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Reisen & Begegnungen

Ein Deutscher schreibt Mexiko

In Mexiko stosse ich auf einen deutschen Schriftsteller. Als ich in den Buchladen bei mir um die Ecke gehe, fällt dieser Schriftsteller direkt ins Auge. B. Traven. Auch wenn in der Buchhandlung nicht allzu viele Bücher vorhanden sind, so ist doch dieser B. Traven sichtbar, und das mit gleich mehreren Werken.

Ich habe mir dann El Tesoro de Sierra Madre gekauft und nachdem ich diesen Der Schatz der Sierra Madre gelesen habe, ahne ich, warum die Verehrung für diesen deutschen Autor in Mexiko so gewaltig ist.

Traven pflegt einen klaren, unprätentiösen Stil, ganz ohne Schnörkel. Inhaltlich stellt sich Traven in seinen Werken auf die Seite des einfachen Menschen und er hegt eine fast mystische Verehrung für die Ureinwohner Mexikos und ihre Nachfahren. Travens Helden sind stets die Unterlegenen, die Benachteiligten, sie sind Ausgestoßene und Außenseiter eines brutalen, ausbeuterischen Systems.

Dobbs hatte nichts. Man darf ruhig sagen, er hatte weniger als nichts, weil er nicht einmal ganze und vollständige Kleidung hatte, die unter beschränkten Verhältnissen als ein bescheidenes Anfangskapital angesehen werden darf.

Dieser Fred C. Dobbs aus Der Schatz der Sierra Madre, einem spannenden Roman, den B. Traven 1927 schrieb, ist so

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Sarah Vaughan singt „Send in the Clowns“

Manchmal fliegt der Jazz wie ein Hammer durch die Luft. Solches geschieht bei den Liedern der Sängerin Sarah Vaughan.

Meine Meinung ist bekannt. Von all den großen Jazz-Sängerinnen – Billie Holiday, Ella Fitzgerald, Dinah Washington, Carmen McRae – halte ich diese Sarah Vaughan für die beste. Ich habe sie einige Male live erleben dürfen und immer empfand ich diese Stunde als hohen Feiertag für alle Sinne.

Sarah Vaughans Stimme zeigte sich technisch perfekt: wandelbar, flexibel im Rhythmus, notengenaust in der Intonation. Eine Stimme, mehr wie ein Melodieinstrument, mit starken Momenten, wenn sie die Improvisationslinien rauf und runter gleitete. Und trotz all dieser technischen Rigorosität bewahrte sie eine nonchalante Lockerheit und den scherzhaften Dialog mit den Zuhörern.

Sarah Vaughans Version von Send in the Clowns hat so ziemlich alles, was eine gute Interpretation braucht: Gefühl, Tiefe, Seele. Die Frau konnte singen wie keine zweite, sie vermochte Tonhöhen von Note auf Note traumwandlerisch zu wechseln. Sarah besaß eigentlich eine Altstimme, die

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David Ogilvy ist der Aristokrat der Werbung

Irgendwann, wohl Frühjahr 1992, klingelt mein Telefon im ECON-Lektorat. Die sonore Stimme am Telefon kommt gleich zur Sache. Doctor Stock, this is David Ogilvy. Ich bin überrascht. Der große Ogilvy am anderen Ende der Leitung. David Ogilvy ruft aus Frankreich an, wo er im Westen nahe Tours ein Chateau in Touffou besitzt und wohin er sich als Ruheständler zurück gezogen hatte.

Zunächst bekomme ich einen Korb von ihm. Überaus freundlich, dass Sie mich eingeladen haben zu Ihrem Event in Düsseldorf. Aber ich vermag nicht zu kommen. Ich bin zu alt. Ich wollte ihn zu einem Vortrag nach Düsseldorf bringen, diesen Mann vor Managern und Werbern gebührend hochleben lassen.

Er danke für die Neuauflage seines Buches in der Reihe ECON Classics. Ob so ein alter Knochen denn den Jungen noch etwas zu sagen habe, fragt er verschmitzt. Ganz sicher, antworte ich, gute Ideen altern nicht.

