Reisen & Begegnungen

Autor: Wolfgang Stock Seite 14 von 38

Ist Neukölln wirklich überall?

Ein neues Buch, Neukölln ist überall, rechnet mit der falschen Integrationspolitik in Deutschland ab. Geschrieben hat das Werk Heinz Buschkowsky, ein SPD-Mann, seit elf Jahren Bezirksbürgermeister von Berlin-Neukölln. Der Mann weiß also, wie es auf Berliner Strassen aussieht.

Die Wirklichkeit Neuköllns ist nicht erst seit dem Buch von Heinz Buschkowsky bekannt: soziale Ausgrenzung, offene und latente Gewalt, eine unkontrollierte Parallelgesellschaft, wachsende Kriminalität, ein erschreckender Nicht-Respekt für staatliche Institutionen, Hartz rauf und runter, am bitteren Ende steht Armut und Ausgrenzung,

Soweit, so schlecht. Doch ist Neukölln wirklich überall? Kann man diese soziale Trostlosigkeit im ganzen Land beobachten? Sind die Probleme des Berliner Bezirks die Probleme von ganz Deutschland? Spannende Fragen.

Warum, frage ich, findet sich solch ein Elend in Berlin, jedoch nicht in

Loading

Octavio Paz nörgelt ganz schön

Octavio Paz

Photo by W. Stock

Von Octavio Paz gibt es das Gedichtbändchen Suche nach einer Mitte, und dies mag vielleicht als Leitspruch seines Lebens gelten – weniger politisch, das auch, sondern eher philosophisch. Die Literatur ist, um einen etwas altmodischen Begriff zu verwenden, Zwiegespräch, meint er. Sie habe dem Dialog, dem Diskurs und dem Ausgleich zu dienen.

Ob man ihn als Mann der Mitte richtig beschreibe? Eigentlich schon, er suche die Balance der Extreme, den Kompromiss von Kapitalismus und Kommunismus, den Ausgleich von Vernunft und Gefühl, von Wirklichkeit und Idee. Denn die beiden vorgeblichen Paradiese, das kapitalistische wie das sozialistische, haben sich zu Höllenbildern gewandelt.

Paz sieht das Scheitern aller Revolutionen und, fügt er rasch hinzu, auch des Christentums. Wenn die Rede auf religiöse Themen kommt, greift Octavio Paz gerne zu mildem Spott. Was er denn von der Theologie der Befreiung halte? Na ja, eigentlich sei er eher für die Befreiung von der Theologie.

Im Ausland gilt Octavio Paz als eher Konservativer, doch in seiner mexikanischen Heimat gibt er die liberale und aufmüpfige Kulturzeitschrift Vuelta heraus. Eigentlich ist er ein Poet und Intellektueller mit Ecken und Kanten, jemand, der so recht in keine der üblichen Schablonen passen will, nicht links, nicht rechts. Aber die Mitte ist auch ein merkwürdiger Ort für solch einen Denker.

Jedenfalls sei er

Loading

Adenauer 2012 – quicklebendig

gefunden in Westerland, im Sommer 2012; Photo by W. Stock

Wie misst man die Bedeutung eines deutschen Bundeskanzlers? Wer von den acht bisherigen Amtsträgern hat das Zeug zur historischen Ikone? Wer war wirklich groß, im Geschichtsbuch der Deutschen?

Willy Brandt etwa, der mutige Architekt der Aussöhnung mit dem Osten? Helmut Kohl, der Vater Europas und der deutschen Einheit? Oder gar der Reformer Gerhard Schröder mit seinem Hartz IV?

Der Allergrößte scheint wohl ein anderer zu sein. Dr. Konrad Adenauer aus Rhöndorf. Der erste Kanzler nach den schlimmen, dunklen Jahren. Kanzler von 1949 bis 1963 in Bonn. Der alte Mann, der uns Freiheit, Frieden und Wohlstand brachte.

Warum gerade er die Nummer 1 ist? Um diese Frage zu beantworten, brauche ich keine Umfrage. Es reichen offene Augen. Wie bei einem Bummel durch Westerland. Ich biege um die Ecke, und, huch, da steht Konrad Adenauer. Riesig prangt er an der Aussenfassade einer Gaststätte, die ganze Strasse sieht ihn.

Konrad Adenauer in

Loading

Das Licht am goldenen Tore

New York, im Juni 2010; Photo by W. Stock

Wenn man mit dem Ozeandampfer in die USA einreist, so ist es das erste Monument, das einen empfängt. The Statue of Liberty. Die Freiheitsstatue. Ein wunderschönes Denkmal und wohl das prächtigste Symbol der Freiheit weltweit.

