalusischen Nachnamen verdankt er den italienischen Großeltern, blieb stets ein Kind seiner Heimat. Die Farbe, das Licht, das Meer der Bucht von Cádiz haben den Rhythmus seiner Poesie immer begleitet. 1925 gelingt ihm ein erster Erfolg, für Marinero en Tierra erhält er den Nationalpreis für Poesie. Die 1.000 Peseten Preisgeld, so erzählt er verschmitzt, brachte er zum Schneider. Ein neuer Anzug, eine feine Krawatte, für den Rest ein paar Flaschen Vino. Ein vergrämter Elfenbeinturm-Poet ist Alberti nie gewesen.

Das Erscheinen seines wohl wichtigsten Werkes Über die Engel schlägt 1929 hohe Wellen. In surrealistischen Anklängen dichtet er seine schwer deutbaren Verse über Angst, Verzweiflung und Einsamkeit. Die toten Engel/sucht, sucht sie:/in der Schlaflosigkeit vergessener Röhren,/in den Leitungen, die vom Schweigen des Unrats verstopft sind./Unweit der Pfützen, die keine Wolke zu nalten vermögen.

1931 der KP beigetreten, beteiligt sich Alberti aktiv an der Verteidigung der jungen Republik. Im Bürgerkrieg 1936 kämpft er im V. Regiment, auch an der Front, und widmet sich daneben der aufmunternden Propagandalyrik. Nach der Machtübernahme Francos flieht er nach Paris, später ins ferne Argentinien. Erst nach vier Jahrzehnten bitteren Exils kann der Poeta en la Calle - der Dichter auf der Straße -, wie er eine seiner Gedichtsammlungen nannte, in seine geliebte Heimat zurückkehren.

Fand er bei seiner Rückkehr ein kulturelles Trümmerfeld vor?, frage ich ihn. Nein. Es gab doch immer Leute, die dem Franquismus tapfer die Stirn geboten hatten. Junge und alte Menschen. Während des Faschismus waren diese Leute natürlich wenig bekannt, weil sie jahrelang mit der Zensur zu kämpfen hatten. Doch schnell nach Francos Ableben löste sich die Situation auf. Alberti selbst kandidierte für seine eurokommunistische Partei um einen Senatssitz seiner Heimatregion Cádiz. Den Wahlkampf führte er mit Gedichten, wie ein Bänkelsänger zog er von Dorf zu Dorf. Strophe an Strophe, Lied für Lied brachte ich es zum Parlamentsabgeordneten. Alberti gewann fast doppelt so viele Stimmen, wie für seinen Parlamentssitz erforderlich gewesen waren.

Als Vicente Aleixandre - und nicht Alberti - 1977 den Nobelpreis für Literatur erhielt, hat man in Spanien - trotz des hohen Respekte für Aleixandres spröde Verse - verwundert den Kopf geschüttelt. Den wichtigsten spanischen Literaturpreis, dem der Nationaldichter Cervantes den Namen gab, hat man Alberti erst 1983 zuteil werden lassen. Ein politischer und poetischer Bruder Leichtfuß wie Alberti ist wohl Literaturjuroren von jeher suspekt.

Die spanische Jugend jedenfalls hat den alten Poeten herzlich in ihre Mitte genommen. Der populäre Ton seiner barocken Kunstpoesie, seine lyrisch liedhaften Verse und das ausgeprägte Rhythmusgefühl beschwören in technischer Meisterschaft auch die geheimnisvolle Enge der Welt der Jungen. Ich wünsche mir, daß man in aller Welt die Schriftsteller hört und versteht, sagt der verhinderte Stierkämpfer Alberti zum Abschied. Er braucht sich nicht zu beklagen. Dieser Poet erhält heute in den Arenen Spaniens kräftigere Ovationen als der beste aller Toreros.

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Hemingway und der Stierkampf

Außerhalb der iberischen Halbinsel versteht man Sinn und Hintergrund des Stierkampfes nur unzureichend. Ernest Hemingway, der bärtige Amerikaner, hat die Philosophie der Corrida de Toros intuitiv erfasst.

Bei seinen Besuchen in Spanien erliegt Hemingway der Faszination des Stierkampfes. Einmal hat er sich sogar selbst als Torero versucht. Was aber mehr zu Belustigung seiner Umgebung beigetragen haben soll.

In seinem ersten Roman Fiesta von 1926 behandelt er das Thema erstmals. Und in Tod am Nachmittag, eigentlich ein reportageartiger Essay über den Stierkampf, hat Hemingway 1932 die Philosophie und das Ritual des Stierkampfes dargelegt und sich tief in das für Mitteleuropäer fremde Denken der Iberer zum Stierkampf eingefühlt.