David Ogilvy ist der Vater aller Werbetexter. Jahrgang 1911. Im englischen Surrey geboren. Eigentlich ist Ogilvy der Vater der

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Ernest Hemingway küsst die kubanische Fahne

Kuba, im April 1983; Photo by W. Stock

Anfang November 1959, Fidel Castro, Che Guevara und die anderen Bärtigen sind ein knappes Jahr an der Macht, da kommt Ernest Hemingway aus Europa zurück in seine Wahlheimat Kuba. Bei seiner Ankunft auf Havannas Rancho-Boyeros-Flughafen am 3. November spricht ihn der argentinische Journalist Rodolfo Walsh auf die Horrorgeschichten aus den US-Zeitungen über die Revolution an.

Ärgerlich macht sich der vollbärtige Autor Luft: Schon meine Frau hat gesagt, sie glaubt nicht, was die amerikanischen Zeitungen da schreiben. Ich bin sehr glücklich, wieder hier zu sein, weil ich als Kubaner fühle. Ich will nicht, dass ihr in mir einen Yankee seht. Sprach’s, schreitet zu einer kubanischen Flagge und küsst sie.

Daraufhin schlagzeilt am 5. November Havannas Tageszeitung El Mundo stolz: Von seiner Europareise zurück – Hemingway unterstützt die Revolution. Ein

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Oktober beim Käfer

München, den 28. September 2011; Photo by W. Stock

Oktoberfest in München. Die Wiesn, wie es in bei den Einheimischen heißt. Oder: Der Himmel der Münchner. Meine Freunde in Südamerika sagen La fiesta de la cerveza. Das Fest des Bieres. Was die Sachlage ziemlich genau trifft.

Denn von Mitte September bis Anfang Oktober huldigen sieben Millionen Menschen selig dem lustig machenden Gerstensaft. Die Frauen ziehen ihr Dirndl an, der Mann seine Lederhose, man macht sich auf hinaus zur Theresienwiese, man schlendert, man trinkt eine Maß, dann noch eine, vielleicht eine dritte, aber irgendwie scheinen die allermeisten die Grenze zu kennen und zu respektieren. Auffallend bleibt, wie gesittet und wohl organisiert der Zuspruch zu den Prozenten seine geordnete Bahn findet.

Doch das Oktoberfest ist nicht nur Feiern bis zum Abwinken, sondern hat sich zunehmend auch als

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Freiherr von Bethmann schreibt kein Buch

mit Johann Philipp von Bethmann, Frankfurt am Main, den 13. März 1991; Photo by Hasso von Bülow

Der Name von Bethmann besitzt in Frankfurt einen guten Klang. Die von Bethmanns sind eine alte Bankiersdynastie, deren berufliche Wurzeln sich bis ins 17. Jahrhundert verfolgen lassen. Und ein Nachkomme der Familie – Johann Philipp von Bethmann – war bei ECON einst mein Autor.

Am Anfang unseres Buches stand eine Idee und am Ende ein netter Brief. Es war der Dank des Autors an seinen Lektor. Der Tenor des Schreibens lautete in etwa: Ich danke Ihnen für die viele Arbeit, die Sie in mein Buch gesteckt haben.

Nun, das mit der vielen Arbeit war diesmal keine höfliche Floskel, sondern die nackte Wahrheit. Bei Lichte betrachtet hatte ich das Buch fast vollständig alleine geschrieben und mir das eine oder andere Wochenende um die Ohren gehauen.

Johann Philipp von Bethmann war einer der bekanntesten Privatbanker Deutschlands. Seine Frankfurter Bank, die er schon

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Im Land des Lasters

Schneefall in den TropenAuszug aus Wolfgang Stock Schneefall in den Tropen:

Es sind nicht die vielen Dollars, die man da lassen muss, welche diesem Platz seine Magie verleihen. Es ist wohl eher umgekehrt: Weil der Platz eine solche Magie besitzt, muss man ihn sich teuer erkaufen. Nein, Geld macht irgendwie nicht den Kitzel dieses Ortes aus.

Wenn man jedoch ein paar Dollar sein eigen nennen kann, dann lässt es sich gut leben in Brasilien. Und viele kamen und kommen. Ende der 30er Jahre des letzten Jahrhunderts war dieses Rio de Janeiro einer der Fluchthäfen für europäische Juden und andere Verfolgte.

