Wohin steuert unser Europa? Gerade heute muss diese Frage mit Nachdruck gestellt werden, wo doch der globalisierte Wettbewerb an alten europäischen Erfolgen kratzt und das europäische Haus in eine Beletage und das Souterrain auseinander zu fallen droht.
Aber im Grunde genommen muss der Erkenntnisprozess noch ein, zwei Schritte früher ansetzen. Wo liegen die Wurzeln dieses Europa? Gibt es eigentlich so etwas wie eine Mission Europas? Und: Was hält Europa zusammen? Ein neues Buch nähert sich diesen Fragen aus kulturgeschichtlichem Blickwinkel. In einer Vielzahl von Aufsätzen machen sich Historiker, Philosophen und Sozialwissenschaftler an die Aufgabe, die DNA, den inneren Kern der europäischen Idee zu entschlüsseln.
Winfried Böttcher lässt mit seinen Ko-Autoren die Ideen und Visionen von 100 Denkern aus 14 europäischen Ländern aufleben, Gedanken, die von Pierre Dubois aus dem 13. Jahrhundert über Immanuel Kant bis zu Alcide De Gasperi und Václav Havel reichen. Jeder dieser Vordenker wird in Klassiker des europäischen Denkens kurz biographisch vorgestellt, ebenso wie seine Überlegungen zu Europas Kultur- und Friedensgeschichte.
Und vielleicht ist dieser Blick in die Vergangenheit vonnöten, um den heutigen Anspruch der alten Welt aufzufrischen und den Wertekompass für die Zukunft zu polieren. Und wie lässt sich das Ideal kurz zusammen fassen, das diese Denker für Europa entwerfen? Nun, im Kern handelt es sich um die Werte der europäischen Aufklärung: Freiheit, Toleranz und Friedfertigkeit. Freiheit und Frieden, so lautet der Zweiklang, der seit über 700 Jahren diesen doch so oft geschundenen Kontinent antreiben sollte. Aufklärung und humanistische Ideale sollten den festen Maßstab in Europa bilden, um an die Stelle von Krieg und Gewalt im Idealfall den Diskurs und die Diplomatie treten zu lassen.
Warum hat in Zeiten von Wikipedia und Informationsflut ein solches Mammutwerk wie dieses aus dem Nomos Verlag seine Berechtigung? Nun, weil die