Pfingstsonntag, am Abend, im merklich in die Jahre gekommenen Münchner Olympiastadion. Die Alt-Rocker aus New Jersey haben sich angesagt. Doch von den Zipperlein des Alters keine Spur.
Mehr als drei Stunden spielen die Musiker in einem Rutsch durch. Die alten Ohrwürmer, neue Lieder, rockige Stücke, langsame Balladen.
Raise Your Hands, damit fängt es direkt fetzig an, und die 67.000 Zuhörer werfen die Hände in Luft. Vom ersten Titel an hat die Gruppe das Publikum im Griff und der Spannungsbogen wird bis zum Schluß gehalten. Bei It’s my Life steht das Stadion Kopf und alle singen mit.
gefunden in München am Stachus, im Mai 2011; Photo by W. Stock
Das hört sich ja mächtig vornehm an, in einer Welt, wo selbst Kleines groß klingen sollte. WC-Center. Das spielt sprachlich doch in der Liga Congress Center.
Dabei steht das W jedoch für Water und das C für Closet. Ganz simpel und profan, Water Closet Center. Ich muss mal dringend ins WC-Center, wie man heutzutage so schön sagt.
So bahnen sich Anglizismus und Abkürzungs-Wahn ihren Weg zu höherem Blödsinn, wie auch bei dem Hausmeister, der zu einem Facility Manager wird.
Und bei solch einem Zeitgeist mutiert ein anrüchiges Scheißhaus halt zum aparten WC-Center.
Send in the Clowns ist eine hübsche Komposition aus dem Jahr 1973. Als Komponist zeichnet der Amerikaner Stephen Sondheim, der den Song für das Musical A little Night Music schrieb.
Der Song wurde schnell zu einem Standard im vokalen Jazz, weil er trotz einer einfachen Dramaturgie eine melodiöse Komplexität besitzt. Die facettenreiche Ballade ist nicht gerade einfach zu singen. Und deshalb schauen wir uns über die nächsten Wochen einmal einige Versionen an, um zu hören, wie unterschiedlich die Künstler mit diesem Lied zurecht kommen.
Den Anfang macht der Komponist himself mit einer liebenswürdigen Unterrichtsstunde an der Guildhall School of Music in London. Der gestrenge Komponist macht ein wenig oberlehrerhaft und doch höflich auf die lyrischen Feinheiten des Songs aufmerksam. Und überaus
Leo Messi, Barcelona im März 2011; Photo by R. Stock
Der Wahnsinn hat drei Buchstaben: Leo. So wird Lionel Andrés Messi, der argentinische Ballkünstler in Diensten des FC Barcelona, auch genannt. Weltfussballer 2009, Weltfussballer 2010. Und, wer zweifelt daran, Weltfussballer 2011. Die Superlative überschlagen sich.
Carles Rexach, selbst ein Großer bei Barça, hat diesen Kleinen entdeckt. Er kam aus Argentinien, weil der Vater als Fabrikarbeiter und die Mutter als Putzfrau nicht die teuren Medikamente gegen seine Wachstumsstörung bezahlen konnten. Den müsst ihr nehmen, sofort zu La Masia, ordnete Rexach an. La Masia ist das Jugend-Internat, aus dem so viele Stars des FC Barcelona kommen.
Seit 2004 spielt Messi für die erste Mannschaft des FC Barcelona. Er weiß, was
Neulich stolpere ich über ein Buch, besser gesagt, über die Autorin eines Buches. Endlich!. Ein Taschenbuch aus dem Rowohlt-Verlag, das sich an die bessere Hälfte dieser Welt richtet, an eine weibliche Leserschaft. Das muss ich als Mann wohl nicht unbedingt lesen. Die Autorin jedoch lässt mich aufhorchen. Ildikó von Kürthy.
Kürthy. Da war doch mal was. Ildikós Vater Tamás Kürthy lehrte als Professor an der RWTH Aachen. Er war einer der Prüfer meines Rigorosums. Tamás Kürthy, der Pädagogik-Professor in Aachen, galt als ein seriöser, ernsthafter Mann, hinter dessen gestrenger Fassade jedoch eine tiefe Menschlichkeit zu Tage trat.