Der prominenteste von ihnen war der Wiener Schriftsteller Stefan Zweig. Er mochte Brasilien und verzweifelte doch: 1942 nahm er sich in Petrópolis, in der Nähe Rios, das Leben.

Brasilien ist ein Land, in dem von vier Bewohnern drei katholischen Glaubens sind. Der Erlöser-Christus auf dem Buckelberg kontrastiert jedoch mit jenem Christus, den die Portugiesen nach Brasilien brachten. Der Christus der Kolonisten war ein

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Wie Benny Goodman die schwarze Musik swingt

Benny Goodman in Den Haag, im Juli 1982; Photo by Volker Wagner

Louis Armstrong, Fats Waller, Artie Shaw, Duke Ellington, und viele andere mehr. Diese Großväter-Generation hat nicht nur den Jazz geprägt, sondern ihn gleichzeitig zu nie gekannter Blüte geführt. Man darf sich als Glückskind fühlen, wenn es einem vergönnt war, einen dieser Titanen des Jazz live erlebt zu haben.

So bleibt der Swing lange im Kopf, wahrscheinlich für ewig, wenn man beispielsweise solch eine historische Grösse wie Benny Goodman hören und sehen darf. Dieser Benny Goodman ist ein ganz formidabler Klarinettist alter Schule. Ein Weltstar, der den Swing in die Wohnzimmer der ganzen Welt gebracht und den Jazz hoffähig gemacht hat. Insofern verkörpert Goodman das Gutbürgerliche im Jazz, das Sittsame, wohl auch das weiß-weichgespülte einer eigentlich schwarzen Musik.

Dieser ältere Herr im cremefarbenen Sakko, der da

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Die Chicago Boys – der Professor und der Diktator

Im Jahr 1992 hatte ich bei ECON die Freude und Ehre, ein Buch von Milton Friedman zu verlegen. Geld regiert die Welt.

Reden wir über die Chicago Boys. Weil sie an der University of Chicago bei den Professoren Milton Friedman und Arnold Harberger Volkswirtschaftslehre  studiert hatten, nannte man sie kurzerhand so. Besonders Professor Harberger, der mit einer Chilenin verheiratet war, prägte die Chicago Boys.

Als 1974 nun diese Chicago Boys, die jungen Volkswirte in Santiago de Chile, die Wirtschaft ihres Heimatlandes umzukrempeln begannen, war dies für viele westliche Intellektuelle ein Sündenfall.

Denn die ökonomische Rosskur der Wirtschafts- und Finanzminister Minister Sergio de Castro, Hernán Buechi, Rolf Lüders und Ernesto Fontaine fand mit dem Segen des Diktators Augusto Pinochet Ugarte statt. General Pinochet war, da gibt es keine zwei Meinungen, einer der ganz abscheulichen und widerwärtigen Diktatoren in der Geschichte Südamerikas. An Pinochets Händen klebte viel Blut.

Ab und an wird nun argumentiert, der Neoliberalismus werde durch autoritäre Strukturen begünstigt. Oder schlimmer: Diktatur und Neoliberalismus seien eigentlich zwei Seiten ein und derselben Medaille.

Jemand, der so redet, das ist

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Gold suchen in Peru

Madre de Dios, im Januar 1986; Photo by Norbert Böer

Laberinto/Peru, im Januar 1986

Madre de Dios. Die Mutter Gottes. In Anbetracht eines solchen Namens wäre es pietätlos anzumerken, wir befänden uns am Arsch der Welt. Bleiben wir wohlerzogen. Peruanisches Andentiefland, beginnender Amazonasurwald. Keine Menschenseele weit und breit. Also doch, Arsch der Welt.

Von Madre de Dios, der Provinzhauptstadt, geht es nach Laberinto, ein lausiges Fleckchen aus Schlamm und Morast, wo es keine richtigen Strassen und auch keine Häuser gibt und wo man uns an die Gurgel will, nur weil in unserem Ausweis als Berufsbezeichnung Journalist steht.

Von Laberinto geht es eine Bootsstunde den Fluss hinauf, dann noch einem halbstündigen Fussmarsch durch Dschungeldickicht, bis  wir das Lager der Schürfer erreichen. „Da, da hinten im Berg, da ist es drin“, meint Justo Sotelo, ein Veteran unter den Goldsuchern.

Es gebe zwei Möglichkeiten: Entweder

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