Das Monument aus Kupfer und Eisen war 1886 ein verspätetes Geschenk Frankreichs an die junge Nation USA zum hundertjährigen Unabhängigkeitstag. Die fast 50 Meter hohe Dame mit der Fackel der Freiheit in der gereckten Hand erinnert auch daran, dass liberté allen anderen Forderungen der bürgerlichen Revolution voran ging.

Freiheit – das wohl höchste Gut einer Gesellschaft. Ein Gut, das in Deutschland leider zu wenig Respekt findet. Wenn man einen Deutschen fragen würde, was ihm wichtiger sei, Wohlstand oder Freiheit, der typische Deutsche würde wohl antworten: Wohlstand. Die DDR beispielsweise ist nicht, wie manche Historiker glauben machen wollen, an zuwenig Freiheit zu Grunde gegangen, sondern an zu wenig Wohlstand.

Das obrigkeitsgläubige Deutschland hat bis heute nicht verinnerlicht, dass

Loading

Mike Meiré, von Beruf Träumer

MeireMai91

Köln, den 28. Mai 1991, Photo by Hasso von Bülow

Das beste deutsche Wirtschaftsmagazin? Nun ja, ohne anderen Kollegen weh zu tun, ich sage mal Brand Eins. Nicht zuletzt wegen der Optik. Und Kopf, Herz und Seele dieser Optik ist ein junger Mann aus Köln. Mike Meiré steht als Art Director hinter Brand Eins, ohne ihn ist der Erfolg des Magazins nicht denkbar.

Als Meiré und Meiré noch nicht die großen Stars der Design-Szene in Deutschland waren, sondern hoffnungsvolle Newcomer, saßen ein paar junge Burschen draußen im Westen von Köln.

Im fast schon ländlichen Stadtteil Königsdorf bei Frechen, umgeben von einem üppigen Forst. Wilde Ideen wurden hier Im Klosterhof ausgeheckt, in einem weitläufigen Anwesen, das im achten Jahrhundert von Benediktinern erbaut wurde.

Doch zog durch das alte Gemäuer solch frischer Geist, der schon damals großes erahnen ließ. Die Optik der frühen Jahre von Meiré und Meiré war reduziert und knallig zugleich, modern und doch irgendwie klassisch.

Eigentlich gibt es zwei Meirés. Da ist Marc, zuständig für das eher Trockene. Für die Zahlen, die Termine, das Verhandeln, die Kontakte, das Kaufmännische. Und da ist Mike, ein kreativer Tornado. Ein Wunderkind. Ziemlich jung, damals, Jahrgang 64, ziemlich nett. Von Beruf kein Designer, würde er sagen, von Beruf

Loading

Frank Sinatra singt More

Dieses More ist ein interessanter Song. Ursprünglich war er die Musik zu dem Film Mondo Cane, eine unsägliche Flickschusterei auf RTL 3 Niveau. Der italienische Regisseur und Produzent Gualtieri Jacopetti hat dieses Hundeleben im Jahr 1962 verfilmt, sonst bleibt kein Wort über dieses Machwerk zu verlieren.

Doch da war die Musik, komponiert von Nino Oliviero und Riz Ortalani. Ein ganz nettes Gesäusel, jedenfalls nichts, was einen vom Hocker reißt. Und dann gehen Frank Sinatra und natürlich auch Count Basie und seine Big Band im Juni 1964 in Los Angeles ins Aufnahme-Studio. Auf dem Reprise-Album It might as well be swing swingt er das mediokre Hundeleben bombastisch. Das ganze funktioniert nur, weil die wahnsinnigen Arrangements von Quincy Jones unterlegt sind.

It might as well be swing, eine Verballhornung von It might as well be spring ist die zweite Zusammenarbeit von Frank Sinatra und Count Basie. Es gilt Kennern als bestes Studio-Album Sinatras, weil hier drei, vier Weltklasse-Einspielungen drauf sind.

Und eben dieser Song More:

More than the greatest love the world has known,
This is the love I give to you alone,
More than the simple words I try to say,
I only live to love you more each day.

Basies Big Band schlägt einen tollen Takt, dazu die großmeisterlichen Arrangements eines Quincy Jones, die sich auch nach fast 50 Jahren noch jung und frisch anhören.

Sinatra & Basie vermögen, selbst

Loading

Jack Hemingway, Beruf Sohn

Auf der Frankfurter Buchmesse, es muss so um 1990 herum gewesen sein, zieht mich der Foreign Rights Manager von McGraw-Hill am Ende der Verhandlung zur Seite. Ob ich nicht Lust habe, so fragt er stolz, Jack Hemingway, den Sohn von Ernest Hemingway, kennen zu lernen. Was für eine Frage! Natürlich habe ich.