Professor Kürthy, der einem alten Adelsgeschlecht aus Ungarn entstammte, war blind. Er kam jeden Tag mit seinem Schäferhund ins Kármán-Auditorium, in diesen neuen, nach dem deutschen Raumfahrt-Pionier
mit Paquito d’Rivera, im Juli 1983; Photo by Volker Wagner
Während einer Tournee durch Spanien setzt sich der kubanische Saxophonist Paquito d´Rivera im Jahr 1980 von seiner Band Irakere ab und flüchtet in die Vereinigten Staaten, wo er um politisches Asyl nachsucht. Seine Ehefrau und einen Sohn hat er auf Kuba zurücklassen müssen. In den USA fasst er schnell Fuß und arbeitet mit Dizzy Gillespie, McCoy Tyner und Randy Brecker zusammen.
Rasch steigt Paquito zum Saxstar des Plattenlabels CBS auf. Auf seiner zweiten Einspielung wischt er den Revoluzzern seiner Heimat kräftig eins aus. Provokativ nennt er die heiße Scheibe Mariel, das ist jener Fluchthafen an Kubas Westküste, über den Tausende Castro-Gegner in kleinen Booten die neunzig Meilen nach Key West zu türmen versuchen.
Die ersten Jahren in den Vereinigten Staaten dienen solcher musikalischer Vergangenheitsbewältigung. Auf den Platten Blowin und Mariel frönt er seiner Leidenschaft zu großen Gesten. Die dort eingespielten Kompositionen Song to my son oder New York is you offenbaren Paquitos Trauma, seine Geschichte der Welt erklären zu müssen.
Beim Päffgen. Eine Verabredung mit Frank Fischer, dem Gründer von ad.cologne im traditionsreichen Brauhaus an der Friesenstrasse zum Mittagessen.
Der Köbes bringt unaufgefordert ein frisch gezapftes Kölsch an den Tisch, so als würde es auf der ganzen weiten Welt kein anderes Getränk geben.
Als Köbes, den kölschen Jakob, bezeichnet man in der Domstadt einen Schankkellner mit seiner typischen blauen Schürze. Einem richtig guten Köbes ist ein ziemlich ruppiger und doch herzlicher Tonfall zu eigen. Widerspruch zwecklos.
Als Passagier des französischen Atlantikdampfers Orita trifft Ernest Hemingway im April 1928 zum ersten Mal in Havanna ein. Als Transitreisender ist er auf dem Weg von La Rochelle zu seinem Haus in Key West.
Es sind jene Jahre, als auf der Zuckerinsel der General Machado das Sagen hat. Der General ist in die Annalen der Geschichte nicht nur deshalb eingegangen, weil er von Zeit zu Zeit einige seiner Landsleute durchlöchern lässt, sondern weil er einmal die Jury des Gesellschaftstanzwettbewerbs im Teatro Nacional anweist, sie möge doch bitte Henry F. Guggenheim mit der Goldmedaille als besten Tänzer auszeichnen. Im Hauptberuf ist Henry F. Guggenheim Botschafter der USA in Kuba.
Doch dieser Tanz auf dem Vulkan interessiert Mister Hemingway damals nicht die Bohne. Ein Hinweis auf Kuba findet sich erst in einem Artikel für die Zeitschrift Esquire im Herbst 1933, in dem Hemingway in hohen Tönen vom Marlin-Angeln vor Kubas Küste schwärmt.
Das Havanna von damals war ein Hort des Lasters, ein Sündenbabel unter Palmen, in dem Korruption und Laster aller Art zur Folklore gehörten. Es wurde gesoffen, gehurt und geschoben, was das Zeug hielt. Das vorrevolutionäre Havanna war voll in der Hand der Mafia und die Halb- und Unterwelt hatte hier ihr sonniges Paradies gefunden.
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