Reisen & Begegnungen

Autor: Wolfgang Stock Seite 12 von 38

12 Minuten, 12 Sekunden

Photo by W. Stock

Wer in den letzten Wochen in einem deutschen Fußballstadion ein Spiel besuchte, der erlebte Erstaunliches und auch Erschreckendes. Dort, wo sonst vor dem Spiel und während des Matches die Fans brüllten und sangen, war es nun mucksmäuschenstill.

Denn die Fans hatten einen stillen Protest verabredet. Die ersten 12 Minuten und 12 Sekunden des Spiels war aus den Fankurven nichts zu hören – nur Stille und Schweigen.

Dann, nach genau 12 Minuten und 12 Sekunden, die letzten 10 Sekunden werden heruntergezählt, bricht das übliche Gebrüll und Getöse aus, die Fans beider Seiten feuern ihre Mannschaften lautstark an. Wer dieses Wechselbad von Ruhe und Radau miterlebt hat, der kennt nun den Unterschied zwischen Oper und Rockkonzert.

Ohne die lautstarke Unterstützung durch die Fans ist

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Verlage und die Illusion von Paid Content

thedailyEine Meldung ist in den letzten Tagen ein wenig untergegangen: Rupert Murdoch, der australische Medien-Tycoon macht seine Internet-Tageszeitung The Daily dicht. Am 15. Dezember ist Schluss.

Mit viel Aplomb war dieses Projekt Anfang 2011 gestartet, es sollte der Siegeszug der ersten rein digitalen Tageszeitung sein. Für die ganze Welt. Pustekuchen.

Murdochs Scheitern ist zweifach interessant. Zum einen zeigt sich, dass die Übertragung einer Printgewohnheit ins Online so einfach nicht funktioniert. Zum anderen, dass selbst der dickste Geldbeutel noch lange keinen Erfolg garantiert.

Das deckt sich auch mit der Erfahrung hierzulande. Wenn deutsche Verlage im Internet Geld verdienen, dann mit nicht-journalistischer Ware. Mit klarem Blick und Verstand bleibt festzuhalten:

1. Verlage wie Burda oder Springer machen

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Manuel Vázquez Montalbán seziert Barcelona

Photo by W. Stock

Manuel Vázquez Montalbán kannte ich schon, als er hierzulande noch ein unbeschriebenes Blatt war. Andreu Claret Serra, der an der Plaça de Sant Jaume schräg gegenüber dem Palau de la Generalitat als Korrespondent von La Calle die katalanische Politik beobachtete, hatte mich ihm vorgestellt.

Das war 1978, und es war eine Zeit, wo es in Spanien hoch herging. Den General von Gottes Gnaden hatte man glücklich unter die Erde gebracht, Champagner floss, la transición, der Übergang zur Freiheit, wurde besungen, bejubelt. Aufbruchstimmung.

Besonders ein Intellektueller legt sich für die knospende Demokratie mächtig ins Zeug. Einen kleinen, dicken schnauzbärtigen Herrn mit Glatze, Manuel Vázquez Montalbán, kann man in Barcelona jeden Tag von Redaktion zu Redaktion eilen sehen.

Bei Triunfo liefert er eine bissige Satire ab, dem Chefredakteur des El Periódico knallt er eine Fussballkolumne auf den Tisch und in Interviú gibt er Avantgardistisches zum besten. Manuel Vázquez Montalbán, der Peter Pan des Journalismus, heißt es. Ein Geist, ein Phantom. Gibt es den Mann überhaupt?

Nun, es

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Der Rhein lebt

Düsseldorf, Ende November 2012; Photo by W. Stock

Wie eine Schlagader schlängelt sich der Rhein durch Westdeutschland. Nun sind vorherige Generationen nicht gerade sorgsam mit ihm umgegangen. Ich kann mich noch an meine Kinderzeit erinnern, wo es amtlich verboten blieb, in dem Fluss zu baden, so verdreckt und verseucht kam er herunter mit den Chemikalien aus Rhein-Main.