Jack Hemingway sieht so aus, wie Millionen anderer Amerikaner auch aussehen. Nicht sehr groß, aber auch nicht gerade klein, ein wenig korpulent, aber nicht dick, ein heiterer Blick. Ein Schnauzbart, schüttere Haarpracht. Sollte man Wochen nach dem Treffen ein Phantombild anfertigen müssen, es schiene ein Ding der Unmöglichkeit.

Nice to meet you, schaut mich Jack Hemingway offen an. It’s my pleasure, antworte ich. Do you like Frankfurt? Jack ist zur Buchmesse in die Mainmetropole gekommen, um sein Buch Misadventures of a Fly Fisherman: My life with and without Papa vorzustellen.

Ich verschlinge jede Zeile Ihres Vaters, sage ich. Danke, nickt er kurz, als gelte das Kompliment ihm selbst. Während wir im Gespräch bleiben, wächst in meinem Kopf die Ähnlichkeit des Sohns mit seinem Vater. Der Körperbau, der Gesichtsausdruck, die Bewegung, diese Präsenz.

Trotzdem spürt man irgendwie, dass Jack es

Loading

Der einfache Weg zum Wohlstand

Gottfried Heller, München, Der einfache Weg zum Wohlstand

Gottfried Heller, Der einfache Weg zum Wohlstand

Gottfried Heller hat ein neues Buch geschrieben. Der einfache Weg zum Wohlstand. Hui, das klingt zunächst frech und provokativ. Aber wenn solches ein älterer Herr ausspricht, der keinem mehr etwas beweisen muss, dann sollte man die Zeilen aufmerksam lesen.

Denn Heller These, in der Tradition Ludwig Erhards, stimmt. Es tut gut, wenn in diesen verzwickten und unübersichtlichen Zeiten jemand an die einfachen Regeln guten Wirtschaftens erinnert. Weniger ausgeben als einnehmen, zum Beispiel. Wenn man solch einfache Regeln befolgen würde, hätten wir in Europa keine Wirtschaftskrise.

Erst erwirtschaften, dann ausgeben. Nicht umgekehrt. Sich verschulden nur zum Investieren, nicht für den Konsum. Beim Kauf von Aktien nicht auf den kurzfristigen Ein- und Ausstieg schauen, sondern langfristig anlegen. Time statt Timing nennt Heller das. Auch so eine einfache Regel.

Sich nicht von Gefühlen leiten lassen, sondern rational auf Geschäftsmodell und Performance schauen. Mit ruhiger Hand anlegen, nicht die

Loading

Tapas in Vietnam?

Viettapas

gefunden in München, im Oktober 2012; Photo by W. Stock

Weil wir ja nicht ganz dumm sind und auch schon einiges von der Welt gesehen haben, müssen wir jetzt mal kurz unsere doch verwirrten Gedanken ordnen.

Tapas, wunderbar und lecker, die gibt es in Spanien. Kleine Appetithäppchen, zum Wein, Bier oder Sherry gereicht. Häppchen für den kleinen Hunger, die man in der Kneipe oder Bodega im Stehen isst.

Schinken, Gemüse, Kartoffeln, Fleischklößchen, Oliven, Nüsse – die Auswahl ist bunt. Und Tapas nennt man sie, weil man sie zum Schutz mit einem Deckel abdeckt. Tapar, Spanisch, zudecken.

Und in Vietnam? Gibt es auch dort Tapas? Nun ja, in Vietnam eigentlich

Loading

Joe, der brave Vize

Joe Biden in New York

New York, den 2. Juni 2010; Photo by W. Stock

Da sitze ich gemütlich in Gaby’s, dem vom Jugendstil inspirierten Restaurant des Sofitel, aus dem man die quirlige 45. Strasse wunderbar im Auge halten kann.

Als plötzlich Sirenen aufheulen, Sicherheitsleute auflaufen und Polizei die Strasse zwischen 5. und 6. Avenue absperrt. Draußen frage ich meinen Nachbarn, einen grauhaarigen älteren Herrn, was denn hier los sei. The Vice President, meint er kurz.

Im feinen Harvard Club, ein paar Schritte von Gaby’s entfernt, hält der Vize-Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika vor 125 Personen eine Lunch-Speech zu Gaza, zur Außenpolitik, zur amerikanischen Wirtschaft, zu den sich stabilisierenden Immobilienpreisen und verkündet, dass General Motors wieder Gewinn abwirft.

Bevor der Vize-Präsident dann

Loading

Seite 14 von 38

Präsentiert von WordPress & Theme erstellt von Anders Norén