Der größte Irrtum über den Stierkampf weithin: Die Corrida sei der Kampf „Mensch gegen Tier“. Das ist eine grundlegend falsche Sicht der Dinge. Der Stierkampf, und hier kommen wir zum Kern der Taurus-Philosophie, ist kein Wettkampf und auch kein Sport. Er ist vielmehr ein Schauspiel, eine Theaterinszenierung mit Publikum und Spielern. Neben dem schwarzen Bullen und dem bunten Torero spielt noch eine dritte Figur mit. Und dies ist die wichtigste Figur in dem Drama: der Tod.

Und die Plaza de Toros ist eine der wenigen Plätze, wo der ritualisierte Umgang mit dem Tod beobachtet werden kann. Bullfighting is the only art in which the artist is in danger of death. Hier in dieser Arena trifft der Tod auf das Leben und das Leben auf den Tod. In der Essenz ist der Stierkampf ein Kampf Mensch gegen Tod. Der Stierkampf symbolisiert die Konfrontation mit dem Tod aus, er ist zugleich eine Herausforderung des Todes. Der Mensch, in Gestalt des Torero, hänselt den Stier, den Tod, er spielt mit ihm, macht sich lustig, nicht ohne Respekt, aber doch überlegen.

Der eigentliche Kampf besteht aus drei Teilen. Tercios, jeweils einem Drittel, die durch Hornsignale voneinander getrennt werden und meist mit Paso Doble-Musik dynamisiert werden. Im Stierkampf tritt uns kein allegorischer oder metaphorischer Tod entgegen wie sonst im Theater. Nein, hier kommt der Tod ohne Maske, es ist der richtige Tod und am Ende des dritten Tercios wird jemand wirklich tot sein. Meist wohl der Stier.

Hemingways Faszination des Todes findet im Stierkampf Ventil und beschreibbare Ratio. Die Sympathien des Schriftstellers liegen überwiegend beim Matador, aber auch der Stier erhält Respekt und, ja, Zuneigung. Der einzige Ort, wo man Leben und Tod sehen konnte, und zwar gewaltsamen Tod, das war die Arena, da die Kriege vorbei waren, und ich wollte brennend gern nach Spanien, wo ich das studieren konnte, und dieser Tod ist eines der Themen, über die ein Mann schreiben kann.

Guter Stierkampf ist Kunst. Und der Star der Veranstaltung ist der Stier, nicht der Torero. Dem Stier gehört die Arena. Ihm bleiben 20 Minuten. Dann ist er tot. Ein solcher Stierkampf ist die einzige Kunstform, wo am Ende der Künstler stirbt, richtig stirbt.

Leben, Kampf und Tod sind für Hemingway die Eckpfeiler des Daseins und dieser Spannungsbogen gründet sein literarisches Grundmuster. Der Stierkampf bringt all das zusammen, was Ernest Hemingway wichtig ist: Die Kraft der Natur, die Auseinandersetzung, die Gefahr, der Mut, der Stolz, das Ehrgefühl, der Kampf und schließlich der Tod.  Der Stierkampf als die allgegenwärtige Gefahr des Todes wird eines der Themen, denen sich Hemingway Zeit seines Lebens immer wieder in Geschichten und Artikeln widmet.

Im Sommer 1959 schickt die Illustierte Life Hemingway nach Spanien, auf seine letzte Reise, um über die Rivalität der beiden größten Stierkämpfer zu schreiben. Im August 1959 sieht sich Hemingway nochmals einen Höhepunkt des Stierkampfes an. In der Plaza de Toros de La Malaguetas in Málaga. Die beiden Könige der Toreros, Luis Miguel Dominguín und Antonio Ordóñez, kämpfen. Jeder gegen drei Stiere.

In seinem 1985 posthum veröffentlichten Werk Gefährlicher Sommer beschreibt Hemingway, die Endlichkeit erahnend, diese Stierkampfreise nach Spanien. Antonio zielte entlang der Degenklinge, beugte sein linkes Knie vor, schwang dem Stier die muleta entgegen und ließ ihn bis zu dem Punkt an sich herankommen, wo die Hörner ihn erwischen würden, dann drang die Spitze des Degens ein, der Stier stemmte sich dagegen, den Kopf gesenkt, dem roten Tuch folgend, während Antonio mit der flachen Hand gegen den Degenknauf drückte, glitt die Klinge langsam oben auf der höchsten Stelle zwischen den Schulterblättern hinein. Antonio hatte seine Füße nicht bewegt, und der Stier und er waren nun eins, als seine Handfläche das schwarze Fell berührte, war das Horn schon an seiner Brust vorbei, und der Stier unter seiner Hand war tot.

Der Stier und er sind nun eins. Für Hemingway ist der Stierkampf die Auseinandersetzung mit dem Tod, der Degen des Matador das Aufbäumen der männlichen Tugend, der Tapferkeit und der Leidenschaft, dem wuchtigen Stier entgegen. Aber eines bleibt: Der Respekt vor dem allmächtigen Gegner. Ihn zu bezwingen, in der Arena des Lebens, mag als Illusion des Menschen gelten.

Bitte besuchen Sie zum Thema Ernest Hemingway mein neues Blog Hemingways Welt.

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