Meist eine übelriechende Kloake, bestenfalls ein trüber Strom, nahm man sein Dasein zu selbstverständlich. Man schrieb die boomenden Adenauer-Jahre, die Schlote rauchten kräftig, aber sie stanken ebenso.

Doch in den letzten Jahren gilt es Wunderliches zu berichten. Man hat diesen Schatz namens Rhein wiederentdeckt. Entlang des Flusses sind in den Metropolen neue blühende Stadtviertel entstanden. Dort, wo früher verfallende Industriebaracken und schäbige Gütersilos standen, wurden nun moderne Bürohäuser und attraktive Wohnkomplexe hochgezogen.

Architekten durften sich austoben. In Düsseldorf Frank Gehry mit seinem

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Mexikos Baumwollpflücker

TravenBaumwollpflückerMexiko, in den 20er Jahre, gilt als das Land des großen Umbruchs. Die Bauernrevolte des Emiliano Zapata und des Pancho Villa hat nach blutigen Bürgerkriegsjahren gesiegt. Zusammen mit liberalen Bürgern gelingt es den Revolutionären, das korrupte System des Despoten Porfirio Diaz wegzufegen.

Es herrscht eine Aufbruchstimmung ähnlich jener der russischen Revolution – nur mit sehr viel mehr Sonnenschein. Das Land zieht Schwärmer an, Abenteurer und Idealisten, aber auch Flüchtlinge aus der ganzen Welt.

In Mexiko treffen sich Verfolgte des Stalin-Regimes, später die Opfer der Hitler-Diktatur, aber auch kritische Intellektuelle aus den USA und Europa. Ein Land, wie geschaffen für einen Menschen wie B. Traven.

Denn das Leben dieses B. Traven bleibt nach wie vor im

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Gigi Hemingway, der verlorene Sohn

GregoryHemingwayGregory ist der jüngste der drei Hemingway-Söhne. Der Sohn aus der Ehe mit Pauline Pfeiffer, seiner zweiten Frau. Gregory, den die Familie Gig oder Gigi gerufen hat.

Und Gregory ist derjenige, der versucht hat, sich so ganz von dem Macho-Gehabe seines berühmten Vaters abzusetzen. Zunächst wird er Arzt, verliert irgendwann seine Approbation, hat sich später geschlechtsumwandeln lassen und nennt sich ab da Gloria.

Im September 2001 haben ihn zwei Polizeibeamte in Key Biscayne wegen Erregung öffentlichen Ärgernisses verhaftet. Weil er betrunken, mit Stöckelschuhen in der Hand und offenem Hemd bekleidet, nackt durch die Stadt läuft. Drei Tage später ist Gloria, 69-jährig, im Frauengefängnis von Miami an Herzversagen gestorben. Zelle 3-C2.

Erst da kommt heraus, wer Gloria eigentlich ist. Der Sohn vom berühmten Hemingway. Als mein Vater starb, so hat Gregory einmal gesagt, da hat mich ein Gefühl der Erleichterung befallen. Vorbei die Zeit, da er sich über mich ärgern musste und vorbei die Zeit, da ich ihn enttäuschen konnte.

Allein dieser Name. Gig, Gigi. Die Koseform für Luigi. Ein schillernder Name, jedenfalls kein Name für

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Seele baumeln lassen beim Storchen

Burg im Spreewald, im November 2012; Photo by W. Stock

Von einer Entdeckung gilt es zu berichten, von einem Kleinod, das man in diesen Gefilden nicht unbedingt vermutet hätte. Das Prachtstück liegt geographisch etwas abseits, man muss aus dem grauen Berlin schon eineinhalb Stunden gen Süden fahren.

Doch wenn – oder falls – der neue Airport Berlin-Brandenburg („Niemand hat die Absicht einen Flughafen zu bauen…“) seine Entrauchungsanlage ans Laufen bekommt, dann ist man in 45 Minuten hier. Hier, außerhalb von Burg, inmitten all des mediokren Gastgewerbes im Spreewald findet sich das Resort Zur Bleiche. Im Zeichen des Storches haben Michael und Christine Clausing über die Jahre hinweg ein unprätentiöses Juwel erschaffen.

Man kommt über eine lange verwinkelte Allee hin zu diesem Gutshof, dessen Großzügigkeit den Gast mit all seinen Sinnen

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Der dämliche Komparativ

unabhängiger1Der Komparativ, wir haben es in der Schule gelernt, ist eine prima Erfindung. Mittels ihn steigern wir Adjektive und Adverbien. Schön, schöner, am schönsten – möchte man da rufen.

Oder gut, besser, am besten. Das lateinische comparare meint in diesen Breiten vergleichen, und so setzt der Komparativ A zu B ins Verhältnis.

Nun gibt es allerdings Adjektive, die sich nicht so recht für die Steigerungsform eignen. Schwanger, beispielsweise. Schwanger, schwangerer, am schwangersten. Das macht recht wenig Sinn. Absolutadjektive nennt der Germanist solche Begriffe, die sich der Steigerungsform entziehen: tot, einmalig, einzigartig.

Die SPD ging in meiner Jugend einmal mit dem hübschen Slogan Wir machen den Frieden sicherer in den Wahlkampf. Auch dies scheint sprachlich nicht der Weisheit letzter Schluss. Denn entweder ist der Frieden sicher, dann müsste es auch langen, oder er ist unsicher. Fehlte nur, dass die CDU mit dem Slogan Wir machen den Frieden am sichersten gekontert hätte.

So ist das halt, wenn einem nichts einfällt oder wenn man

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Ein Toter singt am Broadway

New York, im Juni 2010; Photo by W. Stock

Über alles und über nichts werden rund um den Times Square heitere Musicals angeboten. Über Opern-Phantome, über flapsige Kindermädchen, über den Südpazifik oder über Weihnachtsmänner.

Und jetzt hat endlich, endlich der berühmteste Sänger der Stadt, der beste Crooner aller Zeiten, die Stimme des romantischen Jazz seine eigene Show. Frank Sinatra, the boy from Hoboken, singt nun jeden Abend am Broadway.

Nun kommt auch Frank Sinatra an den Broadway. Eine große Show, Tanzeinlagen, eine Liebesstory. Seit März 2010 läuft das Musical Come fly away im Marquis Theatre und für zwei Stunden lebt die Musik von Ol’ Blue Eyes wieder auf.

Eine 19-köpfige Big Band swingt und Frank Sinatra singt seine großen Hits wie Fly me to the moon oder My way. Die Vocals singt er, ja Frank Sinatra, natürlich nicht live, denn er lebt ja schon lange nicht mehr. Die Stimme des Meisters kommt vom

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Axel Springer, Ecke Rudi Dutschke

Dutschke-Strasse

Photo by W. Stock

Dicke Freunde waren sie nicht, die Studentenbewegung von 1968 und die Zeitungen des Axel-Springer-Verlages. In jenen turbulenten Tagen des Protestes lief die Front quer durch Berlin.

Auf Studentenseite mit ihrer Leitfigur Rudi Dutschke lautete die Parole Enteignet Springer!. Und auf Seiten des konservativen Verlagshauses schlug so manche Schlagzeile kräftig gegen die aufmüpfigen jungen Leute.

Ein wenig pikant scheint, dass sich seit einiger Zeit die Zentrale des Axel-Springer-Verlages in Berlin nun an der Rudi-Dutschke-Strasse befindet. Denn im April 2008 wurde ein Teil der Kreuzberger Kochstrasse in Rudi-Dutschke-Strasse umbenannt.

Und eben diese Rudi-Dutschke-Strasse läuft direkt an dem Hochhaus vorbei, in dem BILD und andere Springer-Zeitungen ihre Redaktionsbüros haben. Doch bleibt der Haupteingang des Springer-Verlages in der Axel-Springer-Strasse, so dass zumindest die Postadresse gewahrt bleibt.

Der Treppenwitz der Geschichte jedoch will, dass

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